Grüne Non­cha­lance

Fassadensanierung mit Photovoltaik

Der Ausbau der Solarenergie wird schweizweit vorangetrieben, jedoch meist ohne gestalterische Intention. Salathé Architekten Basel zeigen mit der Sanierung eines Mehrfamilienhauses, wie sich mit Photovoltaik einfach und elegant entwerfen lässt.

Date de publication
10-03-2024

Die Oberwilerstrasse im gutbürgerlichen Basler Bachlettenquartier ist geprägt von den gelblich-ockerfarbenen Fassaden fünfgeschossiger Bauten aus den 1960er-Jahren. Doch seit Kurzem tanzt ein Gebäude in sattem Grün aus der ­Zeile und lässt erahnen, dass hier etwas Neues passiert.

Der Basler Zoo plant an seinem westlichen Rand mit einem bestehenden Heizungsgebäude und der Fassadensanierung an einem Mehrfamilienhaus, das zu seinem Portfolio gehört, eine neue Energiezentrale für eine nachhaltigere Versorgung. Das Gebäude in direkter Nachbarschaft zu Löwen, Giraffen und Nashörnern beherbergt 20 Wohnungen, eine Arztpraxis und Werkstätten.

Inhalt des 2020 lancierten Studienauftrags war die Sanierung der Gebäudehülle, die Brandschutz­ertüch­tigung der Treppenhäuser, die Vergrösserung der Balkone und die Erstellung einer PV-Anlage an der Fassade und auf dem Dach.

Weitere Beiträge zum Thema solares Bauen finden Sie in unserem E-Dossier.

Salathé Architekten Basel erkannten die pragmatischen Qualitäten des 1962 von Schachenmann und Berger errichteten Mehrfamilienhauses und integrierten diese in ihr Konzept. Es bot gute Grundrisse und eine solide Konstruktion. Ausdruck und Propor­tio­nen seien gut entwickelt und bei der Fassadensanierung im Grundsatz beibehalten worden, so Dominique Salathé im Interview mit dem SIA.

Die klaren Proportionen hätten es ermöglicht, dass man mit nur einer Standardmodulgrösse von 1 m × 1.65 m auskam, was Kosten, Zeit und Aufwand sparte. Auf Ebene der Fenster konnten die Module vertikal eingesetzt werden. Auf der etwas kürzeren Brüstungsebene wurden sie gedreht, waren nun aber zu hoch. Salathé Architekten Basel machten aus der Not eine Tugend und liessen die Module schräg auskragen. Auf diese Weise prägen sie den legeren Charme des Hauses und dienen als Wetterschutz für die hölzernen Rollläden.

Sinnvoller Einsatz mit Augenmass

Häufig wirken Solarbauten aufgrund des glänzenden Materials und der geschlossenen Fügung der Module monolithisch und abweisend. Im Gegensatz dazu scheint dieses Gebäude ein leichtes Kleid zu tragen. Auch die un­terschiedlich grossen Fugen bringen Leben in die Fassade und verhindern einen allzu glatten Ausdruck. Unterstützt wird die Feinheit von der matten, gerillten Oberfläche der Gläser und dem dunklen Grünton.

Die Farbwahl bewirkt leider einen Ertra­gs­verlust von 25 %. Ob dies angesichts der ästhetischen Qualitäten zu vernachlässigen ist, bleibt zu diskutieren. Schwarz lackierte Holzmetallfenster verbinden sich stimmig mit dem kühlen Grün der Fassade und stehen in schönem Kon­trast zu den warm wirkenden Rollläden aus Lärchenholz.

Auf der Zooseite wechselt die Materialisierung der Fassade zu Holz. Fabian Früh, Projektverantwortlicher, meint dazu: «Aufgrund der Balkone hat das Gebäude an der Ostseite eine kom­pliziertere Abwicklung. Dort wären wir nicht mit einer Modulgrösse ausgekommen und hätten Sonderformate einsetzen müssen. Aus finanziellen Gründen entschieden wir uns daher für eine vorvergraute Holzfassade.»

Weitere Beiträge zu Fassadensanierungen in Photovoltaik in TEC21 5/2024 «Solare Schönheiten».

Auch die übrigen Eingriffe haben Salathé Architekten Basel aufgrund des engen Kostenrahmens und mit viel Sensibilität für die Qualitäten des Bestands mit Augenmass vorgenommen: Die Grundrisse wurden beibehalten, einzig die Balkone sind mittels neu eingesetzter Stahlträger und Holz­platten vergrössert worden. Die originalen Linoleumbeläge im Treppenhaus blieben erhalten; die Untersicht der geschwungenen Treppe betonten die Architekten durch einen Anstrich in Rosso Veneto, einem hellen Ochsenblut-Rot. Durch die geringe Eingriffstiefe im Innern konnten die materiellen und finanziellen Ressourcen an der Fassade eingesetzt und das Haus im bewohnten Zustand umgebaut werden.

Die Nordfassade ist ebenfalls in Holz ausgeführt, aber nicht wegen der komplizierten Abwicklung wie im ­Osten, sondern weil sie bald von der geplanten Auf­stockung eines angrenzenden Betriebsgebäudes verschattet wird. 2022 gewannen Salathé Architekten Basel auch diesen Studienauftrag; der Baustart erfolgt in diesem Jahr. Drei Geschosse in vorfabrizierter Holzlehmbauweise werden die auf dem Gelände des Basler Zoos verstreuten Büros zusammenführen. Das Erd­geschoss und der Vorplatz des Mehrfamilienhauses Oberwilerstrasse werden ebenfalls erst mit dem Bau des Nachbarhauses gestaltet.

Energiewende in der Schweiz

Das Gebäude vermittelt in vielerlei Hinsicht zwischen Vergangenheit und Zukunft: Ein bestehendes, über­dimensioniertes Vordach im Erdgeschoss erinnert an die ehemalige Tankstelle und markiert den Übergang von der fossilen zur erneuerbaren Energie, denn auf 350 m2 Photovoltaik produziert das Gebäude 71 000 kWh jährlich.

Für den Zoo ist der Beitrag zwar klein, aber ein Anfang. Damit sich die Löwen auf beheizten Steinplatten räkeln und Pinguine durch kühle Landschaften watscheln können, benötigt er jährlich 6 000 000 kWh. Derzeit bezieht er seine Energie aus einem Mix von Gas, Fernwärme und Photovoltaik.

Ähnlich verhält es sich mit dem Anteil der erneuerbaren Energien auf gesamtschweizerischer Ebene. Die aktuellen Herausforderungen sind gross, da sich der Stromverbrauch durch die Elektrifizierung von Autos und Gebäuden massiv erhöhen wird. Hinzu kommt, dass die Kernkraftwerke in naher Zukunft abgeschaltet werden. Die benötigte Menge könnte jedoch durch erneuerbare Energien bereitgestellt werden.

Obwohl die Schweiz im europäischen Vergleich etwas hinterherhinkt, läuft der Ausbau bereits mit grosser Geschwindigkeit: 2022 erhöhte sich die neu installierte Leistung an Photovoltaik gegenüber dem Vorjahr um 60 %; dieser Trend setzte sich 2023 fort. Um jedoch den gesamten zukünftigen Verbrauch zu decken, müsste sich der jährliche Ausbau verdoppeln. Dächer und Fassaden von Gebäuden bergen neben den alpinen Standorten das grösste Potenzial und spielen daher eine zentrale Rolle bei der Energiewende.

Die ausführliche Version dieses Artikels ist erschienen in TEC21 «Solare Schönheiten».

Sanierung Mehrfamilienhaus Oberwilerstrasse, Basel

Bauherrschaft
Zoologischer Garten Basel

 

Architektur
Salathé Architekten Basel

 

Baumanagement
Glaser Baupartner, Basel

 

Fassadenplanung
Christoph Etter Fassadenplanungen, Basel

 

Planung PV-Anlage
Energiebüro, Zürich

 

Herstellung PV-Anlage
Planeco, Münchenstein

 

Geschossfläche (SIA 416)
2900 m2

 

Gebäudekosten BKP 2
3.61 Mio. Fr.

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