Ate­lier Bow-Wow

In der ETH Zürich Zentrum läuft zurzeit die sehenswerte Ausstellung des Atelier Bow-Wow. Sie präsentiert neben wissenschaftlichen Studien und gebauten Werken eine Installa­tion der japanischen Architekten.

Publikationsdatum
19-03-2013
Revision
25-10-2015
Alexander Felix
Dipl.-Ing. Arch. TUM; Mitglied des Stiftungsrats Architektur Dialoge, Basel

Nicht erst seit seiner Teilnahme an der Architekturbiennale 2010 zählt das Atelier Bow-Wow zu den bekannten japanischen Büros der Gegenwart. Die Arbeiten der Architekten Yoshiharu Tsukamoto und Momoyo Kaijima zeichnen sich durch eine umfassende und tiefgreifende Analyse der japanischen Grossstadt aus. Über 40 Wohnhäuser, öffentliche Bauten und zahlreiche Installationen haben die beiden bisher realisiert. Daneben bilden ihre städtebaulichen Analysen und theoretischen Schriften einen Schwerpunkt der Ausstellung in der ETH Zürich.

Die Werkschau im ETH-Hauptgebäude gliedert sich in zwei Teile. Während in den umlaufenden Fluren Schaukästen die Arbeiten auf Plänen, Bildern, Postern und grossen Tafeln vorstellen, haben die Architekten die Semper’sche Haupthalle, die im Hochschulalltag als Durchgangsraum wenig Aufmerksamkeit erfährt, als Ort der Begegnung und des Austauschs gestaltet: Möbel, deren Nutzung den Besuchern überlassen bleibt, bevölkern die offene Halle. Dieser Aspekt des Sich-Einlassens auf Situationen, Orte, der bewusste Umgang mit dem Vorgefundenden ist es, was die Arbeiten von Atelier Bow-Wow auszeichnet. So nutzen die Architekten sogenannte Gap-Spaces – schmale Lücken zwischen der Bebauung, die aufgrund der in Tokio vorgeschriebenen Grenzabstände entstehen. Beim Moca House (1999) schiebt sich etwa die um den Baukörper gelegte Aussentreppe in diesen Zwischenraum. 

Yoshikaru Tsukamoto und Momoyo Kaijima entwickeln ihre Lösungsansätze aus den gegebenen Rahmenbedingungen und beziehen dabei die Bedürfnisse der Bewohner – das können manchmal auch Tiere oder Pflanzen sein – mit ein. Es geht ihnen dabei vor allem um das Wahrnehmen und Nutzen des Raums. Dabei laden gerade ungewöhnliche Lösungen dazu ein, sich bewusst mit einer Situation auseinanderzusetzen. Zum Beispiel beim 2004 realisierten House of Weeds in Mito: Ein leerstehendes Haus, das wie bereits einige andere zuvor zugunsten von Parkplätzen abgerissen werden sollte, bepflanzten die Architekten, um die Bewohner auf diesen schleichenden Prozess aufmerksam zu machen. 

Die Ausstellung ist thematisch gegliedert und präsentiert so die unterschiedlichen Ansätze, die Tsukamotos und Kaijimas Schaffen prägen. Dass den beiden Architekten die sozialen Aspekte ihrer Arbeiten wichtig ist, zeigen eindrucksvoll die «Public Drawings». Seit 2010 stellt Atelier Bow-Wow Studien oder Projekte im öffentlichen Raum auf grossen Tafeln in der Tradition klassischer Panoramen dar. Die Zeichnungen entstehen in einem kollektiven Prozess; mehrere Personen arbeiten gleichzeitig an einer Zeichnung, die so kontinuierlich wächst. Auch das Core House – ein kostengünstiges Modellhaus für die Stadt Ishinomaki, die 2011 vom Tsunami stark betroffen war – spiegelt diesen Anspruch wider, Architektur immer auch in ihrer sozialen Dimension zu denken. 

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