Abschiedsworte an das Auto
In der Mobilität der Zukunft wird das herkömmliche Auto ausgedient haben. Die Schweizer Mobilitätsarena in Bern gab ihm das letzte Geleit und setzte sich mit seiner Hinterlassenschaft auseinander.
Schon klar: Mit einem geschärften Klimabewusstsein ist es schlichtweg nicht vereinbar, weiterhin mit der Verbrennung endlicher Ressourcen unsere natürliche Umwelt zu schädigen und den Treibhauseffekt voranzutreiben. Deshalb müssen zukunftsfähige Lösungen her. Beispielsweise solche, wie sie am grössten Mobilitätskongress der Schweiz präsentiert wurden. Wie praktikabel und widerspruchsfrei sind die proklamierten Ansätze aber tatsächlich?
Zukunftsträchtige Mobilitätsformen unter der Lupe
Eines der Schwerpunktthemen der Veranstaltung war die Elektromobilität in verschiedenen Ausprägungen. Eine Entwicklung, die sich im alltäglichen Individualverkehr zunehmend ausbreitet, den Nachweis der Praktikabilität damit längst erbringt und den Verbrauch von fossilen Brennstoffen vermindern kann. Im Prinzip eine gute und für den Fahrzeughalter mitunter auch wirtschaftlich interessante Sache, zumal Mineralölsteuer, oftmals sogar Ladekosten und daneben die leistungsabhängigen Abgaben für den Schwerverkehr (LSVA) entfallen.
Allerdings belastet die Herstellung und Entsorgung von Batterien die Umwelt – meist in Gebieten der Erde weit weg von der Primärnutzniessung. Auch bietet die Elektromobilität per se keine flächeneffizienten Lösungen: Ob nun ein herkömmliches Auto oder ein Elektroauto mit Einzelbesetzung im Stau steht, spielt keine Rolle. Vielmehr schafft die Elektromobilität mit der erwähnten Abgabenbefreiung neue Probleme bezüglich der Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturen.
Anders die kollaborative und multimodale Mobilität: Mit Sharing Economy, On-Demand-Angeboten und intermodalen Wegketten sollen der Massentransport neu definiert und damit Fahrzeuge und Infrastrukturen besser genutzt werden. Bereits etablierte Plattformen machen es vor: Laut eigenen Angaben vermag Mobility mit einem Fahrzeug zehn Privatfahrzeuge zu ersetzen.
Jedoch bergen auch diese Mobilitätsformen Konflikte in sich: Überangebot mit umstrittenen Auswirkungen, Bedarf für zusätzliche oder angepasste Infrastrukturen und eine Verlagerung der Verkehrsprobleme in die Peripherie.
Bleiben noch die automatisierte Mobilität und die Erweiterung des Verkehrs in die Vertikale. Die Automatisierung könnte gewiss eine Vielzahl der aktuellen verkehrlichen Probleme mit künstlicher Intelligenz und einer optimierten Nutzung der bestehenden Kapazitäten lösen. Genauso könnte ein Einsatz von Transportdrohnen oder bemannten Elektroluftfahrzeugen die überlasteten Verkehrswege entflechten.
Aber trotz breiter Unterstützung sind Experten zurückhaltend mit Erfolgsprognosen: Bezüglich der Automatisierung geben ihnen die langen Übergangsfristen im Mischverkehr (herkömmliche neben automatisierten Fahrzeugen; vgl. Kasten unten) sowie die Auswirkungen auf die Raumplanung zu denken, und für den Einsatz neuer Luftfahrzeuge fehlen bisher entsprechende Regularien und Infrastrukturen.
Wie weiter?
Vor diesem Hintergrund reicht es wohl nicht aus, benzin- oder dieselbetriebene Fahrzeuge mit klimapolitischen Argumenten einfach für tot zu erklären. Vielmehr gilt es, erreichbare Ziele für eine nachhaltige Mobilität zu formulieren, die vielfältigen technischen Errungenschaften in eine multimodal praktikable Form zu bringen und die Zukunft der Mobilität mit sowohl verkehrs- wie auch raumplanerischen Massnahmen angemessen einzuleiten. Die Mobilitätsarena lieferte dazu erste Ideen und vage Lösungsansätze. Letztlich werden die vielfältigen Herausforderungen aber nur bewältigt werden können, indem jedem Einzelnen vernünftige Anreize für ein Umdenken hin zur nachhaltigen Mobilität geboten werden und eine überregionale Zusammenarbeit stattfindet.
Die Stufen des automatisierten Fahrens
Das Bundesamt für Strassen unterscheidet zwischen sechs Stufen des automatisierten Fahrens. Auf der niedrigsten Stufe 0 führt der Lenker das Fahrzeug in allen Belangen selbst. Auf der höchsten Stufe 5 ist während der ganzen Fahrt kein Lenken mehr notwendig – das System übernimmt alle Fahraufgaben selbstständig. Die Stufen 1 (assistiertes Fahren) und 2 (teilautomatisiertes Fahren) haben mittlerweile Serienreife erreicht und können im bestehenden gesetzlichen Rahmen genutzt werden. Höhere Automatisierungsstufen befinden sich erst vereinzelt in Serienproduktion und erlauben derzeit noch keine legale Anwendung.
Weitere Informationen unter www.astra.admin.ch