Vom BIM-Mo­dell zur Bau­ma­schi­ne

Beispiele von BIM-Anwen­dungen bei Linienbauwerken sind noch rar. Mit dem Pilotprojekt Fahrbahnerneuerung Mellingen wollten die SBB im Sommer und Herbst 2018 prüfen, wie sich Planungs- und Ausführungsprozess mit­einander ­verknüpfen und durchgängig gestalten lassen.

Data di pubblicazione
25-05-2019

Die SBB-Division Infrastruktur hat das Ziel, bis 2025 mittels Daten Betrieb und Unterhalt ihrer Anlagen zu verbessern. Die notwendigen Standards für Prozesse, Datenstrukturen und Kompetenzen werden an Pilotprojekten validiert und optimiert. Das Projekt Fahrbahnerneuerung FBE 18 Mellingen wurde als BIM-Ausführungsprojekt umgesetzt, um das Poten­zial der datengestützten Kollaboration zwischen Bauherrn, Bauleiter, Planer und Unternehmer in der Ausführungsphase zu erkennen.

Es handelte sich um 310 m Gleisersatz, die Erneuerung von sechs Weichen sowie den Ersatz und ­Umbau der bestehenden Kabelanlagen. Am­berg Engineering hatte die Aufgabe, die abgeschlossene Planung der Gleisumbauten in ein BIM-Modell für verschiedene Anwendungsfälle zu implementieren:

  • BIM-Modellierung auf Basis von Bestandsdaten SBB-eigener Datenbanken
  • Digitales Baustellenmanagement als Grundstein für die papierlose Baustelle
  • Generierung von Maschinendaten aus dem sowie deren Rückführung in das Modell

Vom 2-D-Projekt zur BIM-basierten Aus­führung

Als geometrische Modellierungsgrund­lage dienten die 2-D-Ausführungspläne des Gleiskörpers und der Kabelumbauten, die Definition der Gleisgeometrie (.TR) sowie eine Punktwolke des gesamten Gleis­abschnitts. Die zugehörigen Metadaten stammen aus der SBB-eigenen Datenbank fester Anlagen (DfA). Um die heute verfügbaren Lösungen für Modellierung, Koordination sowie digitales Baustellenmanagement für die Anwendung im Gleisbau nützen zu können, sind eigene Routinen nötig.

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Der Aufbau der Modelle hatte so zu erfolgen, dass die Verwendung auf der Baustelle zielführend und eine maximal effiziente Abbildung des gebauten Werks zur Dokumentation für Betriebszwecke möglich ist. Die Herausforderung lag in der Erstellung parametrischer Objekte für Gleis­oberbau, Schotterkörper und Kabelanlagen in Abhängigkeit der Gleisachsen.

Diese Parametrisierung erlaubte eine präzise Darstellung des Schotterkörpers als Grundlage für die 3-D-Maschinensteuerung. Durch das Hinterlegen des Detailterminprogramms wurde das Modell zum 4-D-Modell erweitert, um so die modellbasierte Baufortschrittsdokumentation während der Bauphase zu ermöglichen.

Die kurze Projektdauer von drei Monaten und die ambitionierten Ziele verlangten eine einwandfreie Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten. Die regelmässi­gen Sitzungen zum Umgang mit dem Modell auf der Baustelle boten Gelegenheit, Erwartungen auszutauschen und Unklar­heiten zu besprechen.

Gleisumbau modellbasiert?

Die Bauausführung erfolgte durch die Sersa Group. Der Fokus lag auf der Verwertung des BIM-Modells in der Reali­sierung: Die Aushub- und Einbauebenen des parametrischen Modells wurden auf die Baumaschinen übertragen, sodass die digitalen Maschinensteuerungssysteme von Bagger (Aushub) und Dozer (Einbau) jederzeit mit den korrekten Daten versorgt waren.

Der Datentransfer zwischen Modell und Baumaschine erfolgte über einen Clouddienst, der die ­aktuellsten Modelldaten als Sollzustand an die Baumaschine übertrug und die während der Ausführung gesammelten Daten zu Aushubtiefe und Einbauhöhe ­zurückspeiste.

So konnten Soll-/Ist-Vergleiche in Echtzeit durchgeführt werden, gleichzeitig war die Bauausführung beim Abschluss des Projekts im Modell dokumentiert. Zudem führte der Prozess zu einer Qualitäts- und Effizienzsteigerung, da manuelle Arbeitsschritte wie das Einmessen der Schottertiefe in Abhängigkeit von der Schwellenart entfielen.

Das Ziel der papierlosen Baustelle wurde mithilfe einer modellbasierten Bau­managementplattform verfolgt. Dokumentenverwaltung, Mängelmanagement und Baudokumentationen konnten so rasch und transparent abgewickelt werden.

Mehrwert und Resümee des Bauherrn

Während die BIM-orientierte Ausführung im Hochbau kein Novum mehr ist, war dieses Ausführungsprojekt im Gleis­umbau ein Vorreiter. Das Auseinandersetzen mit positiven und negativen Erfahrungen war unabdingbar, um im nächsten Projekt zu profitieren. Eine Her­ausforderung ist nach wie vor der Umgang mit Modellen bei Linienbauwerken, im Speziellen der Lokalisierung entlang der gekrümmten Gleisachse. Dennoch zeigte sich, dass BIM bei Linienbau­werken heute möglich ist.

Eine zentrale Kollaborationsplattform erwies sich als vorteilhaft, da so die Datenredundanz minimiert werden kann und die Dokumentenverwaltung effizienter wird. Problematisch war die Datenrückführung aus der Baumaschine zum Informationsmodell. Die Daten waren inkohärent und geometrisch nur unter hohem Aufwand zuzuordnen. Es ist noch Effort nötig, um diesen Austausch maschinenlesbar und automatisiert erreichen zu können.

Die SBB sehen mit BIM die Möglichkeit, den Planungs-, und Ausführungsprozess zu verknüpfen und durchgängig zu gestalten. Es entsteht ein konsistenter Prozess von der Datenaufnahme über die Vermessung, die Bestandserfassung, die Planung und die Genehmigungen bis zur Ausführung mit Grossbaumaschinen.

Am Bau Beteiligte


Projektleitung, Oberbauleitung
Schweizerische Bundesbahnen SBB

Baumeister
Sersa Group (Schweiz)

Planung und Bauleitung
Wild Ingenieure, Küssnacht am Rigi

BIM-Manager / BIM-Koordination
Amberg Engineering, Schweiz

 

Facts & Figures


Schotterersatz: 310 m

Erneuerung Weichen: 6

Erneuerung Kabelkanal: 120 m

Erneuerung Kabelschächte: 5

Ausführung: 8/ 2018

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