Da­vos is a Verb

Noch einmal lässt sich Davos diesen Winter ohne WEF erleben. Wie die Veranstaltung jeweils den Stadtraum transformiert, kann man sich aber trotzdem anschauen: in der aktuellen Ausstellung «Planetary Upgrade Piazza. Davos is a Verb» von Fotograf und Künstler Jules Spinatsch am neu geschaffenen Davoser Kulturplatz. Wer es bis März nicht ins Bündnerland schafft, dem sei die gleichnamige Publikation empfohlen.

Data di pubblicazione
02-02-2022

In diesem Frühjahr wird der Arkadenplatz in Davos fertiggestellt. Ursprünglich als Park des ersten Kurhauses angelegt, wurde die Anlage seit den 1960er-Jahren als Parkplatz genutzt. Lediglich die an ihren Rändern liegenden historischen Arkaden liessen die frühere Bedeutung erahnen.

Mit seinem Umbau ist ein attraktiver Stadtraum entstanden. Zwischen den historischen Arkaden haben die St. Galler Architekten Barão-Hutter einen verbindenden Teil eingefügt und den Platz dazwischen neu gestaltet. Zu seiner Belebung möchte der neu eröffnete und ebenfalls von Barão-Hutter gestaltete Kulturplatz Davos als kulturelle Plattform beitragen.

Der Platz liegt an der Promenade – jener Strasse, die die beiden Ortsteile Davos Platz und Davos Klosters verbindet und an der sich alljährlich anlässlich des World Economic Forum WEF internationale Unternehmen und Konzerne etablierten, um in dessen Glanz, jedoch weder von diesem noch von Davos organisiert, ihren Geschäften nachzugehen. Die Promenade verwandelte sich seit den 2010er-Jahren und in immer grösserem Ausmass für fünf Tage in eine eigene Parallelwelt. Über die Hälfte aller an ihr liegenden Ladenlokale wurde jeweils vermietet und mit immensem Aufwand in temporäre Showrooms, Party-Locations und Restaurants verwandelt.

In seinem Bildband «Davos is a Verb» hat der in Davos geborene Fotograf und Künstler Jules Spinatsch ebendiese Verwandlung dokumentiert. Die Aufnahmen stammen von 2020, jenem Jahr, als das WEF vor der Corona-Pandemie zum letzten Mal in Davos stattfinden konnte. Spinatsch zeigt mit seinen nüchternen, beschreibenden Aufnahmen den Prozess der Transformation, den Strasse, Gebäude und die begleitende Stadträume erfahren. Daneben steht das winterliche Davos, der Skiort – auch dieses Davos beschreibt Spinatsch in seinen Bildern.

In der Gegenüberstellung von Ort und Inszenierung, der Überformung der Promenade mit An- und Zubauten und grossformatigen Werbeplakaten – ausgerichtet vor allem auf die Wirkung bei Nacht – wird deutlich, wie wenig das Spektakel auf den Ort ausgerichtet ist. Die dichte, von Jules Spinatsch mit dem Gestalter Winfried Heininger kuratierte Auswahl an Bildern wird zur Chronik eines Ereignisses, das beim Betrachten eigentümlich fremd und überholt wirkt.

Das Zurschaustellen von Geld und Macht, das Zusammenkommen von Menschen aus aller Welt, die für fünf Tage nach Davos reisen, um zu feiern und zu konsumieren, ist angesichts der pandemischen Lage und bestehender klimatischer und ökologischer Herausforderungen kaum noch vorstellbar – und doch sind diese Bilder nur zwei Jahre alt. Slogans wie «Growth forever» entlarven das Spektakel als nicht zukunftsfähig. Dies verdeutlicht auch der britische Autor und Umweltökonom Tim Jackson, dessen Essay man als schriftliche Entsprechung zu Spinatschs Aufnahmen lesen könnte.

In diesem Januar hätte das WEF – und mit ihm auch jene in «Davos is a Verb» dokumentierte Parallelwelt – wieder stattfinden sollen, es ist vorerst auf das spätere Frühjahr verschoben. Derweil hat sich die Gemeinde mit dem Arkadenplatz und dem Kulturplatz Davos seinen Raum ein Stück weit zurückerobert.

Noch bis zum 6. März 2022 ist dort die fotografische Installation von Jules Spinatsch «Planetary Upgrade Piazza. Davos is a Verb» zu sehen, die sich den Mitteln jenes Spektakels bedient, das sie beschreibt. Grossflächige Textilien, bedruckt mit den Fotografien Spinatschs, führen von den Arkaden in das Foyer des Kulturplatzes, dort werden die Bilder zu mobilen Skulpturen, Bilderwürfeln und Sitzgruppen und zitieren damit die Elemente der Transformation: Die Bilder der Verwandlung werden selbst zu eben jenen Objekten, die sie beschreiben.

Ausstellung
«Planetary Upgrade Piazza. Davos is a Verb»

Bis Sonntag, 6.März 2022, Kulturplatz Davos


Publikation

Jules Spinatsch, Davos is a Verb. Lars Müller Publishers, Zürich 2021. 304 S., 273 Abbildungen, 23 × 30 cm, englisch, Softcover, ISBN 978-3-03778-648-2, 49.90.– Fr.

 

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