«Ein gu­tes Um­feld ist ent­schei­dend»

Nach zehn erfolgreichen Jahren tritt Stefan Cadosch im Frühjahr 2021 als SIA-Präsident zurück. Im Interview erzählt er, was ihn während seiner Amtszeit am meisten berührt hat und wie er damit ­umgeht, von fremden Menschen erkannt zu werden.

Publikationsdatum
08-07-2020

SIA: Stefan Cadosch, nach fast zehn Jahren legen Sie Ihr Mandat als SIA-Präsident nieder. Warum?

Stefan Cadosch: Ein solches Amt übt man idealerweise sechs bis acht Jahre lang aus. Der SIA hat eine sehr komplexe Struktur. Man braucht daher eine gewisse Einarbeitungszeit, um sämtliche Bereiche kennenzulernen. Danach kann man Ideen kreieren und sie umsetzen. Mit zehn Jahren bin ich schon über der idealen Amtsdauer – es ist also höchste Zeit zu gehen (lacht).

Drei Gründe, weshalb es sich lohnt, SIA-Präsidentin oder -Präsident zu werden?

Das Netzwerk – ich habe interessante Persönlichkeiten kennengelernt, von der Bundesrätin über helle Köpfe in Forschung und Wirtschaft bis zum Bauherrn oder Einzelmitglied. Der Gestaltungsspielraum: Zusammen mit dem Vorstand und dem Netzwerk des SIA kann man viel bewegen, findet Gehör in der Politik und in der Bauwirtschaft. Die tägliche Weiterbildung: Der Lerneffekt beim Versuch, dem Amt gerecht zu werden, ist enorm. Die Themen sind dank unseren rund 18 Berufsfeldern breit gefasst und haben eine solche Tiefe, dass man so gut wie keine repetitiven Aufgaben ausführt.

Welche Aufgaben hat die Präsidentin oder der Präsident?

Die wichtigste Aufgabe ist die strategische Ausrichtung des SIA: Wohin geht die Reise? Was sind die Rahmenbedingungen und die Ziele? Ein zweiter Punkt ist die Repräsentation in Politik und Wirtschaft. Die Präsidentin oder der Präsident ist das Gesicht des SIA und zuständig für die Interessenvertretung des Vereins. Ausserdem gewährleistet sie oder er den Zusammenhalt und den Austausch zwischen den Gremien.

Als SIA-Präsident waren und sind Sie eine Person des öffentlichen Interesses. Wie gehen Sie damit um?

Es war am Anfang irritierend, von fremden Menschen erkannt zu werden. Aber es ist ein Lernprozess. Und ich bin nicht ein Bundesrat oder ein Roger Federer: Ich kann ungestört auswärts einen Kaffee trinken. Es bleibt also genügend Raum für die Privatsphäre.

Das Mandat entspricht einer 50 %-Stelle. Wie haben Sie das mit Ihrem Job als Mitinhaber eines Architekturbüros unter einen Hut gebracht?

Es ist wichtig, mit einem Bein in der Praxis zu bleiben, damit ich die Anliegen unserer Mitglieder spüre. Wenn es im Architekturbüro hektisch ist, gilt das sicher genau dann auch für den SIA. Deshalb sind ein gutes Umfeld, Verständnis der Mitarbeitenden, Zusammenarbeit und vorausschauendes Agendasetting entscheidend.

Was war Ihr schönstes Erlebnis als SIA-Präsident?

Besonders war für mich die erste politische Kampagne in der jüngeren Geschichte des SIA: Mit dem «Ja» zur Revision des Raumplanungsgesetzes konnten wir 2013 einen Erfolg feiern, obwohl wir als Lehrlinge auf der nationalen politischen Bühne standen. Besondere Momente sind die Ver­gaben der Ehrenmitgliedschaften – zu sehen, wie stolz die neuen SIA-­Ehrenmitglieder sind, ist berührend.

Welche Aufgaben und Herausforderungen werden den SIA in den nächsten Jahren beschäftigen?

Zum einen ist das die Veränderung unserer Berufsfelder mit den neuen digitalen Planungs- und Produktionsmethoden auf den Baustellen. Zum anderen sind das Klima- und Energiefragen, die der SIA schon seit Jahren auf der Agenda hat. Aber wir werden uns noch viel stärker damit beschäftigen müssen. Drittens ist die Raumplanung zu nennen. Stichwort: qualitätvolle Verdichtung. Und nicht zuletzt die Baukultur, die immer wieder einen schweren Stand in den politischen Spar­debatten hat.

SIA-Präsidentin oder -Präsident gesucht! www.sia.ch/de/der-sia/vakanzenstellen

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