Kraft­werk B: «plus» wur­de er­reicht

Das Mehrfamilienhaus «Kraftwerk B» in Bennau SZ wurde 2010 als vorbildliches Plusenergiehaus mit dem Schweizer Solarpreis ausgezeichnet. Mit einer zweijährigen Messkampagne im Betrieb konnte nun gezeigt werden, dass es das «Plus» an Energieerzeugung auch tatsächlich erreicht. Zudem ergaben sich wichtige Erkenntnisse für weitere Projekte.

Publikationsdatum
10-01-2013
Revision
25-10-2015

Ziel bei der Realisierung des nach Minergie-P-Eco zertifizierten Kraftwerks B war ein Bau, der in der Jahresbilanz mehr Energie in Form von Wärme und Strom erzeugt, als darin verbraucht wird. Dafür besitzt er eine Wärmedämmung von 44 cm und nutzt alle nach ­Süden gerichteten Dach- und Fassadenflächen zur Gewinnung von Sonnenenergie. Die 261 m2 grosse Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 32 kWp und die 150 m2 thermische Kollektoren sind eingebunden in ein System, das im Sommer überschüssiges Warmwasser an das Nachbargebäude ab-geben kann und Strom ins öffentliche Netz einspeist. Die Sonnenwärme kann in den 4000-Liter-Warmwasser- oder in den 24 000-Liter-Heizungsspeicher geleitet werden. Ergänzend sind die Wohnungen mit Holzfeuerungen ausgestattet. Rund 50 % der damit erzeugten Wärme werden über integrierte Wärmeabsorber zur Erwärmung der Handtuchradiatoren in den Badezimmern und zur Unterstützung der zentralen Warmwasser­bereitung verwendet.
Bei der zentralen Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung wird der abgekühlten Fortluft mit einer Wärmepumpe zusätzlich Wärme entzogen und der Bodenheizung zugeführt. Zudem nutzt man den Rücklauf der Bodenheizung, um die Zuluft nachzuwärmen. Als erwünschter Nebeneffekt erhöht sich der Wirkungsgrad der thermischen Solaranlage, da im unteren Speicherbereich kälteres Wasser verbleibt. Das integrale System des Plus­energiehauses lässt also keine Energie ungenutzt. Als die Planer in der Vorprojektphase die Gebäudeform des Kraftwerks B diskutierten, strebten sie einen optimalen Kompromiss beim Oberflächen-Volumen-Verhältnis an, um minimale Wärmeverluste einerseits und eine maximale solare Gewinnfläche andererseits zu ermöglichen. Dies ergab ­einen Quader mit einem 45 °-Schrägdach, dessen eine Längsseite gegen Südwesten der Sonne zugewandt ist.

Strom gleicht Wärme aus

Während zwei Jahren wurde das Kraftwerk B durch ein vom Bundesamt für Energie (BFE) unterstütztes Messprojekt überprüft. Dabei analysierte man die Energiebilanz und die Faktoren, die diese im bewohnten Zustand beeinflussen. Die beiden Messperioden begannen jeweils Mitte des Jahres, sodass man das gesamte Winterhalbjahr erfassen konnte. Laut Andreas Gütermann von der Amena AG in Winterthur, die das Energiekonzept erstellt und die Erfolgskontrolle durchgeführt hat, produzieren die technischen Anlagen des Gebäudes übers Jahr tatsächlich mehr Energie als benötigt. In der ersten Messperiode konnte ein Überschuss von 5000 kWh verzeichnet werden, in der zweiten noch 1000 kWh. Dabei ergab sich jeweils bei der Wärmebilanz eine leichte Unterdeckung, weil mehr Holz in den Zimmeröfen verbrannt wurde, als im Sommer in Form von Warmwasser an den Nachbarn exportiert werden konnte. Die Strombilanz der Photovoltaikanlage war hingegen stets so hoch, dass sie die Unterdeckung bei der Wärmebilanz kompensierte (Abb. 02). Allerdings war im zweiten Messjahr der Überschuss in der Strombilanz geringer als im ersten Jahr, obwohl der Ertrag der Photovoltaikanlage über den Planungswerten lag. Auf der anderen Seite stieg im zweiten Messjahr der Stromverbrauch, auch durch höhere Werte beim Verbrauch an Haushaltsstrom. Dies lässt sich nur teilweise durch die bessere Belegung der Liegenschaft erklären (69 % im ersten, 98 % im zweiten Messjahr), auch ein sorgloseres Nutzerverhalten ist dafür verantwortlich. Das Erreichen des «Plus» ist unter Einbezug des Haushaltsstroms schwierig genug, deshalb fällt es in der Regel auch klein aus. Umso leichter wird daraus ein Minus, wenn sowohl das Wetter als auch das Nutzerverhalten nachteilig sind.

Sonne für Strom und Wärme

Die Untersuchungen bestätigten grundsätzliche Gedanken zum Energiekonzept eines Plusenergiehauses. Ein Gebäudestandard wie Minergie-P ist eine wichtige Voraussetzung, zusätzlich ist es jedoch erforderlich, vollflächig Sonnenenergie zu gewinnen. Dabei kommt es auf das optimale Verhältnis von Photovoltaik und Solarkollektoren an. Reine Photovoltaiklösungen, in der Regel kombiniert mit einer Wärmepumpe und Erdwärmesonden, sind zwar relativ einfach realisierbar, nach Meinung von Andreas Gütermann aber nicht unbedingt nachhaltig: «Das öffentliche Stromnetz vollumfänglich als externen Speicher zu nutzen und mit der fluktuierenden Stromproduktion und dem Strombedarf zu belasten, verschiebt das Speicherproblem der Sonnenenergie einfach». Zumindest für die Warmwasserbereitung, die in einem Minergie-P-Mehrfamilienhaus für mehr als die Hälfte des Energiebedarfs verantwortlich ist, sollten ein thermischer Kollektor und entsprechende Speicher integriert werden. Erdwärmesondenfelder mit einer sommerlichen Regeneration durch Sonnenenergie hingegen müssten sich erst langfristig in der Praxis bewähren. Es gelte auch zu bedenken, dass Erdwärmesonden nicht überall einsetzbar sind; in Bennau konnten sie wegen Grundwasservorkommen nicht realisiert werden.
Die Platzierung der Photovoltaikmodule auf dem Dach und der Sonnenkollektoren an der Fassade erwies sich als richtig. Letztere generieren über das ganze Jahr zwar nicht die höchsten Ertragswerte, dafür stimmen Ertrag und Bedarf am besten überein: Im Winterhalbjahr, das für den Energiebedarf entscheidend ist, liefern die Südfassaden genügend Wärme, während sie im Sommer weniger unverwertbare Überschüsse ergeben.

Höherer Holzverbrauch

Bei der Wärmebilanz fällt auf, dass der Holzverbrauch in den Wohnungsöfen deutlich höher war als prognostiziert. Das liege einerseits an höheren Wärmeverlusten als geplant, so Andreas Gütermann. Auf Thermobildern erkenne man, dass die Fensterrahmen aus Vollholz Wärmebrückeneffekte aufweisen. Zum anderen heizten die Bewohner ihre Wohnungen auf 22–23 °C, während die Berechnungen nach SIA mit 20 °C durchgeführt werden. Pro 1 °C höhere Raumtemperatur werden rund 6 % mehr Wärmeenergie benötigt. Zudem entweiche mehr Wärme beim Lüften.
Als Ergänzungsheizung lassen sich verschiedene Techniken einsetzen. Die Kaminanlagen der im Kraftwerk B verwendeten Holzfeuerungen haben den Nachteil, dass sie die hochwärmegedämmte Gebäudehülle durchstossen. Dies könne laut Gütermann ein Grund sein, weshalb oft darauf verzichtet wird. Die Zufuhr der Verbrennungsluft darf ausserdem nicht aus dem Raum heraus erfolgen, damit dem Raum keine Wärme entzogen wird und auch die Druckverhältnisse konstant bleiben.
Fazit der Messungen ist, dass sich das beim Kraftwerk B gewählte Energiekonzept bewährt hat. Allerdings stellt seine Komplexität nicht nur höhere Anforderungen an Planende und Ausführende, sondern auch an den Betrieb und an die Bewohner. Mit dem umfassenden Einbezug und einer fachgerechten Schulung der Bewohnerinnen und Bewohner müssen die verschiedenen Aspekte der Bedienung des Plusenergiehauses verständlich gemacht werden.

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