Pla­nungs­sek­tor schätzt wirt­schaft­li­che La­ge ver­hal­ten po­si­tiv ein

Laut den aktuellen Ergebnissen der KOF-Konjunkturumfrage vom Juli 2022 revidieren die Büros im Planungssektor die Einschätzung ihrer gegenwärtigen Geschäftslage seit der letzten Befragung nach unten. Trotzdem blicken sie positiv in die Zukunft. 

Publikationsdatum
17-08-2022

Also doch: Auch der Planungssektor schätzt nun seine wirtschaftliche Lage ohne rosarote Brille ein. Denn gemäss den Ergebnissen der Konjunkturumfragen der Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) vom Juli 2022 revidieren die Planungsbüros ihr Urteil über die gegenwärtige Geschäftslage im Vergleich zur Befragung im April nach unten. Auch die Nachfrageentwicklung in den vergangenen drei Monaten wird nun etwas verhaltener beurteilt.

Dennoch hat sich im gleichen Zeitraum die Entwicklung der Auftragsbestände und der erbrachten Leistung leicht verbessert. Die Reichweite der Auftragsbestände liegt aktuell unverändert bei 11.8 Monaten. Im Vergleich zum Vorquartal hat die Bausumme der neu abgeschlossenen Verträge zugenommen, und die Entwicklung der Ertragslage der Büros hat sich leicht verbessert.

Preiserwartungen deutlich gestiegen

Die Aussichten für die nahe Zukunft entwickeln sich im Planungssektor positiv. Im Vergleich zur Befragung im April revidieren die Büros ihre Erwartungen hinsichtlich der künftigen Geschäftslage nach oben: Aktuell rechnen knapp 13 % in den nächsten sechs Monaten mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage, 82 % mit keiner Veränderung und 6 % mit einer Verschlechterung.

Auch ihre Erwartungen für die Entwicklung der Nachfrage und der zu erbringenden Leistung in den kommenden drei Monaten hellen sich nochmals auf, allerdings nur geringfügig. Wenig überrascht, dass die Preiserwartungen im Planungssektor jüngst nochmals deutlich gestiegen sind – 13 % der Büros rechnen in den nächsten drei Monaten mit weiteren Preissteigerungen, 81 % mit stagnierenden Preisen und gut 5 % mit sinkenden. Zugleich werden die Planungsbüros optimistischer im Hinblick auf die zu erwartende Ertragslage in den kommenden drei Monaten.

Architekturbüros zurückhaltend guter Dinge

Die Architekturbüros revidieren ihr Urteil über die Geschäftslage im Juli 2022 klar nach unten. Gegenüber der letzten Befragung wird auch die Entwicklung der Nachfrage, der erbrachten Leistung und der Auftragsbestände in den vergangenen drei Monaten deutlich zurückhaltender eingeschätzt. Allerdings hellen sich die Erwartungen der Büros hinsichtlich der Entwicklung der künftigen Geschäftslage leicht auf: Gut 14 % rechnen mit einer besseren Geschäftslage in den nächsten sechs Monaten, 78 % mit einer gleichbleibenden und 7 % mit einer schlechteren.

Auch die Entwicklung der zu erbringenden Leistung in den kommenden drei Monaten wird leicht optimistischer eingeschätzt, wobei die Erwartungen für die künftige Nachfrage nahezu unverändert bleiben. Während die Preiserwartungen der Architekturbüros nun seit dem Höchststand im April erstmals wieder sinken, werden ihre Aussichten für die künftige Ertragslage optimistischer. Der Anteil der Büros, die einen Arbeitskräftemangel beklagen, erhöht sich seit der letzten Befragung auf 54 %. Gleichzeitig trüben sich die Erwartungen für den Ausbau des Personalbestands in den nächsten drei Monaten stark ein.

Aufhellende Geschäftslage bei Ingenieurbüros

Die Ingenieurbüros beurteilen ihre Geschäftslage im Juli 2022 weniger optimistisch als im April. Gleichzeitig berichten sie von einer deutlich besseren Entwicklung der Nachfrage, der erbrachten Leistung sowie der Auftragsbestände in den letzten drei Monaten als in der letzten Befragung. Die Reichweite der Auftragsbestände verlängert sich auf 11.4 Monate. Die Erwartungen der Büros im Hinblick auf die künftige Geschäftslage hellen sich auf. Im Juli rechnen 11 % mit einer besseren Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten, 84 % mit einer gleichbleibenden und lediglich 5 % mit einer schlechteren. In ihren Erwartungen für die künftige Nachfrage und die zu erbringende Leistung in den kommenden drei Monaten werden sie nur leicht verhaltener.

Die Preiserwartungen der Ingenieurbüros steigen wie bei den Architekturbüros im Vergleich zum April nochmals stark an: 14 % erwarten in den kommenden drei Monaten steigende Preise, 82 % gleichbleibende und 3% sinkende. Für den gleichen Zeitraum rechnen sie vermehrt damit, dass sich ihre Ertragslage verbessert. Auch bei den Ingenieurbüros steigt der Anteil der Büros, die einen Arbeitskräftemangel als Leistungshemmnis nennen, nochmals leicht an und ist jetzt bei 59 %.

Schweizer Wirtschaft aktuell noch stabil

Die robusten Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage widerspiegeln die wirtschaftliche Lage der Schweiz. Trotz den Krisen – Ukraine-krieg, steigende Inflation und Unsicherheit bezüglich eines kommenden Pandemie-Herbsts – bleibt die Schweizer Wirtschaft stabil. Gemäss einer KOF-Prognose vom Juni 2022 steigt das Bruttoinlandprodukt (BIP) in diesem Jahr um 2.7 % und im nächsten Jahr um 1.6 %. Verantwortlich für die stabile Lage dürfte der Inlandkonsum sein.

Allerdings gilt auch hier: Es handelt sich um eine Prognose. Wie schnell es eine Trendwende geben und die Welt plötzlich Kopf stehen kann, hat spätestens die Coronapandemie bewiesen. Sollte Europa kein Gas mehr von Russ­land bekommen, droht eine ­Rezension – auch für die Schweiz, die sich im Moment noch im Auge des Wirbelsturms befindet. Denn die Eurozone ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz.

Energie- und Lebensmittelpreise steigen

Vor allem steigende Energie- und Lebensmittelpreise, wobei Ersteres Letzteres noch verstärkt, geben Anlass zur Sorge. Und wie so oft trifft es vor allem diejenigen mit einem geringen Einkommen, weil sie nun einen grösseren Teil ihres Geldes für Nahrungsmittel ausgeben müssen. Geringverdiener werden beim Essen sparen müssen. Und Menschen werden hungern. Nicht in der Schweiz, vielleicht nicht einmal in Europa, aber zweifellos in Afrika und Asien.

Laut den Erkenntnissen des indischen Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaft und Philosophen Amartya Sen sind die zentralen Ursachen von Hunger aber meist nicht steigende oder hohe Preise für Lebensmittel, sondern unzureichende Einkommen und Schutzmechanismen für die verletzlichsten Mitglieder der Gesellschaft. Die Lösung wäre relativ einfach: Vulnerable Personen oder Gesellschaftsschichten brauchen einen besseren Schutz. Und wer denkt, dass das die Schweiz nicht betrifft, weil sie diesbezüglich ihre Haus­aufgaben gemacht hat, sollte die globalen Auswirkungen der Lieferengpässe aufgrund der Pandemie studieren. Wenn beispielsweise in China nichts mehr geht, spürt das auch die Schweiz. Die Welt ist unterdessen ein globales Dorf: Drückt beim einen der Schuh, trägt der andere mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Blasen davon.

«Krise als Chance», das klingt wie eine überstrapazierte Durchhalteparole, die schon längst ihre Wirkung verloren hat. Dennoch: Es ist der einzige Weg aus der Misere. Es braucht eine Transformation. Die Politik und die Wirtschaft müssen lernen, anders zu handeln und anders zu denken – das fängt bei der Solidarität an und führt über eine faire Lebensmittelproduktion bis zur weitestmöglich unabhängigen Produktion von sauberer Energie.

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