Gu­te Ar­chi­tek­tur als Mar­ken­zei­chen

Der «Award für Marketing + Architektur» zeichnet herausragende Projekte der Corporate Architecture aus. Bei der diesjährigen Ausführung gingen fünf von sechs Preisen nach ­Zürich, eine Trophäe blieb am Ort der Preisverleihung in Bern.

Publikationsdatum
27-11-2023

Der «Award für Marketing + Architektur» ging am 14. Sep­tem­­ber 2023 in die achte ­Runde. Die 16-köpfige Jury nominierte 16 Projekte und zeichnete «Firmen, Institutionen, Architekten und Bauherren aus, die die Architektur als Marketinginstrument hochwertig und sinnvoll einsetzen».

Dieses Jahr wurden sechs Auszeichnungen vergeben: vier Kate­gorienpreise, der Publikumspreis und der neu eingeführte Jurypreis. Erstmals gab es keinen Gesamt­sieger, wodurch die Kategorien­sieger stärker in den Vordergrund rückten. Zudem entschied die Jury, in diesem Jahr keine Projekte in der Kategorie 4 «Hotels, Restaurants, Bars» zu nominieren, da zu wenige Projekte in der gewünschten Qualität eingereicht wurden. Vier Kategorien also, fünf ausgezeichnete Projekte, ein Doppelsieg: Wir stellen alle Preisträger vor.

Leuenhof, Zürich

Bauherrschaft: Swiss Prime Site Solutions, Zürich
Architektur: Tilla Theus und Partner, Zürich
Fertigstellung: 2021


Der «Leuenhof» am Zürcher Paradeplatz ist ein 1915 erbautes Bankgebäude der Architekten Gebrüder Pfister. Wie so viele historische Bauten musste auch das denkmalgeschützte Gebäude heutigen Vorschriften angepasst werden, etwa in Bezug auf Statik und Erdbebensicherheit. Eine Verstärkung der Tragkonstruktion im Innern hätte massive Eingriffe zur Folge gehabt, Täfer und kunstvolle Stuckdecken wären zerstört worden. Stattdessen entwickelte das Architekturbüro Tilla Theus und Partner zusammen mit dem Ingenieurbüro WaltGalmarini eine skulpturale Stahlkonstruktion im Innenhof, die das Gebäude stabilisiert und gleichzeitig den Aussenraum aufwertet. Im Falle eines Erdbebens nimmt das Fachwerk die Kräfte auf und leitet sie in die massiven Tresorwände ab.

In den Obergeschossen befinden sich weiterhin Büros, während in der ehemaligen Schalter­halle hochwertige Verkaufsflächen entstanden sind. Das Projekt zeigt ein gelungenes Miteinander von Marketing und Architektur – und in diesem Fall auch Ingenieurwesen. Das Ergebnis dieser interdiszipli­nären Zusammenarbeit wurde von der Jury mit dem neu geschaffenen Jurypreis ausgezeichnet. Damit ging der Leuenhof als Doppelsieger hervor: Das gelungene Umbau- und Umnutzungsprojekt erhielt nämlich auch den Publikumspreis.

→ Der Leuenhof erhielt 2021 bereits den Building-Award. Mehr dazu im Artikel «Kom­ple­xe Auf­ga­be, un­kom­pli­ziert ge­löst»


On Labs, Zürich

Bauherrschaft: On, Zürich
Architektur: spillmann echsle architekten, Zürich
Weitere Parteien: Specific Generic, Stockholm
Fertigstellung: 2022


Die Mission der Sportmarke On lautet: Bewegung inspiriert den Geist. Räumlich erfahrbar wird diese Firmenvision im neuen «On Labs», dem Zentrum für Produktentwicklung, Design und Innovation. Das 17-­­stöck­ige Gebäude in Zürich West ist gleichzeitig der internationale Hauptsitz des Unternehmens und bietet Platz für 1000 Mitarbeitende. Für die Innengestaltung arbeiteten das Kreativteam von On, das schwedische Innenarchitekturbüro Specific Generic und spillmann echsle architekten eng zusammen. Eine intensive Auseinandersetzung mit den Werten der Marke, dem Produkt sowie den Themen Sport und Bewegung bildete die Grundlage für das Projekt.

Ein durchgängiger Trail verbindet die verschiedenen Räume, mal mit breiten Treppenläufen, mal mit steilen und schmalen Aufgängen. Architektonische Elemente wie runde Ausschnitte in Beton und Holz vermitteln ein Gefühl von Bewegung und unterstreichen die Unternehmensphilosophie. Die Raumgestaltung fördert Kreativität, soziale Interaktion und Wohlbefinden. Die Jury lobte die Umsetzung der Markenwerte, den Fokus auf die Mitarbeitenden und die gute Zusammenarbeit der beteiligten Planerinnen und Planer.


Bucherer Flagship-Store, Zürich

Bauherrschaft: Bucherer Immobilien, Luzern
Architektur: office haratori, Zürich; Office Winhov, Amsterdam
Weitere Parteien: Cristallina, Biasca; Kunstgiesserei St. Gallen; K. Winkler, Felsenau
Fertigstellung: 2019


Das 1888 gegründete Familienunternehmen Bucherer blickt auf eine lange Tradition in der Uhren- und Schmuckbranche zurück. Der Zürcher Hauptsitz an der Bahnhofstras­se wurde 1965 erbaut und ist seither kaum mehr vom Einkaufsboulevard wegzudenken. 2019 haben office ­haratori und Office Winhov aus Amsterdam das Gebäude renoviert und mit einer Marmorfassade versehen. Besonders raffiniert sind die Bezüge zur Uhren- und Schmuckindustrie: Wie eine Sonnenuhr sorgt ein geometrisches Relief aus Cristallina-Marmor für wechselnde Schattenspiele auf der Fassade. Nachts scheint Licht aus den Ritzen der unterschiedlich ausgerichteten Ebenen und erinnert an einen funkelnden Diamanten. Edle Materialien wie Bronze am Sockel des Gebäudes verleihen dem Hauptsitz einen eleganten und zeitlosen Ausdruck. Die Jury würdigte die gelungene Umgestaltung – auch in funktionaler Hinsicht: Während die unteren Verkaufsgeschosse wenig Einblick gewähren, sind die darüberliegenden Büro­räume hell und freundlich.

→ Mehr über das Projekt im Artikel «Schmuck und Sonnenuhr»


Aussichtsturm Hardwald, Dietlikon

Bauherrschaft: Anrainergemeinden Hardwald
Architektur: Luna Productions, Deitingen
Fertigstellung: 2022
Weitere Parteien: Hüsser Holzleimbau, Bremgarten


Der neue Aussichtsturm im Hardwald, einem wichtigen Nah­er­ho­lungs­­gebiet für die umliegenden Gemeinden, ist mit seiner Höhe von 41 m bereits von Weitem sichtbar. Er ist nicht nur ein neuer Anziehungspunkt für Erholungsuchende, sondern auch ein Vorzeigeobjekt für den zeitgemässen Umgang mit Holz: Das Projekt des Architekturbüros Luna Productions und der Anrainergemeinden ist zu 100 % aus Holz aus dem eigenen Wald gefertigt. ­Sieben verschiedene Holzarten wurden entsprechend ihrer Eigenschaften in die Konstruktion integriert. Die Ele­men­te sind unbehandelt und mit Ausnahme des Haupttragwerks nicht verleimt. So können sie am Ende ihrer Lebensdauer ausgetauscht und in den Wald zurückgebracht werden.

Die Konstruktion basiert auf gleichseitigen Dreiecken, die zu Rauten zusammengesetzt sind. Nähert man sich dem Turm, scheint er sich durch die schräge Anordnung der Flächen zu bewegen. Die Aussenhaut des Turms ist halb offen und wirkt je nach Standpunkt geschlossen oder durchlässig. Vier Pfähle an den Ecken reichen 20 m tief in den Boden und verankern das Bauwerk wie die Wurzeln eines Baumes. Die Jury bezeichnete das Projekt als «Gemeinschaftswerk für die Öffentlichkeit» und würdigte insbesondere das Bestreben, den Aussichtsturm als traditionsreiche Typologie weiterzuentwickeln.

→ Mehr über das Projekt im Artikel «Holz­rie­se mit Pro­fil»


Brückenkopf Bern

Bauherrschaft: Brückenkopf Bern
Architektur: Bauart Architekten und Planer, Bern
Fertigstellung: 2021


Die Geschichte des «Brückenkopf Bern» begann 1964, als das Büro­gebäude zusammen mit der Mon­bijoubrücke gebaut wurde. Das kantonale Amt für Migration und Personenstand nutzte das Gebäude 55 Jahre lang, zog dann aber aus und hinterliess zahlreiche leerstehende Büroräume. Von 2019 bis 2021 sanierten Bauart Architekten und Planer das städtebaulich markante Gebäude und führten es gleichzeitig einer neuen Nutzung zu: Es beherbergt nun 53 Kleinwohnungen, Lofts für kleine Haushalte sowie Appartements für Kurzaufenthalte. Die Umnutzung des Bürogebäudes in ein Wohnhaus leistet einen wichtigen Beitrag zur Linderung der Wohnungsknappheit und belebt das Quartier.

Die Idee entstand 2014 im Rahmen der Testplanung Gaswerk­areal Bern, einem umfassenden Entwicklungsprojekt für die In­dustriebrache. Der neue Wohnbau spielt eine wichtige Rolle als Drehscheibe des Quartiers: Er verbindet zwei Stadtebenen und legt den Grundstein für die Entwicklung des neuen Stadtteils. Ein kleines Restaurant auf Brücken­niveau sowie verschiedene Dienstleister im Sockelgeschoss ergänzen das viel­fältige Wohnangebot. Die Bauherrschaft erkannte damit das Po­ten­zial, das über eine reine Sanierung hinausgeht.

→ Mehr über das Projekt im Artikel «Zu Hause in zwei Welten»

Award für Marketing + Architektur 2023

 

Leuenhof, Zürich
Publikumspreis und Jurypreis


On Labs, Zürich
Kategorie 1: «Headquarters, Büro- und Geschäftshäuser»


Bucherer Flagship-Store, Zürich
Kategorie 2: «Läden, Flagship-Stores»


Aussichtsturm Hardwald, Dietlikon
Kategorie 3: «Publikumsbauten»


Brückenkopf Bern
Kategorie 5: «Standortentwicklung, Transformationsprojekte»


Jury
Judit Solt (Präsidentin), René Eugster (Vizepräsident), Frank Bodin, Christof Glaus, Markus Gut, Balz Halter, Tristan Kobler, Anna Kohler, David Marquardt, Anika Müller, Nina Müller, Basil Rogger, Oliver Schmuki, Daniel Schneider, Barbara Sintzel, Pat Tanner

Mehr Informationen zum Preis, zur Jury und zu den Projekten unter www.marketingarchitektur.ch

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