«Of­fe­ne Wett­be­wer­be sind ein Rie­sen­glück»

In den letzten Monaten ist eine Diskussion um den (offenen) Architekturwettbewerb entbrannt. Das offene Verfahren bietet jungen Büros eine Chance, sich zu etablieren. Doch die Anzahl sinkt kontinuierlich. Wir haben mit jungen Büros aus der ganzen Schweiz gesprochen. Heute: Stadler Zlokapa aus Basel über das Nebeneinander von Selbstständigkeit und Angestelltsein.

Publikationsdatum
31-03-2021


espazium.ch: Wie steht es in der Deutschschweiz um den Architekturwettbewerb?

Stadler Zlokapa: Verglichen mit dem Rest Europas bietet die Schweiz mit den offenen Architekturwettbewerben jungen Büros eine grossartige Chance, sich selbstständig zu machen – auch ohne Direktaufträge wie erste Arbeiten, die oft für Bekannte und Verwandte zustande kommen.
Die grosse Anzahl eingereichter Arbeiten für die jeweiligen Wettbewerbe zeigt sehr deutlich, dass unsere Generation gehört werden will. Im Vergleich zu unseren Vorgängern hinterfragen wir die traditionellen Arbeitsverhältnisse zunehmend. Der Wunsch nach Flexibilität und der Drang zur Selbstverwirklichung beflügeln dies. Den daraus resultierenden Enthusiasmus zu sehen ist beindruckend, und die Vielzahl der eingereichten Arbeiten bei offenen Wettbewerben leistet aus unserer Sicht einen wichtigen Beitrag zur Findung bestmöglicher Optionen im Spezifischem und der Aufrechterhaltung einer diversen Baukultur im Allgemeinen.
Natürlich sind uns auch die Probleme bewusst, diesen grossen Enthusiasmus auf die wenigen offenen Wettbewerbe gebündelt zu sehen, und wir verstehen das Abschreckende daran. Doch trotz den Mängeln ist die Tatsache, dass diese Wettbewerbe hier existieren und auch ernst genommen werden, ein Riesenglück für alle involvierten Parteien.


espazium.ch: Ist man beim Wettbewerb im Vorteil, wenn man experimentell vorgeht?

Stadler Zlokapa: Wir sind davon überzeugt, dass man Aufgaben am besten experimentell, offen und unkonventionell angeht! Wenn man einen neuen Wettbewerb in Angriff nimmt, stellt sich immer die Frage nach der erfolgreichsten Strategie. Wir versuchen das zu ignorieren und einfach darauf zu hören, was wir für die Situation als richtig empfinden. Dazu gehört immer erst einmal den Ort zu verstehen, die Geschichte, den Kontext – aber auch die Aufgabenstellung kritisch zu hinterfragen, die Grenzen maximal auszuloten, um das Ergebnis dann so einfach und selbstverständlich wie möglich zu präsentieren.
Natürlich sind es aber auch gerade die experimentellen Gebäude, die uns am besten gefallen, weil dahinter oft starke Überzeugungen und Geschichten stehen. Schön wäre es, Architektur als eine experimentelle Disziplin per se zu verstehen.


espazium.ch: Müsste man die Wettbewerbsverfahren weiterentwickeln?

Stadler Zlokapa: Wir haben den offenen Wettbewerb als Mittel in unsere Selbstständigkeit gewählt. Oft bedarf es mehrerer Versuche, und immer braucht es einen immensen Zeitaufwand, der im Regelfall nicht bezahlt wird. Weil sich nicht jede oder jeder offene Wettbewerbe als Vollzeitjob leisten kann, arbeiten viele an den eigenen Projekten neben dem offiziellen Bürojob, was bei den Arbeitgebern meist nicht willkommen ist.
Statt des Wettbewerbsverfahrens würden wir daher gern versuchen, dieses Prinzip zu ändern. Bereits jetzt gibt es positive Entwicklungen, manche Firmen bieten ihren Mitarbeitenden zum Beispiel Teilzeitarbeit an.
Es ist wichtig, diesen Wunsch nach Selbstverwirklichung offen zu diskutieren. Die Büros, in denen wir gearbeitet haben, sind ein fundamentaler Teil unserer Ausbildung, und wir sind dankbar für die lehrreiche Zeit und die Unterstützung, die wir erfahren haben. Aber wie soll sich Architektur ohne eine Emanzipation der Ideen der nächsten Generation entwickeln?
Wir glauben fest an die Vorteile von Kollaborationen und offenen Arbeitsgemeinschaften als Werkzeuge für einen spannenden Arbeitsprozess und arbeiten dafür eng mit Freunden in der Schweiz und im Ausland zusammen. Wir glauben, dass vielfältige Tätigkeiten Kreativität fördern und dass eine flexible, offene Arbeitswelt Wettbewerbe noch zugänglicher für alle machen würde.

Serie «u40 und der Wettbewerb»

 

Passend zum Wettbewerbsthema der Januar-Ausgabe 2021 von TRACES haben wir drei Fragen an Gewinner von Architekturwettbewerben aus den Jahren 2015 bis 2020 unter 40 Jahren gestellt. Wir baten sie auch, einen prägenden Wettbewerb ihrer jungen Karriere als Referenz zu wählen.

 

Weitere Beiträge lesen Sie hier.

Stadler Zlokapa wurde 2020 von Magdalena Stadler (*1990) und Srdjan Zlokapa (*1989) in Basel gegründet. Sie haben folgenden Wettbewerb erarbeitet:

 

Erweiterung und Erneuerung Schulhaus Glarisegg (TG), offener Wettbewerb, 2020, 1. Preis/1. Rang

 

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