Sta­ti­sches Spie­gel­bild

Ensemble über die reine Funktion hinaus

Die neue Hergiswaldbrücke ist aus Holz, zweispurig und spannt über nahezu 40m. Trotz der für dieses Material grossen Spannweite und hohen Belastung kann die Brücke vom Strassenverkehr uneingeschränkt genutzt werden – eine Seltenheit.

Data di pubblicazione
27-03-2014
Revision
18-10-2015

Die alte Hergiswaldbrücke auf dem Strassenabschnitt Obernau – Hergiswald in der Gemeinde Kriens nach Plänen von Joseph Ritter stammt von 1791. Die Brücke überspannt das Bachtobel des Ränggbachs als überdachter Holzbogen. Sie ist denkmalgeschützt und von regionaler bzw. nationaler Bedeutung. Ausgelegt für Fussverkehr und Pferdefuhrwerke, genügt sie den heutigen Anforderungen trotz mehrmaliger Verstärkungsmassnahmen nicht mehr.

Nordseitig der alten Brücke plante die Gemeinde Kriens deshalb eine Umfahrung und führte im Jahr 2009 einen Projektwettbewerb für die neue Brücke über den Ränggbach durch. Aus neun Entwürfen ging jener des Teams um die Bauingenieure Fürst Laffranchi mit Ilg Santer Architekten als Sieger hervor.

Tragwerk mit historischen Bezügen

Das neue Brückentragwerk bezieht sich in Formsprache und Materialisierung auf die benachbarte historische Brücke. Als Spiegelbild des Druckbogens der alten Holzbrücke trägt der neue Brückenträger mit Unterspannung die Lasten über eine Stabkette auf Zug ab. Die wesentlichen Konstruktionselemente der Aufständerung und des Versteifungsträgers der neuen Brücke sind wie bei der historischen Brücke in Holz gehalten, womit die beiden Bauwerke über die reine Funktionalität hinaus zu einem Ensemble geworden sind.

Tragkonstruktion

Während die Widerlager der alten Brücke kaum auffallen, sind jene der neuen Brücke markant; die vier Leitmauern betonen das noch zusätzlich. Weil die Widerlager aber schiefwinklig zur Brückenachse ausgebildet sind – dies reduziert den Materialaufwand –, fügen sie sich trotzdem zurückhaltend in die Topografie des Ränggbachtobels ein.

Das schief gelagerte, einfeldrige Brückentragwerk in Holz-Beton-Verbundbauweise weist eine Spannweite von 38.1m auf. Die Fahrbahnplatte in Beton mit einer Breite von total 8.6m bietet Platz für zwei Fahrspuren von je 3.3m Breite. Um ihr Eigengewicht möglichst klein zu halten, wurde sie mit einer Stärke von 26cm schlank ausgebildet.

Unter der Fahrbahnplatte sind in Längsrichtung vier Brettschichtholzträger mit Querschnittsabmessungen von je 0.6x1.0m angeordnet. Sie sind über Kopfbolzendübel mit der Fahrbahnplatte verbunden und versteifen sie. Bei den Endquerträgern liegen die Längsträger in Stahlschuhen, die wiederum mittels Kopfbolzendübeln mit dem Beton des Überbaus verbunden sind.

Die Geometrie der Unterspannung entspricht der Kettenlinie für Gleichlast. Beide Zugglieder liegen zum Schutz des Holzes in nach innen geneigten Ebenen. Neun dreieckförmige Aufständerungen – bestehend aus Pfosten in Brettschichtholz, die mit Dreischichtholzplatten beplankt sind – ermöglichen diese Formgebung. Radial zu den Unterspannungen angeordnet, öffnen sie den Raum zwischen den Zuggliedern und den Versteifungsträgern. Durch ein günstig gewähltes Steifigkeitsverhältnis tragen die Unterspannungen drei Viertel der formaffinen Lasten ab.

Dank der grossen Steifigkeit der Zugglieder können die Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit trotz der verhältnismässig schlanken Versteifungsträger aus Brettschichtholz problemlos eingehalten werden. In die hölzernen Versteifungsträger eingeklebte Gewindestangen ermöglichen die Krafteinleitung in die Aufständerungen, obwohl das Brettschichtholz systembedingt nur eine geringe Querdruckfestigkeit aufweist. 

Konstruktiver Schutz

Eine hinsichtlich der Dauerhaftigkeit wesentliche Anforderung bei der Konzeption von Holzbrücken is der Witterungsschutz der tragenden Bauteile. Hier schützt die seitlich auskragende Fahrbahnplatte alle Holzbauteile unter der Fahrbahn vor direkter Bewitterung. Die im Grundriss nach innen geneigten Zugglieder und die dreieckförmigen Aufständerungen entziehen sich regelrecht der direkten Bewitterung.

Trotzdem sind die Aussenseiten der äusseren beiden Längsträger und die Streben der Aufständerungen zusätzlich als konstruktiver Schutz mit Dreischichtplatten beplankt. Der Beton der Fahrbahnplatte ist vollflächig durch Polymerbitumendichtungsbahnen abgedichtet. Darüber wurde ein zweischichtiger Gussasphaltbelag mit einer Gesamtstärke von 85mm eingebaut.

Der Bauablauf

Wegen des grossen Hochwasserrisikos im Ränggbach wurde von Lehrgerüstabstützungen im Wasser abgesehen. Die Konstruktionen der zusammengesetzten Holz- und Stahlbauteile dienten deshalb als Lehrgerüstkonstruktion für die Erstellung der Fahrbahnplatte. Dadurch liessen sich aufwendigere Lehrgerüstkonstruktionen in den steilen Böschungen des Ränggbachtobels vermeiden. Die Holzbauteile wurden nach Abschluss der Werkstattplanung in der Werkstatt abgebunden und für die Montage vorbereitet.

Für die erste Bauphase wurden die ca. 37m langen Längsträger auf den provisorischen Montageplatz neben dem Brückenstandort angeliefert und auf Montagegerüste abgestellt. Danach wurden die Bauteile der Aufständerungen und der äusseren Querträger zwischen die Längsträger montiert. Nach der Montage der provisorischen Endquerträger aus Stahl wurden die Stahlrohre der Unterspannung vor Ort verschweisst.

Nachdem der provisorische Montageverband angebracht war, waren die beiden unterspannten Träger formstabil und bereit für das Versetzen auf die vorgängig erstellten Widerlager. Zwei Pneukräne (500t und 150t) hievten die beiden vormontierten, unterspannten Träger schliesslich in die definitive Lage auf die Widerlagerbänke. Sobald die Brückenlager montiert waren, wurden die beiden Träger durch die nachträglich betonierten Endquerträger kraftschlüssig miteinander verbunden.

In der Folge montierte man die Schalung der Fahrbahnplatte an die als Lehrgerüst wirkenden unterspannten Träger. Die Vorspannkabel wurden vor dem Betonieren der Fahrbahnplatte installiert, und der Hohlraum zwischen Stahlrohr und Kabelhüllrohr wurde mittels Zementinjektion verfüllt. Durch das Aufbringen einer ersten Spannetappe konnten die Lehrgerüstverformungen beim Betonieren der Fahrbahnplatte kompensiert werden. Die zweite Vorspannetappe auf die nominelle Vorspannkraft erfolgte nach dem Betonieren der Fahrbahnplatte. Das Lehrgerüst demontierte man schliesslich nach dem Ausinjizieren der Hüllrohre.

Während der letzten Bauphase erfolgten die Arbeiten im Zusammenhang mit der Brückenausrüstung und dem Stocken der Widerlager. Nach rund fünf Monaten Vorbereitungsarbeiten in der Werkstatt und etwa acht Monaten Bauarbeiten vor Ort konnte die Brücke im Oktober 2012 dem Verkehr übergeben werden. 

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