Ei­ne Trou­vail­le in Holz

Neubau «Haus T», Spital Münsterlingen: selektiver Gesamt­leistungswettbewerb

Für die psychiatrische Klinik des Kantonsspitals Münsterlingen wurde ausdrücklich ein Holzbau gefordert. Das siegreiche Projekt der Architekten Scheitlin Syfrig formt den modernen und urbanen Holzbau sowohl nach aussen wie nach innen sichtbar.

Publikationsdatum
03-09-2020

Die Ausschreibung für den ­Gesamtleistungswettbewerb zum Neubau «Haus T» des Kantonsspitals Münsterlingen (Kanton Thurgau, Bezirk Kreuzlingen) war detailliert und anspruchsvoll. Das in Bezug zum Spital peripher gelegene Gelände der nicht mehr benötigten und nun rückgebauten Alten Pathologie wurde von der Bauherrschaft thurmed Immobilien als ideal für den Neubau der psychiatrischen Klinik eingeschätzt.

Das vorgegebene Raumprogramm umfasste drei psychiatrische Pflegestationen mit einer Kapazität von maximal je 20 Betten in Zweier- und Einerzimmern. Eine flexible Nutzung war ausdrücklich verlangt. Sie soll ohne grössere Umbauten auch Stationen anderer Fachgebiete wie Akutpsychiatrie und Ähnliches zulassen. Ein separat zugänglicher «Raumcluster» soll die nicht so oft beanspruchten Räumen für Therapie oder Besprechungen flexibel nutzbar machen. Weil eine Mischung der verschiedenen Patientengruppen ungünstig ist, sind die Stationen baulich voneinander zu trennen und mit separaten Zugängen zu versehen.

Für dieses Bauvorhaben verlangte die Ausschreibung einen modernen, urbanen Holzbau, der den ortsbaulichen Kontext respektiert und mit ökologischer Bauweise zu einer geringen Belastung für die Umwelt in Erstellung und Betrieb führt. Auch sei ein gutes thermisches Verhalten verbunden mit Behaglichkeit und optimaler Raumluftqualität an­zustreben. Erschlossen wird der Neubau von der angrenzenden Klosterstrasse, für Fussgänger zudem vom seitlich verlaufenden Spitalweg her.

Gesamtleistungswettbewerb mit klaren Vorgaben

Sechs Arbeiten wurden für den Wettbewerb eingegeben und zur ­Beurteilung zugelassen. Das Preisgericht beurteilte die Projekte gesamtheitlich gemäss den Kriterien Ortsbau, Architektur, Aussenraum; Konzept, Identität und architektonischer Ausdruck des Gebäudes; Holzbau; Struktur, Konzept, Materialisierung; Funktionalität (Betriebliche Abläufe, innere Organi­sation, Gebrauchswert der Anlage); Wirtschaftlichkeit in Erstellung, Unterhalt und Betrieb; Nachhaltigkeit bei Erstellung und Betrieb.

In einer ersten Beurteilungsrunde wurden drei Projekte ausgeschieden. Die drei verbliebenen Projekte wurden im Plenum erneut diskutiert. Das Angebot des Teams 04 erhielt einstimmig den Zuschlag und die Empfehlung zur Weiterbearbeitung durch die Jury.

Ein ausgeklügelter Entwurf

Gemeinsam mit der Alten Prosektur und dem Gemeindehaus bildet der vorgeschlagene Neubau der psychiatrischen Klinik ein Ensemble am westlichen Rand des Spitalareals. Auf ein Sockelgeschoss in Massivbauweise gesetzt, stehen drei feingliedrig gestaltete Geschosse in Holzbauweise. Es handelt sich um ein gleichseitiges, kompaktes Volumen mit vier auskragenden Partien, je gegenüberliegend einmal schmal und einmal breiter. So entsteht ein hofartiger Aussenraum als begrünter Vorplatz.

Die über die drei Holzstockwerke reichenden Auskragungen gruppieren auch die Räume im Innern auf betrieblich sinnvolle und räumlich übersichtliche Weise. Die Patientenzimmer sind nach Südosten und Nordwesten ausgerichtet. Durch einen klug geplanten Versatz der Nasszellen lassen sich doppelt belegte Zimmer mit einem Vorhang in zwei gleiche Hälften teilen. Auch die aussen liegenden Wohnbereiche versprechen einen angenehmen Aufenthalt für die Patienten. Die Projektverfassenden schlagen zudem vor, die Alte Prosektur als Holzwerkstatt für die Patienten einzurichten und zu nutzen.

Das Preisgericht bezeichnet den Entwurf als ausgeklügelt und in allen Belangen überzeugend. Die Patienten dürften sich in diesen Räumen wohl fühlen, das Personal verfügt über eine optimale betriebliche Struktur, und der Bau insgesamt distanziert sich von den bestehenden Spitalgebäuden und wirkt mit seinen hohen französischen Fenstern wohnlich.

Präsente Holzkonstruktion

Die Holzkonstruktion dieses Projekts ist von aussen wie von innen sichtbar geplant. Die statische Primärstruktur aus Stützen und Unterzügen ist omnipräsent und prägt vor allem auch die grossen Räume des Gebäudes. Aufgesetzt ist diese dreigeschossige Holzkonstruktion auf ein massives Sockelgeschoss im Par­terre, darunter befindet sich die Tiefgarage. Zwei massive Treppenhauskerne erschliessen die Stockwerke und dienen der Stabilisierung.

Die sichtbar bleibenden Balkenlagen machen die Holzkonstruktion zum räumlich bestimmenden Element in den Zimmern und Aufenthaltsräumen. Kombiniert mit einem Überbeton wird die Balkenlage zu einem Verbundbauteil, das schall- und brandschutztechnische Anforderungen erfüllt. Die ebenfalls mit Holz gestalteten Fassaden weisen Kreuzlattungen als Füllungen auf und prägen mit ihrer ornamentalen Wirkung das Gesamtbild.

Die bereits in der Wettbewerbsausschreibung geforderte Holzkonstruktion und die somit gegebene frühe Zusammenarbeit von Architekten und Ingenieuren ist eine erfreuliche Tatsache und dürfte bezüglich der Planungs­­­prozesse, der Ausführung und der damit verbundenen Termine und Kosten durchaus positive Auswirkungen haben. Vor allem aber wird so ein Stück unverwechselbare ­Architektur mit eigenständigem Charakter geschaffen.

Pläne und Jurybericht zum Wettbewerb finden sich auf competitions.espazium.ch

Empfehlung zur Weiterbearbeitung

Team 04
Frutiger Generalunternehmung, Gümligen; Scheitlin Syfrig Architekten, Luzern; Lauber Inge­nieure, Luzern; Amstein + Walthert Luzern, Horw; Brücker + Ernst, Luzern

Weitere Teilnehmende

Team 01
Raumwerk, Amriswil; Gäumann Lüdi von der Ropp Architekten, Zürich; Krattiger Engineering, Happerswil; Anderes-Näf, Kreuzlingen; 3-Plan Haustechnik, Kreuzlingen; Brandschutz Konzepte, Rickenbach b. Wil; Braune Roth, Rorschacherberg
Team 02
Schaerholzbau, Altbüron; Blum und Grossenbacher Architekten, Langen­thal; Mathys Gloggner, Huttwil; Häusler Ingenieure, Langenthal;
Frey Electric, Triengen
Team 03
Krattiger Holzbau, Amriswil; Innoraum, Frauenfeld; Krattiger Engineering, Happerswil; Edwin Keller + Partner, Frauenfeld; Gerevini Ingenieurbüro, St.Gallen; etb Elektroplanung, Ingenieurbüro für Elektrotechnik, Amriswil
Team 05
Hürzeler Holzbau, Magden; Pool Architekten, Zürich; Pirmin Jung Schweiz, Thun; ZPF Ingenieure, Basel; s3, Dübendorf; Elektrowerk, Amriswil; Bakus Bauphysik & Akustik, Zürich
Team 06
Renggli, Sursee; Burkhalter Sumi Architekten, Zürich; Pirmin Jung Schweiz, Rain; KFB Pfister, Olten; Markus Stolz + Partner, Luzern; Wey + Partner, Sursee

FachJury

Markus Bolt, Architekt, Winterthur; Erol Doguoglu, Architekt, Kantonsbaumeister Kanton Thurgau; Eva Keller, Architektin, Herisau; Peter Makiol, Holzbau-Ingenieur, Beinwil am See; Martin Widmer (Ersatz), Architekt, St. Gallen

SachJury

Dr. Marc Kohler (Vorsitz), CEO Spital Thurgau AG; Michael Lehmann, Pflegedirektor Psychiatrische Dienste Thurgau; Stephan Kunz, Verwaltungsdirektor Psychiatrische Dienste Thurgau; Alfons Eder, Geschäftsleiter thurmed Immobilien; PD Dr. Gerhard Dammann (Ersatz), Spitaldirektor Psychiatrische Dienste Thurgau

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