«Ohne die Menschen im Limmattal ginge es nicht»
Viele Menschen aus der schnell wachsenden Bevölkerung des Limmattals setzen sich mit neuen Ideen für ihr Tal ein. Die Regionale 2025 bietet diesen Ideen eine Plattform. Wir haben mit Geschäftsleiter Peter Wolf über das informelle Planungsinstrument und die erfolgreiche Zeit bisher gesprochen. Ein Blick in die Zukunft zeigt: Die Arbeit wird der Regionalen 2025 in den vier Jahren bis zur Projektschau nicht ausgehen.
TEC21: Herr Wolf, coronabedingt konnten Sie erst am 9. September mit einem Jahr Verspätung auf die Halbzeit der Regionale 2025 anstossen. Doch wer oder was ist eine Regionale?
Peter Wolf: Bei diesem informellen Planungsinstrument geht es darum, dass sich eine bestimmte Region mit ihren Stärken und Schwächen auseinandersetzt. Ziel ist es, Entwicklungspotenziale und Lösungen für die Probleme der Zukunft zu finden. Das Format der Regionalen wird gern in rasch wachsenden und sich wandelnden Regionen eingesetzt. Ist aber natürlich auch denkbar, um strukturschwache Gegenden voranzubringen.
TEC21: Das Limmattal gehört zu den schnell wachsenden Gegenden in der Schweiz. Was prägt das Limmattal?
Peter Wolf: Es besteht aus Gegensätzen und Vielfalt. Im Limmattal wohnen und arbeiten heute schon rund 300.000 Personen unterschiedlichster Herkunft. Die Region hat sich in den letzten Jahren stark verändert: Manch einer geht in Spreitenbach noch ins «Dorf», von aussen betrachtet oder für Zugezogene ist das Dorf nicht der prägende Ortsteil. Das Projekt «Heimattal» untersucht beispielsweise in Zusammenarbeit mit Ortsmuseen, Bibliotheken, Schulen und Vereinen den Heimatbegriff und die Frage der Identität. Im Jahr 2025 möchten wir Projekte präsentieren, die die Herausforderungen des Limmattals auf neue Art und Weise angehen.
TEC21: Welche Herausforderungen sind das konkret?
Peter Wolf: In Wachstumsräumen stellen sich immer wieder Herausforderungen in den Bereichen Mobilität, Verdichtung, Freizeit und Erholung sowie im weiten Feld des «Zusammenlebens», also der Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Angebote auf dem Gebiet Soziales und Kultur.
TEC21: Steht die Regionale 2025 nicht in Konkurrenz zu konventionellen Planungsinstrumenten, wie dem Agglomerationsprogramm?
Peter Wolf: Nein. Bei uns geht es primär um die Projektförderung. Wir ergänzen die klassischen Planungsinstrumente. Es gibt viele Projekte aus dem Bereich Landschaft, der noch oft unzureichend beachtet wird oder eben Projekte aus dem Bereich Kultur und Gesellschaft.
TEC21: Woher kommen ihre Projektideen?
Peter Wolf: Unser erstes Kantons- und Gemeindegrenzen überschreitende Projekt war das Freiraumkonzept «Agglomerationspark Limmattal». Dieses im 2009 lancierte Vorhaben will Freiräume schaffen und sichern. Wir haben es von den Kantonen übernommen und führen es nun weiter. Bei allen weiteren Vorhaben verfolgen wir einen Bottom-Up-Ansatz: Der «Bike-Trail», geht auf die Initiative einer Einzelperson zurück. Es soll ein durchgehender, rund 100 km langer Weg für Bikes in den Hügeln des Limmattals ausgeschildert werden. Derzeit suchen wir Unterstützer zur Gründung einer «IG Biketrail Limmattal». Doch auch das Projekt «Veloschnellroute» des Kantons Zürich ist ein Projekt der Regionale. Zwischen Zürich und Baden bis nach Brugg soll eine Verbindung hauptsächlich für Pendler entstehen, die den Veloverkehr fördert.
TEC21: Im Prinzip konnte also jeder bei Ihnen eine Projektidee einreichen. Wie lief das ab?
Peter Wolf: Ja. Die Vorhaben mussten von vornherein einige Kriterien erfüllen, wurden von unserem Fachbeirat geprüft und gegebenenfalls zur Weiterbearbeitung empfohlen. Das letzte Wort, ob eine Idee weiterverfolgt wird, hatte das politische Gremium, unser Vorstand. Derzeit arbeiten wir an 29 ausgewählten Projekten. Zwölf davon haben sehr gute Fortschritte gemacht und den Status «nominiert» erreicht. Mit dieser Auszeichnung sind sie für die Ausstellung 2025 gesetzt und dürfen das Label «Ein Projekt der Regionale 2025» tragen.
TEC21: Können für die zweite Halbzeit noch Ideen eingereicht werden?
Peter Wolf: Der Button «Projekt einreichen» auf unserer Website ist noch aktiv. Allerdings muss das Vorhaben aufgrund der fortgeschrittenen Zeit zu unserem Projektumfeld und zu den definierten Schwerpunkten passen.
TEC21: Das Format ist – wie es zuletzt auch die IBA 2020 in Basel war– auf zehn Jahre ausgelegt. Reicht die Zeit um die ausgewählten Projekte umzusetzen?
Peter Wolf: Eine zeitliche Begrenzung erhöht den Druck, wirkt aber auch als Motor. Wir möchten natürlich viele Projekte auf den Weg bringen oder falls das nicht gelingt eine Form finden, damit sie im Sinne der Regionale weitergeführt werden. Sollte uns die Zeit zur Umsetzung nicht reichen, müssen Projekte evtl. wieder zu ihren Initiatoren zurückgespielt oder von einer Nachfolgeorganisation weiter betreut werden.
TEC21: Wobei unterstützt die Regionale die Initianten?
Peter Wolf: Je nach Bedürftigkeit und Projektfortschritt bei der Einreichung unterstützen wir unsere Vorhaben auf verschiedene Art. Um auf die Beispiele von vorhin zurückzukommen: Die Velo-Schnellroute, die vom Kanton fachlich bearbeitet wird, unterstützten wir hauptsächlich kommunikativ und helfen das Projekt bekannter zu machen. Dem Bike-Trail helfen wir organisatorisch bei der Aufstellung einer Trägerschaft oder suchen Finanzierungsmöglichkeiten. Wieder andere Projekte wie das erwähnte «Heimattal» unterstützten wir dabei Anträge bei Stiftungen oder Forschungsinstitutionen zu stellen.
TEC21: Hintergrund des nominierten Projekts «Korridor Sulperg_Rüsler» ist eine Verbindung der beiden Höhenzüge quer zur Limmat. Hierfür ist der Bau eines neuen Limmatstegs nötig. Der Wettbewerb wurde kürzlich entschieden. Wie sah in diesem konkreten Fall die Beteiligung der Regionale aus?
Peter Wolf: Die Regionale hat in der Vorbereitung des Wettbewerbs mitgewirkt und Inputs zum Programm gegeben. Zudem leistet die Regionale kommunikative Unterstützung für das Projekt. Beispielsweise wurde mit der von uns organisierten «Querwanderung» der Raum und dieNotwendigkeit der Limmatquerung bekannt gemacht. Mangels Brücke durften wir mit Fischerbooten über die Limmat setzen.
TEC21: Einige Projekte sind also schon in der Umsetzung, andere starten erst. Welches ist Ihr persönlicher Favorit?
Peter Wolf: Ich finde den Landschaftskorridor Hüttikerberg-Niderfeld-Sandbühl sehr interessant. Er liegt quer zur Limmat und verbindet die beiden Talseiten. Freiraumprojekte kommen in der Regionalplanung bisher gern zu kurz, sie haben aber ein grosses Potenzial als Naherholungsgebiet. Viele Limmattalerinnen und Limmattaler haben in der Corona-Pandemie ihre Nachbarschaft und die umliegenden Freiräume neu entdeckt.
TEC21: Lässt sich das Format auf andere Regionen der Schweiz übertragen? Und unter welchen Voraussetzungen?
Peter Wolf: Sicher. Im Mittelland oder anderen funktionalen Räumen, die im Wandel sind. Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) beobachtet unsere Arbeit, um das Format evtl. auch andernorts zu nutzen.
Ganz wichtig ist, dass der politische Wille stimmt und ausreichend Akteure vorhanden sind, die hinter diesem Vorgehen stehen. Ohne die Menschen im Limmattal würde es nicht gehen. Zudem muss es einen Austausch zwischen Politikern, Fachleuten und Verwaltung geben, um die Gemeinde- und Kantonsgrenzen im Limmattal zu überwinden. Die Regionale 2025 hilft mit, diese Grenzen zu lockern und die Zusammenarbeit zu fördern.
Weitere Informationen: regionale2025.ch