Die Ge­schäfts­la­ge im Pla­nungs­sek­tor bleibt sta­bil

Laut den Ergebnissen der KOF-Konjunkturumfrage vom April 2022 schätzen die Planungsbüros ihre Geschäftslage seit der Befragung im letzten Januar unverändert ein. Das Resultat verblüfft – offenbar hat das allgemeine wirtschaftliche Unbehagen den Planungssektor noch nicht erreicht.

Es ist wieder einmal so weit: Die Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) hat ihre vierteljährliche Pulsmessung veröffentlicht, die Einschätzungen über aktuelle und künftigen Tendenzen im Planungssektor liefert. Das Resultat lautet zusammengefasst; die Planungsbüros befinden sich in einer stabilen wirtschaftliche Situation.

Denn gemäss den Ergebnissen der KOF-Konjunkturumfrage vom April 2022 hat sich das Urteil über die aktuelle Geschäftslage im Planungssektor seit der Befragung im Januar nicht verändert. Die Nachfrage und die erbrachte Leistung entwickelten sich zudem in den vergangenen drei Monaten günstig. Die Auftragsbestände wurden im ersten Quartal leicht ausgeweitet, und ihre Reichweite stieg um 0.2 Monate auf 11.8 Monate.

Auch die Erwartungen hinsichtlich der künftigen Geschäftslage bleiben im Planungssektor unverändert: 10 % der befragten Büros erwarten eine Verbesserung in den nächsten sechs Monaten, 85 % keine Veränderung und 5 % eine Verschlechterung. Im Vergleich zur Befragung im letzten Januar sind sie aber zuversichtlicher für die künftige Nachfrage und die zu erbringende Leistung in den kommenden drei Monaten.

Ihre Preiserwartungen ziehen erneut deutlich an. In den nächsten drei Monaten rechnen 8 % der Planungsbüros mit steigenden Preisen, 85 % mit gleichbleibenden und 4 % mit sinkenden. Gleichzeitig werden die Büros hinsichtlich der zu erwartenden Ertragslage skeptischer. 10 % von ihnen rechnen in den nächsten drei Monaten mit einer verbesserten Ertragslage, 81 % erwarten keine Veränderung und 8 % eine Verschlechterung.

Architekturbüros: positive Entwicklung

Im Vergleich zur Befragung im Januar sind die Architekturbüros im April 2022 etwas zurückhaltender in ihrem Urteil über die aktuelle Geschäftslage. Dennoch berichten sie, dass sich die Nachfrage, die erbrachte Leistung und der Auftragsbestand in den vergangenen drei Monaten positiv entwickelt haben. Zudem revidieren die Büros ihre Erwartungen hinsichtlich der künftigen Geschäftslageentwicklung nach oben. 12 % der Architekturbüros erwarten in den kommenden sechs Monaten eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, 85 % keine Veränderung und lediglich 5 % eine Verschlechterung.

Ebenfalls hellen sich ihre Erwartungen für die Nachfrage und die zu erbringende Leistung in den nächsten drei Monaten auf. Auch die erwartete Preisentwicklung bewegt sich bei den Architekturbüros nochmals nach oben: Aktuell rechnen 8 % der Büros mit steigenden Preisen in den nächsten drei Monaten, 87 % mit gleichbleibenden und 5 % mit sinkenden. Dahingegen trüben sich ihre Erwartungen für die Ertragslage in den kommenden drei Monaten ein.

Allerdings ist seit der Befragung im Januar der Anteil der Büros, die den Arbeitskräftemangel als Leistungshemmnis beklagen, sprunghaft von 45 % auf 51 % gestiegen. Vor dem Hintergrund des akzentuierten Arbeitskräftemangels rechnen nun deutlich mehr Büros mit einem Beschäftigungsaufbau in den kommenden Monaten als zu Beginn des Jahres.

Ingenieurbüros: Arbeitskräftemangel als Leistungshemmnis

Die Ingenieurbüros beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage aktuell günstiger als noch im Januar. Zudem haben sich die Nachfrage und die erbrachte Leistung in den vergangenen drei Monaten positiv entwickelt. Ihre Erwartungen für die künftige Geschäftslage verändern sich kaum: 9 % der Büros erwarten in den nächsten sechs Monaten eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, 86 % keine Veränderung und 5 % eine Verschlechterung. Hinsichtlich der Nachfrage, der zu erbringenden Leistung und ihrer Ertragslage in den kommenden drei Monaten werden sie aber leicht optimistischer. Zudem revidieren sie ihre Preiserwartungen für die nächsten drei Monate weiter nach oben. Jüngst rechnen 12 % von ihnen mit einer Preissteigerung, 84 % mit gleichbleibenden Preisen und 6 % mit sinkenden.

Obwohl 58 % der Ingenieurbüros berichten, dass der Arbeitskräftemangel ihre Leistungsfähigkeit einschränkt (Januar 2022: 55 %), sind sie nun insgesamt weniger zuversichtlich für den erwarteten Personalaufbau in den kommenden drei Monaten als zu Beginn des Jahres.

Wirtschaftliche Erholung gebremst

Während der Planungssektor seine wirtschaftliche Lage als stabil einschätzt, kann die allgemeine Wirtschaftslage, euphemistisch ausgedrückt, als eher unruhig bezeichnet werden. Es sind einige Faktoren, die in ihren Auswirkungen zu einer schwer abzuschätzenden Entwicklung führen. Grundsätzlich nimmt die Schweizer Wirtschaft nach der Pandemie wieder an Fahrt auf. Das ist die gute Nachricht. Die weniger gute ist, dass steigende Zinsen, die Inflation, explodierende Rohstoff- und Energiepreise sowie Lieferengpässe an diesem Aufschwung sägen – wobei diese Faktoren sich gegenseitig beeinflussen.

Stagflation kein unrealistisches Szenario

Die Teuerung in der Schweiz beträgt aktuell 2.4 %, in Deutschland 7.3 % und in den USA 8.5 %. Das sind Werte, die seit Jahren nicht mehr erreicht worden sind – wobei sich die Schweiz mit 2.4% immer noch in einem tiefen Bereich bewegt. Um die Inflationsrate zu senken, hat die US-Notenbank Federal Reserve (FED) Anfang Mai die Leitzinsen zum zweiten Mal erhöht. Die europäische Zentralbank (EZB) dürfte Ende Jahr folgen und mit einer gewissen Verzögerung auch die Schweizerische Nationalbank (SNB). Allerdings ist dieser Schritt nicht ohne Risiko: Er hilft zwar die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum.

Und nicht zu vergessen: Die hohen Inflationsraten sind auch Folgen von Lieferengpässen während der Pandemie und der stark gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise wegen des Ukraine-Kriegs und den damit verbundenen Sanktionen. Das heisst in anderen Worten, dem aktuell wichtigsten Treiber der Inflation, den hohen Rohstoff- und Energiepreisen, kann mit dieser Massnahme nicht begegnet werden, solange der Ukraine-Krieg anhält und weitere Sanktionen ausgesprochen werden. Damit ist eine Stagflation – das Zusammentreffen einer hohen Inflation und einer anhaltenden Stagnation der wirtschaftlichen Aktivität – ein nicht mehr unrealistisches Szenario.

Steigende Rohstoff- und Energiepreise verteuern Baumaterial

Zudem haben die gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise und Lieferengpässe auch ganz praktische Auswirkungen auf die Baubranche: Es mangelt an Material und wenn dieses vorhanden ist, sind die Kosten dafür stark gestiegen. Ein Beispiel dafür ist Stahl. Aufgrund des Ukraine-Kriegs kommt es zu erheblichen Lieferengpässen: Sei es, weil Stahlwerke in der Ukraine geschlossen worden sind oder Russland wegen den Sanktionen nicht liefern darf. Dieser klassische Angebots-Nachfrage-Umstand – wenn die Nachfrage grösser ist als das Angebot, steigt der Preis – ist einer der Preistreiber.

Ein weiterer Grund sind die exorbitant gestiegenen Energiepreise. Denn gerade das Gas ist in der Stahlproduktion ein elementarer Faktor – beispielsweise aber auch in der Herstellung von Aluminium, Dachziegeln und Backsteinen. In einem Worst-Case-Szenario könnten die dadurch entstehenden Mehrkosten von Bauherrschaften nicht getragen werden, was zu Bauverzögerungen und -abbrüchen führen könnte und wiederum die Baubranche in Bedrängnis bringen würde.

Global denken und handeln – und das Lokale nicht ausser Acht lassen

Wie weiter? In einer Welt mit wechselseitigen Abhängigkeiten und Problemen, die an keiner Grenze haltmachen, müssen die (wirtschaftlichen) Probleme sowohl global wie lokal gelöst werden – und da spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Pandemie, um einen Krieg, der einen direkten Einfluss auf die Weltwirtschaft hat und daneben auch noch eine Hungerkrise in Afrika auslöst, oder um den Klimawandel handelt. Kocht jeder sein Süppchen, ist das der Anfang vom Ende. Ein erster lokaler Ansatz könnte ein Massnahme-Paket des Bundes gegen die steigenden Energiepreise sein, wie es einige europäische Länder bereits beschlossen haben. Derweil will der Bundesrat im Moment die Entwicklung nur genau beobachten, mithilfe einer Arbeitsgruppe, die er ins Leben gerufen hat.   

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