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Wettbewerb nationales Schwimmsportzentrum Tenero

Das Jugendsportzentrum in Tenero rüstet auf. Die Erweiterung umfasst nicht nur den Ausbau zum nationalen Schwimmsportzentrum, sondern auch neue Unterkünfte und eine weitere Sporthalle.

Publikationsdatum
18-05-2017
Revision
22-05-2017

Was mit einem einfachen Sommerlager für Turner 1963 begann, ist heute eine Einrichtung des Bundesamtes für Sport (BASPO) zur Förderung des Jugendsports. Das Jugendsportzentrum in Tenero verfügt über eine hervorragende Infrastruktur für über 50 Sportarten und für die Durchführung von Sportlagern und Ausbildungskursen. Es liegt in der Magadinoebene am Langensee. Die Grünfläche ist durch Baumalleen gegliedert, welche die Sportfelder als rechtwinkliges Ordnungssystem analog zu den umgebenden Landwirtschaftsflächen erschliessen.

Drei Teilprojekte

Um das Jugendsportzentrum in Tenero zu erweitern, hat das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) einen einstufigen Projektwettbewerb im offenen Verfahren ausgeschrieben. Teilnahmeberechtigt waren Teams aus Architektur, Statik, Haustechnik und Landschaftsarchitektur. Die Aufgabe gliedert sich in drei Teilprojekte. In einer ersten Etappe soll das nationale Schwimmsportzentrum erstellt werden, danach neue Unterkünfte für Sportler und ein Ersatzneubau für die Sporthalle Naviglio.

Die Rahmenbedingungen waren sehr restriktiv. Für die verschiedenen Nutzungen wurde ein Baufeld im nordwestlichen Teil des Areals in unmittelbarer Nähe des Naturschutzgebietes Bolla del Naviglio und dem angrenzenden Wohngebiet ausgeschrieben. Die Sporthalle konnte auch ausserhalb des Baufelds im nördlichen Teil des Perimeters angeordnet werden. Eine weitere Knacknuss war der Wunsch des Betreibers, das Gebäude des Schwimmsportzentrums während der warmen Jahreszeit öffnen zu können. Gesucht war also eine Gebäudehülle, welche sowohl im Sommer wie auch im Winter ein optimales Klima bietet und mit möglichst geringem Rohstoff- und Energieverbrauch für Erstellung, Betrieb und Rückbau auskommt. Der Schwimmbetrieb soll zudem in jeder Bauphase durchgehend gewährleistet sein.

Leicht

Der Beitrag «Rimini» wurde von der Jury einstimmig zur Weiterbearbeitung empfohlen. Die neuen Gebäude sind im vorgegebenen Baufeld wie selbstverständlich angeordnet. Die neue Sporthalle ersetzt die Sporthalle Naviglio, die Unterkünfte liegen im Norden in direkter Nachbarschaft zum Wohngebiet, und das Schwimmsportzentrum befindet sich neben dem Naturschutzgebiet.

Den Auftakt für das erweiterte Schwimmsportzentrum bildet das offene Olympiabecken, gefolgt von den gedeckten Becken. Ein auf vier Pfeilern ruhendes Stahlfachwerk überspannt die Becken und trägt das Dach. Das schwebende Tragwerk wird zum sichtbaren Zeichen. Die seitlichen Verglasungen sind als Falttore ausgebildet, die sich öffnen lassen. Der verglaste Leichtbau nimmt Bezug zur Typologie der Gewächshäuser der Magadinoebene. Das schlanke Gebäude mit den längs zur Baumallee angeordneten Becken setzt sich vom Naturschutzgebiet ab und generiert einen wertvollen Aussenraum.

Die Jury würdigt die solide Setzung der Neubauten und die gute betriebliche Organisation. Auch hinsichtlich der Investitions-, Betriebsund Unterhaltskosten überzeugt das Projekt. Das Schwimmsportzentrum verspricht mit dem filigranen Tragwerk eine leichte transparente Architektur, die sowohl dem Ort wie auch der Nutzung gerecht wird. Die Konzentration der Nutzung innerhalb des Baufelds führt aber zu einer unerwünschten baulichen Verdichtung bei den Wohnbauten und zu Einschränkungen im Betrieb während der Bauphase.

Schwer

Der zweite Preis ging an den Entwurf «Campus». Dieser ordnet die Sporthalle ausserhalb des Baufelds an und entlastet damit den sensiblen Bereich beim Naturschutzgebiet. Die Halle definiert den zusammenhängenden Freiraum des Jugendsportzentrums gegen Norden und markiert mit den beiden anderen Sporthallen den Abschluss zur Autobahn. Die Unterkünfte umfassen einen baumbestandenen Hof.

Das Schwimmsportzentrum ist als Monolith aus Sichtbeton konzipiert. Die raumhaltigen Fassaden sind skulptural geformt. Sie nehmen den Aufstieg zum Sprungturm auf, so dass nur die verschiedenen Sprungplattformen aus der inneren Fassade herausragen. Die Dächer über den Wasserbecken sind transluzent und aufschiebbar. Alle Ausblicke zum Himmel und zur Landschaft sind präzise aus dem Beton geschnitten.

Mit der massiven Konstruktion aus Beton erinnert der Entwurf an die Felsen bei Ponte Brolla, wo sich jedes Jahr die besten Klippenspringer Europas messen. Die vor allem von oben belichteten, kargen Innenräume haben eine fast sakrale Wirkung. Das Konzept ist in sich schlüssig entwickelt und generiert Bilder von hoher Suggestivkraft. Der monumentale Auftritt als Kathedrale des Wassersports überhöht die Bedeutung des Gebäudes und wirkt leicht exaltiert.

Funktional

Das drittrangierte Projekt «E la nave va» überzeugt durch die klare Setzung der Volumen. Schwimmsportzentrum und Unterkünfte besetzen den Süden und Norden des Baufelds. Die Sporthalle liegt ausserhalb, im Norden des Wettbewerbsperimeters. Das Schwimmsportzentrum ist eingezwängt zwischen dem Naturschutzgebiet und der Kreuzung der Baumalleen. Leicht abgehoben steht es auf einem brüstungshohen Sockel. Das enge Stützenraster in Sichtbeton korrespondiert mit der Kassettendecke über dem Schwimmbecken. Über dem Sprungbecken ist die Decke als Pyramidenstumpf ausgebildet, der von oben belichtet ist. Fassaden und Dachflächenfenster lassen sich öffnen. Die insgesamt gute Disposition der Gebäude, die Funktionalität und die betrieblichen Abläufe des Projekts überzeugen. Nicht aber die Positionierung und die aufwendige Etappierung. Die Qualitäten des Beitrags liegen in der klaren Formensprache und dem durchdeklinierten Tragwerk.

Eloquent und einprägsam

Trotz restriktiver Rahmenbedingungen zeigten die 50 eingereichten Beiträge eine erstaunliche Lösungsvielfalt auf. Die Jury konnte neben der Evaluation des besten Schwimmsportzentrums auch Erkenntnisse für die künftige Entwicklung des Areals gewinnen. Die Anordnung der Sporthalle im Norden des Wettbewerbsperimeters hat sich als valable Option erwiesen, die geprüft werden soll.

Beim Schwimmsportzentrum gab es grosse Unterschiede bei den Volumen, von einzelnen Kuben bis zu in der Höhe wenig differenzierten Gebäuden. Auch die Lage der Becken auf dem Terrain hat zu unterschiedlichen Lösungen geführt. Höhergelegte Becken vermindern der Eingriff in die Grundwasserströme, bauen aber dafür Barrieren zum Naturschutzgebiet. Tiefergelegte Becken greifen stärker ins Grundwasser ein, bieten aber mehr Transparenz und Durchlässigkeit.

Mit dem zur Weiterbearbeitung empfohlenen Beitrag hat die Jury einen Lösungsansatz ausgewählt, der die Neubauten selbstverständlich in den Bestand einfügt. Das Projekt überzeugt sowohl mit innen- wie auch aussenräumlichen Qualitäten. Der Auftritt ist eloquent und setzt mit Leichtigkeit und Eleganz ein einprägsames Zeichen.

Weitere Informationen zu diesem Projektwettbewerb finden Sie bei Archi unter der Rubrik Wettbewerbe.

Auszeichnungen
 

1. Rang/1. Preis «Rimini»:
ARGE Studio Burkhardt und Stücheli Pestalozzi Schiratzki Architekten, Zürich;
Haller Ingenieure AG, Zug;
Gruenberg + Partner, Zürich;
Maja Leonelli Landscape Architecture, Zürich

2. Rang/2. Preis «Campus»:
Nicolò Privileggio, Mailand;
Mario Gallinaro, Padua;
Engineering, Villorba, Maria De Castro F. S. Teles, Lissabon

3. Rang/3. Preis «E la nave va»:
Studio d’architettura Lukas Meyer e Ira Piattini, Lamone;
Ruprecht Ingegneria, Pazzallo;
Erisel, Bellinzona;
Officina del Paesaggio, Lugano

4. Rang/4. Preis «Orangeries»:
ARGE Cristiana Lopes Da Costa e Silva e Filippo Bolognese, Como;
Borlini & Zanini, Pambio Noranco;
Visani Rusconi Talleri, Gordola;
Solcà, Mendrisio;
Atelier de Molfetta Strode, Lugano

5. Rang/5. Preis «Float»:
ahaa Andreas Heierle Atelier für Architektur, Luzern;
BlessHess, Luzern;
Josef Ottiger + Partner, Rothenburg;
Christof Wey Landschaftsarchitekten, Luzern

6. Rang/6. Preis «Tutti a bordo»:
Architetti Campana Herrmann Pisoni, Ascona;
Pianifica Ingegneri Consulenti, Locarno;
Evolve, Bellinzona;
Studio arch. paes. Elisabetta Dei, Losone

 

Jury
 

Hanspeter Winkler, Architekt ETH SIA (Vorsitz); Gion A. Caminada, Architekt SIA BSA, Vrin; Pia Durisch, Architektin ETH SIA BSA, Massagno; Ursina Fausch, Architektin ETH SIA, Zürich; Barbara Suter, Architektin ETH (Ersatz); Toni Weber, Landschaftsarchitekt HTL SIA BSLA, Solothurn

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