Prin­zip Got­thard an der Do­nau

Die Instandsetzung der knapp 50-jährigen VOEST-Brücke in Linz erforderte den vorgängigen Bau von zwei Bypassbrücken. Nach demselben Typus konstruiert, fügen sie sich unmittelbar neben der Ursprungsbrücke ein und ordnen sich ihr in der Grösse unter.

Date de publication
26-04-2021

Mit der Volksabstimmung zur Sanierung des Gotthard-Strassentunnels im Jahr 2016 fand hierzulande eine neue Vorgehensweise bei der Instandsetzung wichtiger Verkehrsnadelöhre breite Akzeptanz. Gut 57 % der Stimmbevölkerung hiessen damals den Bau eines neuen, gegenüber der alten Infrastruktur redundanten Tunnels gut, damit an dem ursprünglichen Bauwerk gearbeitet werden kann.

Beispiele für die Instandsetzung solch neuralgischer Verkehrswege finden sich allerdings nicht nur unter Tage, sondern auch im Alpen­vorland. Die VOEST-Brücke in Linz aus dem Jahr 1972 ist eine von drei Stras­senbrücken in der oberösterreichischen Landeshauptstadt und gleichzeitig die älteste Schrägseilbrücke Österreichs. Rund 100 000 Fahrzeuge passieren täglich diesen Abschnitt, eine Sanierung unter ­laufendem Verkehr oder mit einer Umfahrung auf Alternativ­routen ist daher praktisch unmöglich.

Die ­österreichische Autobahnen- und Schnellstrassen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (Asfinag) schrieb deshalb nach Prüfung der Möglichkeit einer Brückenverbreiterung im Jahr 2014 einen offenen, einstufigen Wettbewerb für zwei neue Brücken aus. Diese zwischenzeitlich fertiggestellten Brücken sollen den Verkehr während des anstehenden Sanierungsvorhabens aufnehmen und anschliessend als Bypass die ursprüngliche Autobahnbrücke vom Innenstadtverkehr entlasten.

Hybrid, multifunktional und harmonisch

Die beiden neuen Bauwerke überspannen die Donau mit einer Länge von je gut 400 m – teilweise wie ihre dazwischen liegende Ahnin als Schrägseil-Stahlbrücke. In der nordwestlichen Fluss- und Ufervorzone sind sie dagegen als Spann- respektive Stahlbetonbrücken konstruiert. Neben der verkehrlichen Entlastung und Neulenkung werden sie dereinst auch Fussgängern und Radfahrenden eine ansprechendere Fluss­querung bieten; bislang wurde der Langsamverkehr direkt neben der Autobahn A7 geführt, getrennt nur durch eine Leitplanke.

Die Pylonen der beiden neuen Brücken sind gegenüber jenem der VOEST-Brücke um ein Feld südöstlich versetzt und mit rund 36 m etwas mehr als halb so hoch. Trotz ihres Gewichts von 100 t wirken sie leicht und bilden zusammen mit dem Pylonen der Ursprungsbrücke ein harmonisches Ensemble. Auf je vier Pfeilern ruhend, überqueren die Bypassbrücken in der grössten Flussspannweite eine Strecke von gut 130 m. An sie schliessen die in bis zu drei Richtungen verlaufenden Vorlandbrücken an. Das Freibord für die Schifffahrt beträgt 8 m gegenüber einem 100-jährigen Hochwasser.

Imposant und herausfordernd

Der als Schrägseilbrücke konstruierte Abschnitt der Bypässe beginnt beim südöstlichen Widerlager und umfasst eine Länge von total 220 m. Die Brückenquerschnitte bestehen in diesem Bereich aus zweizeiligen und beidseits auskragenden Stahlhohlkästen mit einer Breite von gut 17 m und einer Bauhöhe von minimal 3.5 m. Der Abstand gegenüber der VOEST-Brücke beträgt 6 m. Die Fahrbahnkonstruktionen sind beidseits der rechteckigen Pylonen an je zwei parallel in derselben Achse geführten Spannseile angehängt. Die Hüllrohre beinhalten pro Abspannung 91 Drahtseile; in beiden Brücken sind total knapp 1.5 km Spannseile mit einem Gesamtgewicht von gut 230 t verbaut.

Die Übergänge der Stahlbauweise zur Stahlbetonbauweise auf Höhe des Pylonen der VOEST-Brücke sind aufgrund der grauen Farbgebung des Stahlbauabschnitts kaum erkennbar. Das Betontragwerk der Hauptbrücken ist ebenfalls als Hohlkastenquerschnitt ausgeführt, die Querschnittsgeometrien sind nahtlos aufeinander abgestimmt.

Auch das Bauverfahren beeindruckt. Die Pylonen wurden in nur zwei Teilen angeliefert, mittels Kran versetzt und verschweisst. Für die Flusspfeiler wurden in Spundwandkästen 25 Bohrpfähle auf bis zu 14 m abgeteuft und im Schnitt pro Pfeiler 600 m3 Beton und 55 t Stahl verbaut. Per Tieflader gelangten die Stahlelemente des Brückenquerschnitts an einen Vormontageplatz, bevor sie zu 100 m langen und bis zu 1500 t schweren Tragwerksteilen zusammengesetzt, auf schwimmenden Plattformen zu den Pfeilern eingeschwommen, dort mit Press­türmen gehoben und auf den Lagern abgesetzt wurden. Dank der gewählten Konstruktionsweise und einem störungsfreien Bauablauf betrug die Bauzeit für die beiden Brücken lediglich zweieinhalb Jahre.

Mehr Sicherheit und weniger Stau

Die nun ab 2022 vorgesehene Sanierung der VOEST-Brücke dient nicht nur ihrer Erhaltung. Die neuen By­pässe entflechten den Lokal- vom Durchgangsverkehr und erhöhen mit je zwei Spuren pro Richtung die Kapazität. Als Nebeneffekt ermög­lichen sie so die Markierung eines Pannenstreifens auf der VOEST-­Brücke.

Am Bau Beteiligte

 

Bauherrschaft und Projektleitung
Asfinag Bau Management GmbH, Wien


Architektur
Solid architecture ZT GmbH, Wien


Tragwerksplanung
RWT Plus ZT GmbH, Wien;
Bernard Gruppe ZT GmbH, Wien


Örtliche Bauaufsicht
Tecton Consult Baumanagement ZT GmbH, Wien


Bauunternehmen
ARGE A7 Voestbrücke HBM
c/o Swietelsky AG, Linz;
Granit Gesellschaft m.b.H., Graz

 

Facts & Figures


Gesamtkosten / Baukosten
200 Mio. / 170 Mio. Euro


Abmessungen
Gesamtlänge 420 m (eine Brücke)
Grösste Spannweite 134 m
Querschnittsbreite 17.15 m
Querschnittsbreite min. 3.5 m Breite


Tonnage Stahlbau
7800 t


Fertigstellung
Sommer 2020

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