«Die Honorare müssen für beide Seiten fair sein»
Weshalb haben der Kanton und die Stadt Zürich ihre Honorierungsvorgaben für Planungsleistungen angepasst? Wir sprachen mit Wiebke Rösler Häfliger, Direktorin des Amts für Hochbauten AHB der Stadt Zürich.
Per Anfang 2025 haben das Hochbauamt HBA des Kantons Zürich und das Amt für Hochbauten AHB der Stadt Zürich ihre Honorierungsvorgaben für Planungsleistungen angepasst. Dies sorgte für wachsende Sorge in der lokalen Architekturszene, später auch für Protest auf nationaler Ebene seitens SIA und im BSA. Im April wandte sich die aus Zürcher Büros rekrutierte Arbeitsgruppe Honorare mit einem Schreiben an den Kanton und die Stadt Zürich.
Im Juni erfolgte ein Treffen, bei dem zwar keine Einigung stattfand, aber Gespräche zwischen HBA, AHB und dem SIA – der offiziell legitimierten Vertretung der Planungsbranche – in Aussicht gestellt wurden. Wir berichteten im Juli 2025 ausführlich über die Hintergründe dieser Entwicklung. Was seither geschah:
Ende August 2025 erfolgte das angekündigte Gespräch. Die Vertretungen des HBA, des AHB und des SIA einigten sich auf ein gemeinsames Vorgehen mit dem Ziel, praxistaugliche Modelle der Honorierung zu entwickeln, um Planungssicherheit und faire Rahmenbedingungen für alle zu schaffen. Sie betonten, dass die Vergütung von Planungsleistungen nicht einseitig an die Baukosten bzw. an die Bauteuerung gekoppelt sein soll, sondern den Aufwand, die Leistungen und die realen Teuerungswerte zu berücksichtigen hat – im Sinne der SIA-Plattform Aufwandermittlung und der Value app.
Wie geht es weiter? Und: Warum kam es überhaupt so weit? Wir sprachen mit Wiebke Rösler Häfliger, Direktorin des Amts für Hochbauten AHB der Stadt Zürich.
Nach der Intervention des BSA und des SIA im Frühling waren die neuen Honorierungsvorgaben im revidierten «Merkblatt zu Planungsaufträgen» des AHB und der Wegleitung «Planerhonorare und Vertragsmodelle» des HBA in der ganzen Schweiz im Gespräch. Planerinnen und Planer befürchteten ein schlechtes Vorbild für andere Auftraggeber, Honorar-Dumping und mangelnde Sorge für die Baukultur. Was halten Sie davon?
Die Praxis von Stadt und Kanton Zürich zeigt, dass wir seit jeher eine hohe Baukultur pflegen und fördern. Es ist mir wichtig, das zu betonen – und auch, dass wir als öffentliche Auftraggeber für eine faire Honorierung einstehen. Wir sind überhaupt nicht daran interessiert, die Honorare zu drücken; wir wollen ja auch eine gute Leistung von den Planungsbüros erhalten. Aber die Honorare müssen für beide Seiten fair sein.
«Die Praxis von Stadt und Kanton Zürich zeigt, dass wir seit jeher eine hohe Baukultur pflegen und fördern.»
Was waren die Gründe für die Änderungen?
Wir haben das bestehende Honorarmodell nicht geändert und auch kein neues eingeführt, sondern uns mit der Teuerung beschäftigt. Wir haben festgestellt, dass die Materialpreisteuerung – insbesondere beim Stahl, aber nicht nur dort – ab 2021 sprunghaft gestiegen ist. Und weil die Planungshonorare gemäss den SIA-Ordnungen 102–108, Ausgabe 2014, die wir bis dato immer noch anwenden, an die Baukosten gekoppelt sind, sind auch die Honorare massiv gestiegen – wegen der Bauteuerung und nicht etwa aufgrund von Mehraufwand oder mehr Leistung. Das konnten wir nicht so stehen lassen: Wir verbauen Steuergelder und müssen unsere Ausgaben gegenüber der Öffentlichkeit begründen.
In den letzten Jahren gab es aber auch eine allgemeine Teuerung und eine Lohnteuerung in den Planungsbüros.
Ja, aber nicht im gleichen Mass. Deshalb haben wir entschieden, dass wir die Bauteuerung auf das Basisjahr 2018 zurückindexieren und im Gegenzug bei den Stundenansätzen die allgemeine Teuerung und die Lohnteuerung seit 2018 berücksichtigen. Das finden wir fairer. Wir honorieren Leistungen, nicht die Bauteuerung. Die Alternative wäre gewesen, uns in Zukunft bei Projektwettbewerben die Honorare offerieren zu lassen – das war für mich ausgeschlossen, weil es eine Spirale nach unten ausgelöst hätte. Das hätten die Architektinnen und Architekten sicher auch nicht geschätzt. Die Variante, die wir gewählt haben, ist wirklich besser für beide Seiten.
«Wir honorieren Leistungen, nicht die Bauteuerung.»
Warum blieben die Honorare an die Baukosten gekoppelt? Dieses Modell steht ohnehin schon lang in der Kritik, weil es heutigen Bauaufgaben – etwa dem Weiterbauen im Bestand – nicht gerecht wird und mit falschen ökonomischen Anreizen innovative Lösungen verhindert.
Wir wollten nicht vorpreschen. Es ist nicht unsere Aufgabe, ein neues Leistungs- und Honorarmodell vorzuschlagen. Dafür ist der SIA zuständig, und wir wussten ja, dass er daran ist, eines zu entwickeln. Vielleicht ist dies mit der SIA-Plattform Aufwandentwicklung und der Value app gelungen.
Planungsverbände kritisieren, dass die Anpassung zwar grundsätzlich richtig sei, aber den steigenden Planungsaufwand – etwa aufgrund von Auflagen zu Brandschutz, Nachhaltigkeit, digitalen Prozessen etc. – zu wenig berücksichtige.
Die Komplexität der Planungsaufgabe haben wir im Schwierigkeitsgrad abgebildet. Diesen Faktor lassen wir in unseren Ausschreibungen zum Teil offen: Bei den rund 90 Planerwahlverfahren, die das Amt für Hochbauten der Stadt Zürich jährlich durchführt, können die Büros die Komplexität der Aufgabe selbst einschätzen und den Schwierigkeitsgrad entsprechend offerieren. Bei den Wettbewerben, rund zehn pro Jahr, geben wir den Schwierigkeitsgrad vor.
«Uns wird gelegentlich Behördenengineering vorgeworfen – ein hässliches Wort, über das wir reden müssen.»
Ein weiterer Einwand besagt, dass der Koordinationsaufwand zwischen verschiedenen Amtsstellen steige und die Planungsabläufe immer komplexer mache, was den Aufwand für die Planerinnen und Planer weiter erhöhe.
Uns wird gelegentlich Behördenengineering vorgeworfen – ein hässliches Wort, über das wir reden müssen. Wir sind professionelle Bauherrschaften, unser Ziel ist es, dass die Planung einfacher und günstiger abläuft. Wir reduzieren den Aufwand, indem wir die Planenden in ihrer Berufsausübung unterstützen. Eine der beiden Arbeitsgruppen, die wir – der SIA, das AHB und das HBA – zusammenstellen, wird sich gemeinsam diesem Thema der Aufwandermittlung widmen und unter anderem auch diesen Vorwurf unter die Lupe nehmen. Die zweite Arbeitsgruppe bearbeitet das Thema der Leistungsdefinition. Parallel wird die Value app breit getestet. Ich gehe davon aus, dass wir uns regelmässig treffen werden, um die Ergebnisse zu besprechen.