Stadt aus Holz – Räu­me vom Flies­sband für in­no­va­ti­ve In­ve­sto­ren

Der Holzbau setzt intensiv auf standardisierte und industrielle Systembauweisen. Dar­aus können je nach Funktion und Grösse eines Baus viel­fältige Synergien entstehen.

Data di pubblicazione
20-11-2019

In der Baubranche ist es üblich, Gebäude als Unikate zu planen und zu erstellen. In anderen Branchen wie der Automobilproduktion oder dem Schiffbau haben industrielle, effiziente Prozesse längst die Einzelfertigung abgelöst. Dabei wird ein komplexes Gesamtsystem auf Basis eines ­Baukastenprinzips aus genau definierten, standardisierten Bauteilen zusammengefügt, anstatt jedes Objekt von Neuem als Unikat zu betrachten.

Dieser Ansatz ist nicht neu. Zu den berühmten Vorreitern der industriellen Produktion zählt nicht nur Henry Ford mit seinem Model T, sondern auch Pio­nierprojekte aus der Baubranche. So ­entwickelte bereits 1833 der englische Zimmermann Herbert Manning mit dem «Portable Colonial Cottage for Emi­grants» einen Hausbausatz, der aus England in die britische Kolonie nach Aus­tralien verschifft wurde. In ­Melbourne steht ein solches Haus noch heute. 1908 stellte der Amerikaner Thomas Edison sein «Single Pour Concrete House» vor.

Er wollte mittels einer Guss­eisenform ein komplettes Haus mit Wänden, Decken, Treppen und Inneneinrichtung seriell produzieren. Doch aufgrund der hohen Kosten der Gusseisenform setzte sich die Idee trotz mehrfacher Tests nicht durch. 1931 entwickelten in Deutschland der ­Architekt Robert Krafft und der In­genieur Friedrich Förster das «Kupferhaus», ein Fertighaussystem in Tafel­bauweise aus Kupfer, Aluminium und Holzrahmen. Kurze Zeit später leitete Walter Gropius das Projekt. Nicht nur für Wohn-, sondern auch für Büro- und Verwaltungs­gebäude sowie für Schulen und Kindergärten wurden modulare Ansätze entwickelt.

Das modulare Bauen schöpft die Poten­ziale der industriellen Vorfertigung mit einfachen, effizienten Montageprozessen im Sinn der «lean construction» aus, woraus sich folgende Vorteile ergeben:

  • Kosteneinsparung durch Standardisierung und Nutzung der Potenziale der digitalen Planung und der industriellen Produktion;
  • höhere Qualität durch kontrollierte Produktionsbedingungen, weniger Improvisation und weniger Mängel auf der Baustelle;
  • frühere Ertragseingänge durch kürzere Bauzeit;
  • frühe Kosten- und Terminsicherheit.

Bauen mit Raumzellen

Holzbau setzt intensiv auf standardisierte industrielle Systembauweise. Dabei reicht die Palette von der Standardisierung linearer Bauteile (Block-, Fachwerk-, Ständer-, Skelettbau) über flächige Elemente für Wände und Decken bis hin zur Vorfertigung löffelfertig ausgebauter Raumzellen.

Vorgefertigte Raumzellen eignen sich aufgrund ihrer Reproduzierbarkeit besonders für Gebäude mit vielen iden­ti­schen Nutzungseinheiten wie Studentenheime, Asylzentren, Wohnhäuser mit Kleinwohnungen und Verwaltungsgebäude mit Büroräumen. Werden an verschiedenen Standorten ähnliche Gebäude errichtet, dann sind objektübergreifende Skaleneffekte erzielbar.

Das Einsatzspektrum der Raumzellenbauweise ist enorm (Tabelle 1). Es reicht von temporären Bauten für Zwischennutzungen, die nachein­ander an verschiedenen Standorten eingesetzt werden, bis zu konventionellen ­Gebäuden mit langfristiger Nutzung. Ebenso eignen sich Raumzellen für die Aufstockung bestehender Gebäude, da die Bauzeit vor Ort und damit die Emis­sionen und Störungen minimiert werden.

Nutzungsflexibilität und Umnutzbarkeit sind durch zusammengelegte Module möglich, müssen aber von Anfang an eingeplant werden. Auch ein Grundriss mit einem festen, orthogonalen Modulraster ermöglicht durch das Aneinanderreihen und Stapeln der Module eine individuelle, kreative Gestaltung innerhalb gewisser Grenzen. Massgebend für die maximalen Abmessungen der Raummodule ist deren Transportfähigkeit. Als vorteilhaft erweist sich bei der Raum­zellenbauweise, dass schnell ein Wetterschutz erreicht ist. Nachteilig ist der Hohlraum, der mit jeder Raumzelle transportiert wird. Vorgefertigte Wände und Decken sind effizienter transportierbar, erfordern dann aber auf der Baustelle eine wettergeschützte Montagezeit.

Gestärktes ökologisches Bewusstsein

Angesichts des zunehmenden ökologischen Bewusstseins der Bevölkerung, das sich beispielsweise in den Klimastreiks äussert, ist davon auszugehen, dass die ökologischen Vorteile des Bauens mit Holz an Bedeutung gewinnen. Die CO₂-Bilanzierung von Gebäuden rückt in den Fokus des Interesses. Institutio­nelle Investoren beschäftigen sich zu­nehmend mit der CO₂-Performance ihrer Portfolios und erarbeiten Strategien, um die Ziele des Schweizer CO₂-Absenkpfads zu erreichen. Dabei spielen der Ersatz fossiler Heizstoffe und die Verbesserung der Gebäudehülle eine wichtige Rolle, aber auch die Reduktion der im Gebäude gebundenen grauen Energie.

Sowohl im Hinblick auf die Dämmung der Hülle als auch auf die graue Energie bringt Holz dank reduzierter CO₂-Emissionen Vorteile. Zudem bietet der Holzbau ein Differenzierungsmerkmal bei der Vermarktung für Ziel­gruppen, die Wert auf nachhaltige, CO₂-­emissionsarme Gebäude legen.

In den letzten zehn Jahren hat sich der Marktanteil bei Mehrfamilienhäusern aus Holz fast verdreifacht. Im 2. Halbjahr 2008 lag er bei 1.6 %, aktuell liegt er bei 4.7 %. Zwar ist Holzbau bei Mehrfamilienhäusern immer noch ein Nischenprodukt, dennoch ist die rasante Entwicklung beachtlich und wird sich vermutlich fortsetzen.

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Dieser Artikel ist erschienen im Sonderheft «Stadt aus Holz – Module, Elemente, Partizipation, BIM und Provisorien». Weitere Artikel zum Thema Holz finden Sie in unserem digitalen Dossier.

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