Wär­me­ver­sor­gung: Oh­ne Ka­min, wie vor über 100 Jah­ren

Historische Bauten und dichte Zentrumszonen sind heikle Transformationsorte. Doch ein Weiler im Nordwesten Zürichs beherbergt bereits CO2-befreite ehemalige Bauernhäuser.

Publikationsdatum
10-05-2023

Das Haus «Horenstein» in Unteraffoltern hat eine besondere Geschichte. Es besass bis Ende des 19. Jahrhunderts ein Strohdach, als eines der letzten auf heutigem Stadtgebiet. Die Denkmalpflege stiess indirekt auf dieses Merkmal: Bauhistorische Aufzeichnungen wiesen auf das «Haus ohne Kamin» hin, woraus heutige Fachkreise ableiten, dass sich die damaligen Eigentümer:innen weder Feuerstelle noch Dachziegel leisten konnten. Wann dies änderte, ist nicht bekannt. Doch bis vor Kurzem erfüllte das gut 100 Jahre alte Wohnhaus die zeitgemässen Standards bei Brandschutz und Wärmekomfort.

Das Netto-Null-Ziel ist nun jedoch Auslöser für den jüngsten Anpassungsbedarf: Seit diesem Frühjahr wird das geschützte Gebäude, das zum Portfolio von Liegenschaften Stadt Zürich (LSZ) gehört, klimaschonend bewohnt. Die Ölheizung wurde durch zwei kompakte Luft-Wasser-Wärmepumpen ersetzt.

Auch das ist eine Besonderheit: Der Wechsel vom fossilen Heizsystem zur CO2-freien Anlage wird gelingen, ohne die Fassaden nachträglich zu dämmen. Und gemäss den denkmalpflegerischen Vorgaben von Grün Stadt Zürich und dem Amt für Städtebau sind die Geräte, die im Vorgarten Aussenluft ansaugen, so zu verpacken, dass weder Lärm hörbar ist noch die Zusatztechnik visuell stört.

Halbierte Betriebskosten

Die Stadt besitzt weitere Liegenschaften im peripheren Weiler, nur wenige Gehminuten von der Gubristautobahn entfernt. Die dörfliche Struktur von Unteraffoltern ist seit der Eingemeindung vor 90 Jahren praktisch unverändert geblieben. Deshalb sind die Objekte mitsamt Vorgärten und Aussenplätzen ebenso wie das Ortsbild als Ganzes geschützt. Eingriffe in die Bausubstanz werden genauso kritisch begutachtet wie zum Beispiel in der historischen Altstadt. Auch dort sind die LSZ-Verantwortlichen fleissig daran, das Heizsystem in den stadteigenen Wohnhäusern von Öl auf erneuerbare Energien umzustellen.

Andere Optionen als die Installation einer Luftwärmepumpe gab es im Weiler von Unteraffoltern kaum: Weder ist der Standort durch einen Wärmeverbund erschlossen, noch durfte das lokale Grundwasservorkommen durch Erdwärmesonden tangiert werden. Und weil Lagerplatz fehlte, kam eine Pelletheizung ebenso wenig infrage. Die Wahl fiel also auf die Wärmepumpe, was schon für sich selbst herausfordernd ist: Zum einen musste ein – visuell und akustisch – störungsfreier Installationsplatz mitten in der engen, geschützten Umgebung gefunden werden. Zum anderen waren Veränderungen an der Hülle des früheren Bauernhauses zugunsten von energetischen Massnahmen tabu.

Um die bestehenden Radiatoren weiterzuverwenden, wurde das Temperaturniveau für die Wärmeverteilung angepasst: «Die Vorlauftemperatur konnte im Vergleich zu vorher abgesenkt werden; obwohl sie weiterhin relativ hoch ist, arbeiten die Wärmepumpen effizient », bestätigt Stefan Lutz, LSZ-Projektleiter Netto-Null. Zwar sei die Planung etwas aufwendiger gewesen, um das Aussengerät gestalterisch einzubetten. Auch die Investition sei nicht unerheblich. «Doch die Energie- und Unterhaltskosten werden sich im Vergleich zur Ölheizung halbieren», so Lutz.

Dieser Artikel ist erschienen im Sonderheft «Netto null bis 2040Wie die Stadt Zürich klimaschonend bauen will».

Weitere Beiträge zum Thema finden Sie in unserem E-Dossier «Bauen für Netto Null».

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