Ar­chi­tek­tur und Au­to: Nicht nur ei­ne Lie­bes­be­zie­hung

Publikationsdatum
10-02-2023

Auf einer später sehr berühmt gewordenen Doppelseite der Zeitschrift «Esprit Nouveau» konfrontierte Le Corbusier 1921 antike Tempel mit Autos und damit die Schwere der Architektur und ihrer Tektonik mit der Dynamik des neuen Gefährts. Zahlreiche Architekten der Avantgarde waren fasziniert vom Auto, das so augenscheinlich ein Streben in die Zukunft verkörperte. Resultat waren «automophile» Architekturen: zu Rampen geglättete Erschliessungswege, aber auch abgerundete Gebäudekanten mit Gesimsen, die wie Rallyestreifen wirkten.

Mit der Massenmotorisierung der Nachkriegszeit bekam diese Euphorie erste Rückschläge. Staus und Parkplatzprobleme erforderten nun umgekehrt die Hilfe der Architektur, um den Verkehrsfluss zu garantieren: (Stadt-)Autobahnen und Parkhäuser kamen auf. Infolge der Ölkrise 1973, aber auch einer breiteren Perspektive auf die Umwelt generell begann zumindest die Architekturtheorie, sich gegen das Auto zu wenden. Nicht zufällig orientierte sich die postmoderne Architektursprache an einem Formenvokabular aus dem Zeitalter vor dem Auto, und klötzchenhafte Bauten zelebrierten nun wieder bewusst, wenn auch oft ironisch gebrochen, das Lasten.

Zeitgleich begann im Strassenbau die Ära der Verkehrsberuhigung. Was blieb, war das Auto, und das heisst architektonisch vor allem: Parkplätze, sei es im öffentlichen Raum oder in Garagen und Parkhäusern. Nur wenige Kommunen – wie Berlin – haben entschiedene planerische und rechtliche Konsequenzen gezogen: Hier wurde die Stellplatzverordnung schon 1997 reduziert auf den Nachweis von wenigen Parkplätzen für gehbehinderte Menschen und Fahrrad­abstellplätze, deren Zahl in mehrmaligen Novellierungen auf mittlerweile einen Veloplatz pro Wohnung bis 50 Quadratmeter und ganze vier für eine Wohnung über 100 Quadratmeter gestiegen ist. Ähnliches gilt in Hamburg seit 2013. In der Stadt Zürich schwankt die Zahl der vorgeschriebenen PW-Stellplätze nach Lage eines Gebäudes, so sind in der Innenstadt weniger Parkplätze vorgeschrieben und erlaubt als in Randgebieten.

Weitere Beiträge zum Thema «Architektur und Auto» finden Sie in unserem gleichnamigen Dossier.

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