«Die Brücke in die Ar­chi­tek­tur­szene konnte nie ge­schla­gen wer­den»

Der Städtebau- und Raumplanungsexperte Angelus Eisinger ist von Beginn an Mitglied im Kuratorium der IBA Basel 2020. Seine Gedanken zur IBA hat er im Gespräch mit TEC21 dargelegt.

Date de publication
23-04-2021

TEC21: Herr Eisinger, Sie haben die IBA Basel 2020 zehn Jahre begleitet. War eine Internationale Bauausstellung das richtige Instrument, um die räumliche Entwicklung voranzutreiben?

Angelus Eisinger: Diese Frage hat sich nicht erst in Basel gestellt. Auch in Berlin wurde das vor ein paar Jahren bei einer Konferenz aller IBAs intensiv diskutiert, nachdem die Bundespolitik die Frage nach der konkreten Impulswirkung von IBAs aufgeworfen hat. Vielleicht geht es in Zukunft bei einer Internationalen Bauausstellung nicht mehr darum zu bauen, sondern an sich relevante Prozesse zu ermöglichen, die in der normalen räumlichen Praxis keinen Platz finden. Was im Basler Kontext eventuell unterschätzt wurde, waren die unterschiedlichen Kulturen in den drei teilnehmenden Ländern. Das liberale politische System der Schweiz ist es gewohnt, ein hohes Mass an Verantwortung an Institutionen und Individuen abzugeben. In Deutschland und Frankreich ist das traditionell anders.

Wo sehen Sie die Verdienste der IBA Basel 2020?

Die IBA hat explizit den grenz­überschreitenden Bezug in den Projekt­ideen eingefordert. Eine Projektidee konnte nur dann zu einem IBA-Projekt werden, wenn das grenzüberschrei­tende Moment klar ersichtlich wurde. Somit hat die Arbeit der IBA zu wichtigen Akzentverschiebungen in den Projektkonzeptionen geführt.

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Themen anzustossen passiert im Hintergrund. Die Arbeit der IBA bleibt somit unsichtbar.

Die eigentliche Knacknuss der IBA-Beiträge in Basel ist die Zuschreibbarkeit. Ein Beispiel: Eine Verbindung zwischen der Fondation Beyeler und dem Vitra Campus war naheliegend. Trotzdem gab es bis anhin keinen Anlass, diesen Weg zu Fuss zu gehen. Heute gibt es den 5 km langen Rehberger-Weg «24 Stops» – angestossen von der IBA, ausgeführt durch die beiden kulturellen Institutionen, die auch Geld investiert und ihr Netzwerk ein­gebracht haben. «24 Stops» ist nicht das Verdienst der IBA, aber «24Stops» würde es ohne die IBA so nicht geben. Solche Projektgeschichten sind extrem herausfordernd zu kommunizieren …

… was dazu führt, dass der IBA Basel die Strahlkraft fehlt?

Das Grundproblem der IBA Basel ist für mich, dass es nicht gelungen ist, ein vernünftiges Erwartungsmanagement zu betreiben. Gerade in Fachkreisen gab es teilweise recht konkrete Vorstellungen dazu, was eine IBA sein soll. Was aber in Basel lanciert worden ist, wollte nie eine «Bau-IBA» sein. Auch die drängenden gesellschaft­lichen Probleme gab es hier nicht, die in anderen IBAs den Anstoss lieferten. Die berühmte IBA-Qualität «Ausnahmezustand auf Zeit» bezieht sich hier darauf, den Funktionalraum zwischen Basel, Elsass und Südbaden als zu­sammengehörigen Alltagsraum zu begreifen, blinde Flecken und ungelöste Aufgaben zu erkennen und zu deren Behebung die notwendigen Kompetenzen und Ressourcen zu aktivieren.

Was hätte man rückblickend in dieser Hinsicht besser machen können?

Auf jeden Fall deutlich machen, was die IBA Basel 2020 sein möchte und was sie nicht sein kann. Diese Botschaft haben die Geschäftsführung und das Kuratorium zwar immer wieder formuliert, aber vielleicht hätte es noch mehr gebraucht. Zudem ist es nie gelungen, die Basler Architektur­szene für die Basler IBA zu gewinnen. Diese Stimmen hätte die IBA gut gebrauchen können, gerade eben auch, weil die Basler IBA keine normale IBA sein konnte und wollte.

An was sollten wir uns in einigen Jahren erinnern, wenn wir an die Bauausstellung in Basel zurückdenken?

Daran, dass die IBA Basel ein anderes, aber relevantes Modell einer Internationalen Bauausstellung war. Dass es die erste grenzüberschreitende IBA war, deren Vermächtnis man im Alltagsraum Basel finden kann. Nicht in allen Fällen sofort, aber in den nächsten Jahren mehr und mehr, wenn es zum Beispiel den Parc des Carrières oder die Verbindung zwischen Basel und Weil am Rhein gibt.

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