Ein Fluss aus Holz
Umwidmung Birsig-Parkplatz Basel; Studienauftrag im selektiven Verfahren
Durch die Aufhebung der Parkplätze auf dem Birsig-Parkplatz im Zentrum von Basel entsteht die Chance, den Ort zu transformieren. Das Siegerteam schlägt einfache Holzpavillons vor und ergänzt sie durch ein Aussenraumkonzept.
Im Zentrum von Basel, zwischen der belebten Fussgängerzone in der Steinenvorstadt und der Verkehrsachse Steinentorstrasse, befindet sich der Birsig-Parkplatz. Der Name stammt vom Birsig, einem Nebenfluss des Rheins, der unter dem Platz hindurchfliesst. Heute liegen hier mehr als 60 kostenpflichtige oberirdische Parkplätze und der Aussenraum von elf Restaurants und Bars.
Nachdem die kantonale Volksinitiative «Öffnung des Birsig – eine Rivietta für Basel» von 2008 2011 vom Grossen Rat abgelehnt wurde, entschied man sich im Gegenzug dazu, ein Varianzverfahren für eine Neugestaltung durchzuführen, sobald die Parkplätze auf dem Birsig-Parkplatz aufgrund anderweitiger Kompensationsmöglichkeiten aufgehoben werden können.
Klärung für den Birsig-Parkplatz
Heute gleicht der Birsig-Parkplatz eher einem unübersichtlichen Wirrwarr aus sich überschneidenden Verkehrsflächen und Arealen der Boulevardgastronomie. Die vielen Autos – fahrend und parkend – stehen in Konkurrenz zum Fuss- und Veloverkehr, und der gesamte Hinterhof ist schlecht beleuchtet, verwinkelt und unübersichtlich. Die Grundvoraussetzungen zu einer positiven Entwicklung sind jedoch durch die Zentrumslage und die vielseitigen Nutzungsangebote der Umgebung gewährleistet. Zudem ermöglicht der Entscheid von 2018 für die Erstellung des neuen «Parkings Kunstmuseum Basel» ab 2022 eine Aufhebung der Parkplätze auf dem Birsig-Parkplatz. Eine komplette Gesamterneuerung beziehungsweise Umgestaltung erfolgt allerdings erst, wenn die Beläge und Leitungen sanierungsbedürftig sind, was nach heutigem Kenntnisstand frühestens in 15 Jahren der Fall sein wird.
Um den Birsig-Parkplatz bis dahin in einen Raum des sozialen Austauschs und der Begegnung, des Aufenthalts und des Flanierens zu transformieren, hat die Stadt Basel den Studienauftrag mit Präqualifikation ausgelobt. Damit will sie Klarheit darüber gewinnen, welche gestalterisch-inszenatorischen Konzepte und Mittel nötig sind, um die Aufenthaltsqualitäten am Ort zu steigern, und durch welche Massnahmen unterschiedliche Aktivitäten bei Tag und Nacht und im Laufe der Jahreszeiten angeboten werden können.
Von den Teilnehmenden des Studienauftrags wurden Lösungen verlangt, die das Aneignen und gemeinschaftliche Bespielen der Stadtnische ermöglichen und zu jeder Tages- und Jahreszeit Aufenthaltsqualitäten bieten. Auch sollten sie sich vom Nutzungsspektrum der angrenzenden Steinenvorstadt unterscheiden. Die Stadt Basel begrüsste überraschende Vorschläge ausdrücklich. Es stand den Teilnehmenden offen, das Element Wasser für die Umwidmung aufzugreifen, da es bei einer späteren Umgestaltung eine zentrale Rolle einnehmen soll. Bei Konzeptvorschlägen mit verschiedenen Akteurinnen verlangte die Ausloberin, das Rollenverständnis aufzuzeigen (Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Teams, des Kantons als Auslober, der Nutzerinnen, Anrainerinnen usw.). Bei der Wahl eines partizipativen Entwicklungsprozesses sollten die Projektteams diesen detailliert beschreiben und die Kostenfolgen aufzeigen.
Das Beurteilungsgremium empfahl mehrheitlich (9 : 2 Stimmen), das Team XM Architekten mit Studio Vulkan Landschaftsarchitektur und Paweł Althamer mit dem Beratermandat zur Begleitung der Ausarbeitung und zur gestalterischen Bauleitung der ausgewählten Umwidmung zu beauftragen.
Mehr Dichte für mehr Aufenthaltsqualität
Das Projektteam reagiert auf die geringe Aufenthaltsqualität und den Hinterhofcharakter des heutigen Birsig-Parkplatzes mit einem radikalen Konzept und schlägt einen dichten städtischen Raum mit verschiedenen Innen- und Aussenraumnutzungen vor. Hauptmassnahme sind einfache Holzpavillons, die in linearer Abfolge über dem Birsig aufgestellt werden und den unterirdischen Flusslauf nachzeichnen. In Anlehnung an die traditionellen Gewerbenutzungen in Innenhöfen stehen die neuen Pavillons für verschiedene Dienstleistende und öffentliche Nutzungen zur Verfügung. Im nördlichen Bereich des Birsig-Parkplatzes werden zudem Pergolen und vertikale Anbauten entlang der Fassaden vorgeschlagen. Hinzu kommen die Begrünung des Areals durch Pionierpflanzen sowie die charakterliche Veränderung der versiegelten Bodenfläche. Das Beurteilungsgremium ist beeindruckt von der starken Vision des Projekts «Birsig Garten Basel». Mit gezielten Eingriffen in menschlichem Massstab wird ein attraktiver, grossstädtisch wirkender Raum geschaffen, der dem Arbeiten, der Erholung und dem sozialen Austausch dient und unabhängig von Tages- oder Jahreszeiten eine breite Öffentlichkeit anziehen kann.
Pläne und Jurybericht zum Wettbewerb finden Sie auf competitions.espazium.ch
Empfehlung zur Weiterbearbeitung
XM Architekten, Basel; Studio Vulkan Landschaftsarchitektur, Zürich; Paweł Althamer, Warschau, Polen; Kasburg Siemon Ingenieure, Riehen
Weitere Teilnehmende
Atelier für Architektologie (Nachwuchsteam); Bravo Ricky; Bellprat Partner; Bryum; Groenlandbasel Architektur und Ausstellungen; Standke Architekten; Cabane Partner, Urbane Strategien & Entwicklung; Hübschergestaltet, unabhängige Lichtgestalter; Donet Schäfer Reimer Architekten (Nachwuchsteam); USUS Landschaftsarchitektur; GXM Architekten; iProgettisti; Studio di progettazione Area 52; ZMIK; Westpol Landschaftsarchitektur, Katharina Anna Wieser
SachJury
Beat Aeberhard (Vorsitz), Kantonsbaumeister, Basel-Stadt; Daniel Arni, Leiter Allmendverwaltung, Tiefbauamt, Basel-Stadt; Mathias F. Böhm, Geschäftsführer Pro Innerstadt Basel; Urs Preisig, Vorstand Quartierverein «Lääbe in der Innerstadt», Basel; Corinna Ruppli, Stv. Geschäftsführerin tibits Basel; Andreas Tereh, Volksinitiative «Öffnung des Birsig – eine Rivietta für Basel»
FachJury
Sonja Feldmeier, Künstlerin, Basel; Bernadette Fülscher, Architektin, Szenografietheoretikerin, Biel/Bienne; Andrea Hofmann, Architektin, raumlaborberlin, Berlin; Raphael Höglhammer, Szenograf, EMYL Szenografie, Basel; Adrian Ulrich, Landschaftsarchitekt, Szenograf, Goldrand, Zürich