Holz­bau auf der Gewinn­spur

Holzbautag in Biel

Die Wirtschaftlichkeit ist für den modernen Holzbau ein so grundlegendes Thema wie überzeugende Architektur. Holz als umweltverträglicher und sympathischer Baustoff allein überzeugt Investoren kaum. Erstellungskosten und Unterhalt müssen tragbar sein.

Data di pubblicazione
23-05-2018
Revision
23-05-2018

Am Holzbautag vom 17. Mai 2018 in Biel mit dem Thema «Bauen mit Holz – wirtschaftlich und wettbewerbsfähig» wurden entsprechende Überlegungen vonseiten Bauinvestoren, Bauherren, Architekten und Ingenieuren präsentiert. Die allgemeinen Überlegungen wurden vor allem anhand ausgeführter oder in Ausführung begriffener Bauwerke und Siedlungen in der Schweiz abgehandelt.

Immobilienmarkt und Holzbaumarkt Schweiz

Tiefe Zinsen wirken sich auf den Immobilienmarkt in der Schweiz aus. Der Wirtschaftsspezialist Stefan Fahrländer (Firma FPRE, Zürich) stellte fest, dass unterschiedliche Selbstregulierungen eine Entspannung auf dem Schweizer Wohnungsmarkt bewirkt haben. Bautätigkeit sei aber weiter notwendig, denn die Schweiz wachse jetzt und auch langfristig. Die vielerorts herrschende Wohnraumknappheit sei jedenfalls nicht wegzuleugnen. Ob allerdings Wohnneubauten immer am richtigen Ort erstellt würden, sei teils fraglich.

Birgit Neubauer-Letsch (BFH AHB) berichtete über Ergebnisse aus Studien zum aktuellen Baumarkt. Die alljährlich im Januar vorliegenden Daten über Baubewilligungen des Vorjahrs erlauben einen Ausblick in die künftige Bautätigkeit und auf Tendenzen und mögliche Materialentscheide für die nächsten Monate. Baubewilligungen für Einfamilienhäuser seien in den letzten Jahren deutlich rückläufig. Konstant geblieben ist aber der Anteil des Holzbaus – jedes fünfte neue Einfamilienhaus wird mit Holz gebaut. Auch bei Bauten der öffentlichen Hand nehme der Einsatz von Holz vor allem bei den Fassaden zu, der Holzanteil für Tagkonstruktionen bleibe relativ konstant.

Nachhaltigkeit im öffentlichen Bau

Der Leiter des Hochbauamts des Kantons Freiburg, Gian Carlo Chiové, betonte ausdrücklich das Bestreben, als vorbildlicher Bauherr aufzutreten. Die Nachhaltigkeit soll sich demgemäss mit architektonischer Qualität verbinden. Bauprojekte finden Akzeptanz durch ihre Gestaltung und zudem durch ihre Eigenschaften in Bezug auf Ökologie und Nachhaltigkeit. Als bemerkenswertes Beispiel nannte Chiové das Ausbildungszentrum ZIVI, der Vollzugsstelle für den Zivildienst, Jugend und Sport des Kantons Freiburg am Schwarzsee. Zwei grossvolumige Neubauten aus Holz ergänzen die bestehende ehemalige Militärkaserne. 600 Personen lassen sich dort beherbergen. Vor allem die Kosten und Termine ergaben den zwingenden Rahmen.

Verbaut wurden 1300 m3 Holz resp. 16 000 m2 Dreischichtplatten. Die Neubauten wurden mitsamt Inneneinrichtung und Möblierung durch 0815 Architekten (Biel und Freiburg) geplant und durch schaerholzbau AG (Altbüron) innert 17 Monaten mit vorgefertigten, vor Ort montierten Bauelementen ausgeführt. Auch der Neubau der Kantonspolizei (MAD 3) in Granges-Paccot, ein viergeschossiger Holzbau (deillon delley architectes sa, Bulle) ist ein Holzbau. Ein klarer Stützenraster im Achsabstand von 2.10 m, mit Holzstützen von 28 x 28 cm Querschnitt, prägt das Gebäude gestalterisch und konstruktiv. Das gesamte verbaute Holz stammt aus der Region.

Weichenstellung im Architekturwettbewerb

Die grundlegenden Strategien und Konzepte für kostengünstigen genossenschaftlichen Wohnungsbau erläuterte Architekt Donnat Senn (GWJ Architektur, Bern) am Beispiel des erstrangierten Projekts beim Wettbewerb für die Wohnsiedlung Mutachstrasse in Bern. Politische Vorgabe war hier, Wohnraum von unter 200 Fr./m2 zu projektieren. Architekt Stefan Graf (Bauart Architekten und Planer, Bern/Neuenburg/Zürich) erläuterte seinerseits das Projekt, für das Bauart bei diesem Wettbewerb den 3. Preis errungen hat. Bauart erarbeitete ein Projekt auf Basis eines Holzbausystems, das 2000-Watt-fähige Häuser ermöglicht. Allerdings sei der Wettbewerb auf der Ebene Städtebau und Architektur entschieden worden und nicht auf der Ebene der Konstruktions- und Materialwahl. Offenbar gelte: «Wettbewerbe werden durch die Architektur gewonnen.»

Am Beispiel von drei aktuellen Wettbewerben konnte Yves Schihin (burkhalter sumi architekten Zürich) zeigen, wie der Holzbau in verschiedener Hinsicht punkten kann. Eine Erweiterung des Schulhauses in Adliswil kommt auf eine bestehende Zivilschutzanlage zu stehen, was die Leichtbauweise Holz nahelegt.

Für die Wohnüberbauung Waldacker in St. Gallen wurde Holz gefordert, weil die Ortsbürgergemeinde überzeugt ist, dass so das Projekt politisch einfacher durchzusetzen sei. In Bellinzona ist für die Ersatzneubauten Ghiringhelli ein wirtschaftlich konkurrenzfähiger Holzbau verlangt, der bei der Vermarktung den Vorteil einer «unique selling position» ausspielen kann. Die Architekten burkhalter sumi haben alle drei Wettbewerbe gewonnen.

Potenziale in der Umsetzung

Vergleiche verschiedener Bauweisen und Konstruktionen demonstrierte Thomas Klement (Jürgensen Klement Architekten, Zürich) am Beispiel der Wohnsiedlung Quellengarten in Aarau-Rohr. Integral und frühzeitig im Entwurfsprozess mitgedacht, bestehe Holz auch im Vergleich zu konventionellen Bauweisen, betonte Klement. Gerade die enge Verknüpfung von Entwurf und Konstruktion erzeuge beim Holzbau strategische Vorteile. Ein wesentlicher Punkt sei die zügige Bauweise. Die Siedlung Quellengarten soll im kommenden Herbst bezugsbereit sein.

Andere Sichtweisen – anderes Bauen: USA und Kanada

Was beim Bauen in der Schweiz und Europa als üblich und normal angesehen wird, gilt anderswo nicht unbedingt dasselbe. Oftmals unterscheiden sich die massgeblichen Einflussfaktoren: z. B. Formen der Zusammenarbeit, Zulieferer, beteiligte Unternehmer und Subunternehmer, Koordination der Planung. Bernhard Gafner (Aspect Bauingenieure, Vancouver, Kanada) berichtete über zwei grosse Bauvorhaben in Übersee.

Ein 18-geschossige Studentenwohnheim «Tall Wood House» in Vancouver (Kanada) mit einer Geschossfläche von 15 200 m2 bedingte für die Ausführung eine eingehende Vorbereitung aller Beteiligten: im Vorfeld Erproben der Montage am Bildschirm und mit einem zweigeschossigen Mock-up. Bei einem zweigeschossigen Neubau für Büros, dem «Microsoft Office» in Mountain View (USA) mit einer Geschossfläche von 60 000 m2 (40 000 m2 davon in Holz-Beton-Verbund), hat das Teamwork mit den Zimmereibetrieben zu einem Bau unter vorgegebenem Budget geführt.

Holzbau ist auf der Gewinnspur

Am Fachanlass war das selbstverständlich gewordene Selbstvertrauen der im Holzbau Tätigen spürbar. Grosse Bauten und Siedlungen in Holz sind im auch urbanen Raum üblich geworden, durch die Nutzer akzeptiert und für Investoren durchaus interessant. Die bis vor einiger Zeit noch bestehenden Probleme bezüglich Schalldämmung oder Brandschutz sind heute gelöst, der Holzbau wird nach und nach zur führenden Bauweise – präzise, rasch, weitgehend vorgefertigt und wirtschaftlich. Verbunden mit überzeugender Architektur ist der nachwachsende Baustoff Holz eindeutig auf der Gewinnspur.
 

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