Grund­was­ser zum Hei­zen und Küh­len

Die Stadt Basel untersucht, ob sich der Untergrund zur klimafreundlichen Energieversorgung urbaner Siedlungen eignen kann. Hydrogeologische Expertisen stellen sicher, dass die Energiequelle nachhaltig genutzt wird. 

Date de publication
07-09-2019

Die Wärme in den meisten Städten stammt hauptsächlich aus fossilen Energieträgern wie Heizöl oder Erdgas respektive aus Abwärme von Verbrennungsprozessen, zum Beispiel aus Kehrichtverbrennungsanlagen. Vermehrt wird jedoch Energie aus dem Untergrund genutzt, die aus maximaler Tiefe von 400 m stammt. Diese erneuerbaren Ressourcen dienen der Erzeugung geothermischer Energie und dem Einsatz in Anergienetzen.

Da Gebäude zunehmend energieeffizienter werden und sich innovative Baumaterialien verbreiten, wird die Nachfrage nach Erdwärme aus dem oberflächennahen Untergrund zum Heizen sinken, während die Nachfrage nach Kühlenergie zunehmen wird. Doch wie viel Wärmeenergie steckt im Grundwasser, zum Beispiel unter der Stadt Basel? Das Potenzial lässt sich anhand von hydrogeologischen Analysen ermitteln. Parallel dazu ist der Wärmebedarf von Gebäuden und Quartieren standortbezogen zu bewerten.

Die in der Folge ausgeführten wissenschaftlichen Grundlagen sind bereits in den Energierichtplan der Stadt Basel eingeflossen. Der Nordwestschweizer Halbkanton skizziert darin, wie die nationale Energiestrategie 2050 und die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft umgesetzt werden können. Er weist Investoren und Energieplaner darauf hin, wo eine nachhaltige Nutzung von Wärme aus dem Untergrund möglich ist.

Abstimmen von Bedarf und Potenzial

Frühere Analysen der erneuerbaren Energiepotenziale beschränkten sich auf den aktuellen den und künftigen Energiebedarf im Siedlungsgebiet, bezogen auf ein Jahr und definierte Flächeneinheiten.1 Wie sich der Wärmebedarf bis 2050 entwickelt und wie unterschiedliche Massnahmen die Energieeffizienz steigern oder den Anteil von erneuerbaren Energieressourcen erhöhen, wurde anhand von Szenarien bewertet.

Darauf baut das aktuelle Forschungsprojekt der Universität Basel «Wärmemanagementsysteme für den oberflächennahen Untergrund der Region Basel» auf. Die Resultate der vom Bundesamt für Energie und vom Amt für Umwelt und Energie Basel-Stadt geförderten Studie sind ermutigend. So konnten mehrere methodische Hypothesen bestätigt werden: Das Wärmepotenzial lässt sich als Summe aus Grundwasserstrom und Wärmetransport im Detail modellieren. Das nutzbare Energieangebot hängt aber nicht nur vom Temperaturniveau und von der Grundwassermächtigkeit, sondern auch von der Durchflussrate ab.

Für das gesamte Basler Stadtgebiet wurde der thermische Istzustand der Grundwasservorkommen berechnet; folgende Muster sind zu erkennen: Stark urbanisierte Gebiete wie das Stadtzentrum und historische Quartiere weisen die höchsten mittleren Grundwassertemperaturen auf, bis 18 °C. Gleichzeitig zeichnen sie sich durch den höchsten Wärmebedarf aus. Relativ niedrige Grundwassertemperaturen, 9 bis 10 °C, wurden dagegen in weniger stark urbanisierten Räumen beobachtet. Vor allem der nordwestliche Stadtteil weist ausgedehnte Bereiche auf, in denen die Wärmenutzung aus dem Grundwasser den Bedarf theoretisch vollständig decken kann. Aber auch im Stadtzentrum und in urbanen Wohnquartieren könnte das Grundwasser einen grossen Anteil der Wärmeversorgung leisten. Die Ist-Analyse hebt auch diejenigen Bereiche hervor, in ­denen die Grundwassermächtigkeit zu gering ist, um daraus Energie zu gewinnen.

Urban erhitztes Grundwasser

Woher stammt die Untergrundenergie? Natürlicherweise lässt sich das Grundwasser von folgenden Faktoren thermisch beeinflussen: vom Wärmeeintrag aus der Atmosphäre, vom thermischen Regime des regionalen Grundwasserflusses sowie von den hydrogeologischen Wechselwirkungen zwischen Oberflächengewässer und Grundwasser.

Frühere wissenschaftliche Untersuchungen2 belegen: Der Klimawandel erhöht die Grundwassertemperaturen nur bedingt. Die Abwärme aus Gebäuden, die tief im Boden stehen, und die Wärmeeinträge von Infrastrukturanlagen sind im Vergleich dazu re­levantere thermische Einflussfaktoren. Die «urbane Wärmeinsel» breitet sich also auch unter dem Boden aus und erwärmt diese Umgebung. Vor allem in dicht besiedelten und industrialisierten Gebieten in Mitteleuropa steigen Grundwassertemperaturen bis auf 20 °C, in Südeuropa sogar gegen 30 °C.

Zur Erwärmung des oberflächennahen Grundwassers trägt auch seine Nutzung für die Gebäudekühlung bei, was in urbanen Gebieten sehr beliebt geworden ist. Die Summe dieser zusätzlichen Wärmeeinträge in den Untergrund von Städten kann als «Abfallwärme» bezeichnet werden. Sie wird heute ebenso sorglos behandelt wie noch vor Jahrzehnten der Siedlungsabfall. Wäre die Zeit für die Erkenntnis, den Inhalt dieser anthropogen erzeugten Energieressource gewinnbringend und nachhaltig zu nutzen, nun nicht ebenso reif?

Anmerkungen
1
Basel auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft; EKP Energie-Klima-Plan, Fachhochschule Nordhausen, Universität Liechtenstein, seecon gmbh 2011.
2 Epting J., Huggenberger P.: Unraveling the heat island effect observed in urban groundwater bodies. Journal of Hydrology, 2013.

Die ausführliche Version dieses Artikels ist erschienen in TEC21 36/2019 «Einmal fossilfrei, bitte!».

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