Ei­ne Me­tro­li­nie für Lu­ga­no

Lugano wird eine neue Tramlinie, die TramTreno, erhalten. Dazu soll die bestehende Privatbahn Ferrovia Lugano Ponte Tresa FLP verlängert werden. Bis anhin führt diese in einer Art Zickzacklinie aus dem westlichen Teil der Luganeser Agglomeration von Ponte Tresa via Caslano, Agno und Bioggio zum Bahnhof SBB in Lugano, der hoch über der Stadt liegt.

Publikationsdatum
19-12-2023

Wer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Lugano ankommt, befindet sich zwar an einem Ort mit prächtigem Blick über die Stadt und den See, aber auch weit weg vom Stadtzentrum. Daran soll sich mittelfristig jedoch vieles ändern, unter dem Bahnhof wird eine Art Metrostation entstehen. Von da aus wird das Tram weiter ins Stadtzentrum geführt. Das ist in der Tat ein Quantensprung im öV-Netz der Stadt, wo bis anhin der Privatverkehr und einige Buslinien dominieren.

Die Linie, TramTreno genannt, wird also einerseits verlängert, anderseits aber auch begradigt, denn ab Bioggio soll das TramTreno in einen 2.2 km langen Tunnel verlegt werden. In Bioggio kommt eine Park & Ride-Anlage mit 200 Plätzen hinzu. Ein neuer Zweig der Linie führt von Bioggio nach Manno.

Langfristiges Projekt mit nachhaltiger Wirkung

Eine erste Machbarkeitsstudie wurde im Jahr 2005 erstellt. Der Grosse Rat des Kantons Tessin sprach 2009 einen Kredit von 2 Mio. Franken zur Grobprojektierung. 2012 nahm die Regierung das Projekt prioritär ins Paket zur Entwicklung des Luganeser Regionalverkehrs (PAL2) auf. In einem nächsten Schritt unterbreitete die Tessiner Regierung 2014 das Paket der zuständigen Stelle in Bern. 2015 erteilte Bern grünes Licht im Rahmen von PAL2.

Das waren gute Nachrichten, was die Finanzierung betrifft, denn die Eidgenossenschaft beteiligt sich daran. 2017 unterbreitete das Tessiner Departement für Raumplanung den Behörden in Bern das definitive Projekt, um das Genehmigungsverfahren im Rahmen des Gesetzes zu den Eisenbahnen (Lferr) auf den Weg zu bringen, worauf das Bundesamt für Verkehr (BAF) diesen Prozess einleitete.

127 Einsprachen gegen das Projekt gingen ein. Im Juni 2018 sprach der Grosse Rat eine erste Tranche von 63 Mio. Franken zur Realisierung der ersten Etappe des Projekts und setzte den Kreditrahmen für diese erste Phase auf ca. 400 Mio. Franken. Die Regierung in Bern genehmigte die Finanzierung im Rahmen des nationalen Eisenbahnnetzes PROSSIF 2030/35. 2019 folgte auch das Eidgenössische Parlament mit der Genehmigung des Projekts. 2020 wurde das neue revidierte Projekt publiziert. Allfällige Rekurse mussten ans Eidgenössische Verwaltungsgericht oder ans Bundesgericht weitergezogen werden. 2023/2024 werden die ersten Enteignungsverfahren eingeleitet, so dass man ab 2024/25 mit der Projektierung loslegen kann. Die auf ca. acht Jahre veranschlagten Bauarbeiten sollten ab 2025/26 beginnen, so dass rund ums Jahr 2035 die neue Verkehrsinfrastruktur den Betrieb aufnehmen kann.

Unter Tessiner Leitung

Die Regierung hat bereits im April 2022 die Ausführung der ersten Bauetappe des neuen Netzes des Luganeser TramTreno dem Consortium Collega-TI unter der Leitung von Lombardi SA Ingegneri Consulenti in Giubiasco übertragen. Damit ist für die Realisierung ein Tessiner Unternehmen federführend. Die neue, für den Bau verantwortliche Gesellschaft, eine Tochter der FLP, wird RTTL (Rete tram-treno del Luganese) heissen.

Man geht davon aus, dass sich die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer des TramTreno von heute 7500 Personen pro Tag auf 20'000 erhöhen wird. Auch die Frequenz der Fahrten wird den neuen Bedürfnissen angepasst: So wird in Zukunft, wie man es aus Zürich, Basel, Bern oder Genf seit Langem kennt, zwischen Bioggio und Lugano alle fünf Minuten bzw. zwischen Ponte Tresa und Lugano alle zehn Minuten ein Tram verkehren. Momentan fahren sie wochentags im 15-Minuten-Takt. Auch wenn das Projekt noch nicht realisiert ist, verkehren auf der bestehenden Linie seit 2021 die neuen Zug- bzw. Tramkombinationen, die von Stadler produziert worden sind. Es handelt sich dabei um jene Niederflurtrams, die auch in anderen Schweizer Städten im Einsatz sind und sich bewährt haben.

Die Region rückt zusammen

Nach Abschluss der Arbeiten wird man von Bioggio aus in sieben Minuten Luganos Zentrum erreichen, bis anhin benötigte man dazu 22 Minuten. Von Agno aus reduziert sich die Reise von 26 Minuten auf 13, von Manno von 34 auf 13 und von Ponte Tresa an der Grenze zu Italien von 35 auf 24 Minuten. Luganos Zentrum rückt wesentlich näher.

Es bleibt die Frage im Raum, ob die Bevölkerung der stark zersiedelten Agglomeration tatsächlich auf den öV umsteigen wird, denn der Siedlungsteppich geht weit über das Gebiet unmittelbar an der Linienführung hinaus. Es ist zu hoffen, dass dank des Park & Ride-Angebots auch jene Leute auf den öV umsteigen, die weniger nah an einer Haltestelle leben. Bei diesem Punkt geht es jedoch nicht nur um die vorhandene Infrastruktur. Hier braucht es ein aktives Umdenken und eine Anpassung der Gewohnheiten.

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