So­li­de Ge­schäfts­la­ge, aber ver­hal­te­ne Aus­sich­ten im Pla­nungs­sek­tor

Die wirtschaftliche Lage im Planungssektor zeigt sich auch im vierten Quartal robust. Zu diesem Schluss kommt die KOF-Konjunkturumfrage vom Oktober 2023. Die Planungsbüros blicken aber weniger optimistisch in die Zukunft.

Publikationsdatum
16-11-2023

Das Urteil über die gegenwärtige Geschäftslage im Planungssektor bleibt gemäss den jüngsten Resultaten der KOF-Konjunkturumfrage vom Oktober 2023 optimistisch. Jedoch hat in den vergangenen drei Monaten die Entwicklung der Nachfrage, der erbrachten Leistung, des Auftragsbestands und der Ertragslage an Dynamik verloren. Derweil melden mittlerweile 24% der Planungsbüros, dass die Nachfrage ungenügend sei – in der Juli-Umfragen waren das erst 21.5%.

Positiv hingegen ist, dass in dieser Zeit die Planungsbüros die Anzahl der Beschäftigten stärker ausbauen konnten als im Quartal zuvor. Entsprechend sinkt der Anteil von Büros, die den Arbeitskräftemangel als Leistungshemmnis nennen von 60% im dritten Quartal auf 57% im vierten Quartal 2023.

Erwartungen für die nächsten sechs Monate trüben sich

Die Erwartungen der Planungsbüros sind im Vergleich zur Befragung im Juli insgesamt weniger zuversichtlich. Aktuell rechnen knapp 83% mit einer gleichbleibenden Geschäftslage in den nächsten sechs Monaten, 13% mit einer Verbesserung und 5% mit einer Verschlechterung. Mit Blick auf die künftige Entwicklung der Nachfrage, der zu erbringenden Leistung, der Beschäftigtenzahl und der Ertragslage werden die Erwartungen zusehends verhaltener. Für die Entwicklung ihrer Preise in den kommenden drei Monaten erwarten die Planungsbüros eine Verlangsamung der Anstiege. Im Oktober rechnen 81% von ihnen damit, dass ihre Preise gleichbleiben und 4%, dass sie sinken werden.

Auftragsbestände legten bei den Architekturbüros zu

Die Architekturbüros revidieren ihr Urteil über die gegenwärtige Geschäftslage im Oktober 2023 leicht nach oben. Neben einer sich aufhellenden Nachfrageentwicklung im vergangenen Quartal legten die Auftragsbestände bei den Architekturbüros ordentlich zu.

Hingegen trüben sich ihre Erwartungen im Hinblick auf die Entwicklung der Nachfrage, der zu erbringenden Leistung und der Ertragslage in den kommenden drei Monaten ein und der Anteil der Büros, welche die unzureichende Nachfrage beklagen, erhöht sich im vierten Quartal auf 35%. Indes nimmt die Zufriedenheit mit der Beschäftigtenzahl im Vergleich zur vorangehenden Befragung stark zu, jedoch liegt sie immer noch unter dem langjährigen Mittel.

Gegenwärtige Geschäftslage der Ingenieurbüros hellt sich auf

Ebenfalls hellt sich bei den Ingenieurbüros das Urteil über die gegenwärtige Geschäftslage im Oktober gegenüber der letzten Befragung nochmals leicht auf. Derweil verlor die Entwicklung der Nachfrage, des Auftragsbestands, der erbrachten Leistung und der Ertragslage in den vergangenen drei Monaten an Dynamik. Im Hinblick auf die Entwicklung der Geschäftslage in den nächsten sechs Monaten und der Nachfrage in den nächsten drei Monaten sind die Ingenieurbüros aktuell ungefähr gleich optimistisch wie im Juli. Hingegen zeigen sie sich nun weniger zuversichtlich in ihren Erwartungen für die zu erbringende Leistung, die Beschäftigtenzahl und die Ertragslage in den kommenden drei Monaten.

Trotz des jüngsten Zuwachses taxieren die Ingenieurbüros die Beschäftigtenzahl als deutlich zu tief: Im Vergleich zum dritten Quartal sinkt der Anteil von Büros, die den Mangel an Arbeitskräften als Leistungshemmnis nennen von 71% auf 69% im vierten Quartal 2023.

Lohnerwartungen der Unternehmen fallen niedriger aus

Wie so oft hebt sich das Resultat der aktuellen Konjunkturumfrage des Planungssektors gegenüber den anderen befragten Wirtschaftssektoren ab. Denn laut dem KOF-Geschäftslageindikator, der aus den aktuellen Konjunkturumfragen berechnet wird, kühlt sich die Geschäftslage bei den meisten Sektoren deutlich ab.

Allerdings fallen die Lohnerwartungen der befragten Unternehmen niedriger aus als ursprünglich gerechnet. Laut der Lohnbefragung der KOF vom Juli 2023 sind die Unternehmen von einer gesamtwirtschaftlichen Lohnerhöhung im Bereich von 2.2% ausgegangen. Im Oktober 2023 rechnen sie nun nur noch mit einem Lohnplus von durchschnittlich 1.9%.

Ob diese Entwicklung eine gute Nachricht ist, wird sich zeigen. Denn faktisch gewähren die Unternehmen lediglich einen knappen Teuerungsausgleich. Das bedeutet in anderen Worten: Bei einer erwarteten Inflation von 2.1% – KOF-Prognose zur Inflationsrate Schweiz 2024, Statista – sind die Reallöhne 2024 im Schnitt leicht rückläufig. Unter Berücksichtigung der nicht im Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) enthaltenen Krankenkassenprämien resultiert sogar ein Kaufkraftverlust für 2024.

Wobei die Energiekosten, die auf Anfang noch einmal 2024 steigen werden, nicht berücksichtigt sind. Ebenso wenig wie die Preiserhöhungen der SBB und der Post sowie die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.4% auf Anfang 2024.

Die Lust am Geldausgeben sinkt

Für ein erfolgreiches Wirtschaftswachstum muss die Produktion gesteigert und der Absatz von Waren und Dienstleistungen erhöht werden. Wenn die Löhne jedoch den steigenden Preisen hinterherhinken, sinkt die Lust am Geld ausgeben. Beispielsweise haben rund 58% der Befragten einer Studie des Gottlieb-Duttweiler-Instituts angegeben, dass ihr knappes Budget ihnen die Freude am Einkaufen nehme. Die Rechnung ist damit schnell gemacht: Weniger Geld ausgeben, ergibt einen Rückgang der Nachfrage und dieser wiederum belastet die gesamte konjunkturelle Entwicklung der Wirtschaft.

Zudem gibt es noch einen weiteren wichtigen Punkt, den es zu beachten gilt. Wie das Manager Magazin in einem Artikel vom Juni 2022 ausführte, der nichts von seiner Aktualität eigebüsst hat, ist der Kaufkraftverlust ungerecht. Er vertieft gesellschaftliche Gräben. Geringverdiener geben nämlich einen grösseren Teil ihrer Haushaltsbudgets für Lebensmittel sowie Wohnen und Energie aus, also jene Hauptgruppen des LIKs, die gegenüber dem Vorjahr die stärksten Preisanstiege verzeichnet haben. Das Risiko einer Spaltung der Gesellschaft darf deshalb nicht vernachlässigt werden.

Der Rohtext dieses Artikels stammt von der Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) und wird mit persönlichen Gedanken zum wirtschaftlichen Geschehen ergänzt von Susanne Schnell, Fachspezialistin Kommunikation/Themenmanagerin beim SIA; susanne.schnell [at] sia.ch

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