Neue Bäu­me für die «Ches­te­ne­weid»

Kastanienbäume wachsen nicht nur auf der Alpensüdseite. Auch an einigen Orten auf der Alpennordseite existierte früher eine Kastanienkultur –etwa am Walen-, Zuger- und Vierwaldstättersee oder auch im Wallis.

Publikationsdatum
23-04-2015
Revision
07-10-2015

Die Kastanien oder «Chestene» waren Teil der Ernährung. In einer Kastanienselve stehen Fruchtbäume in lockeren Abständen auf einer landwirtschaftlich genutzten Wiese. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden einige wenige Kastanienselven rund um den Vierwaldstättersee noch bewirtschaftet und gepflegt. Danach gerieten sie in Vergessenheit, und die offenen Fruchthaine verwilderten immer mehr. Die Kastanienkultur wieder zu beleben ist das Ziel der Interessengemeinschaft Pro Kastanie Zentralschweiz.

Die grösste und eine der schönsten Kastanienselven in der Zentralschweiz befindet sich zwischen Weggis und Vitznau – die Chesteneweid. Sie ist grösstenteils im Besitz der Korporation Weggis. Grosses Interesse an den nahrhaften Früchten bestand während des Zweiten Weltkriegs. «1955 versteigerte die Korporation zum letzten Mal die Rechte am Sammeln der Kastanien in der Chestene­weid», sagt Josef Waldis, der Präsident der Interessengemeinschaft Pro Kastanie Zentralschweiz und pensionierter Förster von Weggis. 1956 fielen viele Kastanienbäume einem starken Frost zum Opfer. Das Ereignis besiegelte das Ende der Versteigerungen. 

Freier Blick auf den Vierwaldstättersee

Die Interessengemeinschaft engagiert sich seit 15 Jahren für die Wiederherstellung eingewachsener Kastanienselven. Allein in der Chesteneweid fanden die beiden Forstingenieure Andreas Rudow und Patricio Borter über 150 alte eingewachsene Kastanienbäume. Bei mehr als der Hälfte der Bäume führten Baumpfleger Kronenschnitte durch; auf einem grossen Teil der Fläche entfernte man zudem viele Bäume und den Unterwuchs. Die Selve erhielt ihr ursprüngliches Gesicht zurück. Dank der offenen Struktur sieht man heute auch wieder auf den See. Die Chesteneweid wandelte sich zu einem attraktiven Abschnitt des ­Rigi-Chestenewegs, der von Küssnacht nach Gersau führt. 

Die Restaurierung der Selve beinhaltete auch die Pflanzung zahlreicher junger, veredelter Kastanienbäume. Der Fonds Landschaft Schweiz, aber auch andere Stiftungen, die Zentralschweizer Kantone und Gemeinden sowie Land­besitzer unterstützten die Wiederherstellung von 14 Kastanienhainen in der Zentralschweiz. Die ersten Pflegemassnahmen in der Chesteneweid konnten über das Schutzwaldpflegeprojekt finanziert werden.

Vorübergehendes Pflanzverbot

Ein Problem ist der Kastanienrindenkrebs, der durch einen ursprünglichen aus Asien stammenden Pilz verursacht wird. Die Krankheit tritt seit 1986 auch auf der Alpennordseite und in der Chesteneweid in einer ziemlich aggressiven Form auf; eben mussten zwei Bäume ­gefällt werden. 2010 war leider ein ­weiterer Rückschlag zu verzeichnen: In Walch­wil ZG entdeckte der Forstdienst Kastanienbäume, die durch die Kasta­niengallwespe befallen waren. Dieses ursprünglich aus China stammende Insekt befällt die Knospen der Kastanienbäume. Um die weitere Ausbreitung des Schädlings zu verhindern, erliess der Bund im Umkreis von 15 km ein Verbot, Kastanienbäumchen zu verschieben und neu zu pflanzen. Die Chesteneweid in Weggis fiel in diesen Perimeter. 

Inzwischen hat die Kastaniengallwespe weitere Gebiete auf der Alpennordseite erreicht, sodass es nicht mehr sinnvoll ist, ein Pflanzverbot aufrechtzuerhalten. Im Herbst 2014 wurde es aufgehoben. Bei der Interessen­gemeinschaft Pro Kastanie Zentralschweiz atmet man auf. So wurden in den letzten Monaten in den 14 Kasta­nienhainen bereits wieder rund 120 ­junge Kastanienbäume gepflanzt. 

 

Magazine

Verwandte Beiträge