«Die Stim­me der Pla­nen­den ist ge­for­dert»

Die SIA-Delegiertenversammlung fand dieses Jahr am 9. Mai in Chur statt. Zum ersten Mal führte die Präsidentin Susanne Zenker durch die Versammlung. Im Gespräch blickt sie auf die DV-Entscheide zurück und ordnet ein.

Publikationsdatum
27-05-2025

Fast 70 SIA-Delegierte reisten am 9. Mai 2025 aus allen Landesteilen an ihre jährliche Versammlung. Erstmals seit ihrem Amtsantritt führte Präsidentin Susanne Zenker im Churer Grossratsgebäude durch den Anlass. In ihrer Ansprache blickte sie auf ein erfolgreiches Jahr mit zahlreichen Highlights zurück, darunter die Publikation des Merkblatts SIA 2065 Planen und Bauen in Projektallianzen sowie der Norm SIA 390/1 Klimapfad – Treibhausgasbilanz über den Lebenszyklus von Gebäuden und die Verleihungen des Masterpreises Architektur und des ersten Prix SIA. Darüber hinaus betonte sie die Verantwortung, den SIA zukunftsfähig weiterzuentwickeln.  

SIA: Frau Zenker, seit einem Jahr sind Sie im Amt. Hat sich Ihr Eindruck vom SIA bestätigt? 

Susanne Zenker: Ja, auf jeden Fall. Der SIA vereint mit seinen Mitgliedern ein immenses Fachwissen unter seinem Dach. Die Fachleute in den Gremien, in der Geschäftsstelle, die Kolleginnen und Kollegen im Vorstand, sie alle engagieren sich mit grosser Energie für unseren Verein. Es ist deshalb kein Zufall, dass wir als «der» Berufsverband im Bau- und Planungsbereich in der Schweiz wahrgenommen werden. Gleichzeitig habe ich von Anfang an gespürt, dass es Optimierungspotenzial bei der Zusammenarbeit gibt.

Welche Erkenntnis hat Sie im letzten Jahr bewegt? 

Es ist mir bewusst geworden, was für ein starkes Gewicht die Stimme des SIA hat. Es wird erwartet, dass wir zu zahlreichen Themen Stellung nehmen, die auf den ersten Blick nichts mit Planung zu tun haben. Das deckt sich mit unserer Vision: Wir wollen gemeinsam den Lebensraum nachhaltig gestalten. Und der Lebensraum betrifft die Gesellschaft. Deshalb ist es klar, dass in politischen Geschäften die Stimme der Planenden gefordert ist. Die Herausforderung dabei ist, die Vielfalt an Meinungen im SIA – wir vertreten über 16 000 Mitglieder aus unterschiedlichen Planungsdisziplinen – zu einer gemeinsamen «Stimme des SIA» zusammenzuführen. Dazu brauchen wir einen Konsolidierungsprozess, in dem wir berufsspezi­fische Überlegungen zu einer gemeinsamen Position bündeln. Damit wir in der Gesellschaft mit einer starken Haltung der Planung gehört werden.

Die Delegierten haben den SIA-Aktionsplan Klima, Energie und Ressourcen verabschiedet und sich zum Netto-Null-Ziel für die Erstellung von Bauten sowie für Bauten im Betrieb bis 2040 bekannt. Ziel des Aktionsplans ist unter anderem die schnellstmögliche Eindämmung des Tempera­tur­anstiegs. Was macht den Erfolg des Projekts aus?

Der Aktionsplan ist ein Paradebeispiel dafür, wie der SIA das Wissen aus verschiedenen Disziplinen zusammenbringt und Massnahmen definiert, damit wir gemeinsam unseren Lebensraum nachhaltiger gestalten können. Was mir besonders gefällt: Der Aktionsplan bündelt Instrumente für die Mitglieder und für die Branche, mithilfe derer sie die definierten Ziele erreichen können. Denn die Aufgabenstellung ist klar: Wir müssen die Klimaerwärmung bremsen. Aber was heisst das für die Arbeit unserer Mit­glieder? Der Aktionsplan gibt ihnen konkrete Werkzeuge für die Umsetzung und klare Argumente für die Diskussion mit den Bauherrschaften, damit langfristig ein Umdenken stattfinden kann.

Wird der SIA in Zukunft weitere Projekte mit dem Fokus auf die Interdisziplinarität umsetzen? 

Im vergangenen Jahr entwickelte der SIA in einem partizipativen Prozess eine Stossrichtung für die projektorientierte Zusammenarbeit. Diese wurde nun von den Delegierten verabschiedet. Die Idee dahinter: Wir bringen Themen noch effizienter vorwärts, wenn wir mit der gesamten Expertise im SIA auf ein gemeinsames Ziel fokussieren. Dazu arbeiten wir in Projekten mit temporären Projektorganisationen, die das gesamte benötigte Fachwissen abbilden. Dadurch kann der SIA die personellen und finanziellen Ressourcen gezielter einsetzen und die Gremien rücken näher zusammen. Alle, die sich im Milizsystem für den Verein einsetzen, müssen eine Wirkung ihres Engagements spüren. Ich bin davon überzeugt, dass wir dies mit dem eingeschlagenen Weg viel besser erreichen werden.

Der SIA hat mit Matthias Gmür, Harry Gugger und Michael Roth drei neue Mitglieder in den Vorstand gewählt. Was erwarten Sie von der neuen Zusammen­setzung?

Um in einer immer kompetitiveren Planungsbranche Erfolg zu haben, braucht es – neben den essenziellen Planungskompetenzen – betriebswirtschaftliches Denken. SIA-Mitglieder sind oft auch Unternehmerinnen und Unternehmer. Die drei neuen Vorstandsmitglieder knüpfen mit ihrer Erfahrung als Gründer, Partner beziehungsweise Mit­inhaber eines Unternehmens daran an. Zudem erwarte ich neue Impulse: Matthias Gmür ist das jüngste Mitglied im Vorstand und Harry Gugger das älteste. Somit werden wir von einer immensen Bandbreite an Erfahrungen profitieren. Entsprechend freue ich mich auf die spannende Arbeit im Vorstand. 

Mit der Publikationsfreigabe der Ordnungen SIA 142 für Wettbewerbe und SIA 143 für Studienaufträge hat der SIA ein wichtiges Revisionsprojekt erfolgreich beendet. Die Ordnungen sind ab dem 1. August gültig. Welche Relevanz haben sie für die Gesellschaft?  

Die Ordnungen zeigen Prozesse auf, wie man in einem Konkurrenzverfahren und im Diskurs zu qualitätsvollen Ergebnissen kommt. Diese Prozesse sind für die Gesellschaft wichtig, weil sie die Grundlagen für eine hohe Baukultur bilden.

Die Zentralkommission für Ordnungen (ZO) beschäftigt sich aktuell mit der LHO-Revision. Ihr neuer Präsident wurde an der DV ebenfalls gewählt. 

Über die Wahl von Clemens Blum zum ZO-Präsidenten freue ich mich sehr. Blum ist Architekt und kommt aus Lausanne. Seine Wahl ist somit auch ein Beitrag zur ausgewogenen Vertretung sämtlicher Sprachregionen in unseren Gremien. Als Mitglied der Kommission SIA 102 für Leistungen und Honorare der Architekt­innen und Architekten ist Blum bereits in die laufende LHO-Revision involviert und damit mit den Prozessen vertraut.

Im SIA sind drei Gremien für das Normenwerk zuständig …

Die Zentralkommissionen für Normen (ZN), Ordnungen (ZO) und Informationsmanagement (ZI) haben eine wichtige Rolle. Es ist mir ein Anliegen, ihre Vernetzung mit anderen zentralen SIA-Gremien durch Spitzentreffen zu institutionalisieren. Auf diese Weise erhalten wir eine bessere Übersicht über alle unsere Tätigkeiten im Normenbereich, können einzelne Projekte besser aufein­ander abstimmen, voneinander profitieren, Doppelspurigkeit vermeiden und letztlich eine stärkere Wirkung erreichen. 

Die Sektion International wird in ein Netzwerk International um­gewandelt. Weshalb? 

Die Stärke einer Sektion ist ihre lokale Verankerung: lokal nicht nur im geografischen Sinn, sondern auch in den Beziehungen zu den Stakeholdern, zu den Behörden oder den Gesetzen. 
Auf internationaler Ebene geht es aber mehr um die Vernetzung von SIA-Mitgliedern auf der ganzen Welt. Deshalb halte ich die Umwandlung in ein Netzwerk für eine sehr intelligente Entwicklung. 

Worauf freuen Sie sich in Ihrem zweiten Amtsjahr besonders? 

Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist es, den Mitgliedern Lösungen und Instrumente anzubieten, die ihren Arbeitsalltag vereinfachen. Deshalb freue ich mich auf die Umsetzung von konkreten Massnahmen wie die­jenigen im Rahmen des Aktionsplans, den Abschluss der LHO-Revision, die Publikation einer Kalkulationshilfe für die Aufwandermittlung und die Stärkung und Skalierung des Weiterbildungsangebots von SIA inForm.

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