Leichte Abkühlung auf hohem Niveau
Quartalserhebung: Konjunktur- und Geschäftslage im Projektierungssektor, IV 2018
Zehn Jahre nach der Finanzkrise zeigt sich der Schweizerische Projektierungssektor in robuster Verfassung. Dennoch ist der Ausblick in die nahe Zukunft weniger optimistisch als auch schon.
Anfang September 2008 erschütterte der Konkurs der New Yorler Investmentbank Lehman Brothers die globalen Finanzmärkte, und die Finanzkrise nahm ihren Anfang. Die Schweiz meisterte sie im Grossen und Ganzen unbeschadet. Insbesondere der Bau-, Immobilien- und Projektierungssektor hat seitdem sogar eine einzigartige Blüte erlebt – die vor allem den rekordtiefen Zinsen zu verdanken ist.
Schulden machen ist in
Experten und Marktbeobachter sind sich einig, dass die Lehren aus der Krise nicht vollständig gezogen worden sind. Im Gegenteil: Seit 2007 ist die private Verschuldung weltweit um gut 40 % gestiegen, der grösste Teil davon ist in Hypotheken gebunden. Zwischenzeitlich summieren sich in der Schweiz die ausstehenden Hypotheken auf rund 1000 Milliarden Franken. Bei steigenden Zinsen könnten private Hausbesitzer und Unternehmen ins Schlittern kommen. Im Fokus stehen die Preissteigerungen bei Renditeobjekten, wie beispielsweise bei Mehrfamilienhäusern.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) weist seit Längerem auf die sich kontinuierlich aufbauenden Ungleichgewichte in diesem Segment hin. An den diesjährigen NZZ Real Estate Days äusserte sich SNB-Vizedirektor Fritz Zurbrügg kritisch zur Vergabepraxis der inlandorientierten Banken: Es würden immer mehr Kredite vergeben, bei denen die Tragbarkeit bei einem markanten Anstieg der Zinsen, zum Beispiel auf 5 %, nicht mehr gegeben sei. Um die Finanzstabilität in der Schweiz nicht zu gefährden, seien gezielte Massnahmen zu prüfen.
Solide Situation im Projektierungssektor
Die Schweizer Bauwirtschaft hat in den Jahren 2009 bis 2014 massgeblich zur nationalen Wertschöpfung beigetragen, wie Jan-Egbert Sturm, Leiter der Konjunkturforschungsstelle an der ETH (KOF), anlässlich der traditionellen Prognosetagung führte. Seit rund drei Jahren ist dieser Beitrag jedoch merklich am Abflachen – auf hohem Niveau notabene. In diesen Kontext passen die aktuellen Resultate der Quartalsumfrage im Projektierungssektor. Das konjunkturelle Klima kühlt sich leicht ab: 49 % der Projektierungsbüros sprechen von einer guten konjunkturellen Lage, 47 % bewerten die Geschäftslage als befriedigend, und nur 4 % gehen von einer schlechten Lage aus.
Unterschiedliche Erwartungen
Die Erwartungen der Projektierungsbüros ergeben gemäss KOF kein einheitliches Bild. Die Umfrageteilnehmer äussern sich zwar wieder optimistischer als noch im Sommer 2018 hinsichtlich der Nachfrage, der Leistungserbringung und der Beschäftigung. Die Erwartungen zur Entwicklung der Geschäftslage sind jedoch für die nächsten sechs Monate weniger optimistisch. Vermutlich rechnen die Büros mit weiter sinkenden Preisen, was sich negativ auf die Ertragslage auswirken könnte. Während sich die Einschätzung der Bausummen insgesamt in den letzten Quartalen kaum geändert hat, geht der Saldo der Bausummen des Wohnbaus und öffentlichen Baus seit Anfang des Jahres 2018 deutlich zurück. Der Anteil der Bausummen, die auf Erneuerung und Unterhalt entfallen, steigt leicht auf 37 %.
Die Einschätzungen der Architekturbüros zur Geschäftslage, zur Nachfrage sowie zur Leistungserbringung haben sich in den letzten Monaten kaum verändert. Gemäss der KOF-Umfrage beklagen Architekten vermehrt sinkende Bausummen im Wohnbau. Die Ingenieure schätzen die Geschäftslage weniger positiv als noch Anfang 2018 ein, allerdings bewerten sie die Nachfrage und den Auftragsbestand günstiger als noch vor zwei Quartalen. Im Gegensatz zu den Architekturbüros bewerten die Ingenieurbüros die Bausummen seit zwei Quartalen wieder positiver.
Weitere Infos auf www.kof.ethz.ch