Schüt­zen und hei­len

Projektwettbewerb Ersatzneubau Haus Wegman, Klinik Arlesheim

Die anthroposophische Klinik in Arlesheim BL will sich modernisieren und aus den vielen Bauten auf dem Areal einen Campus schaffen. Das Siegerprojekt der ARGE Metron/kopvol verbindet die Vorstellung einer «heilenden Architektur» mit funktionellen Anforderungen.

Date de publication
25-10-2018
Revision
25-10-2018

Die 1921 gegründete Klinik Arlesheim war seinerzeit die erste anthroposophische Klinik weltweit. Das Areal umfasst neben dem Hauptbau einige kleinere, den Klinikbetrieb ergänzende Gebäude, das denkmalgeschützte «Ita Wegman Haus» von 1924 sowie Wohnhäuser, die sich gestalterisch am nahe gelegenen Goetheanum orientieren. Diese Bauten liegen eingebettet in eine Parklandschaft auf einer An­höhe westlich des Ortskerns.

Nun möchte die Klinik das Hauptgebäude und einen Teil der bestehenden Liegenschaften ersetzen. Gleichzeitig soll aus dem Neubau, dem verbleibenden Bestand, dem gegenüberliegenden Haus Lukas und dem angrenzenden Pfeffingerhof ein  Campus entstehen. Die Klinik wünscht sich – im Einklang mit den Idealen der Anthroposophie – einen modernen Spitalbau, der sich in die Parklandschaft integriert, aber auch das Potenzial für mögliche Weiterentwicklungen aufweist. Um den Betrieb während der Bauphase aufrechtzuerhalten, darf das Hauptgebäude erst nach der Erstellung des Ersatzneubaus abgebrochen werden.

Für den einstufigen Projektwettbewerb im selektiven Verfahren mit Präqualifikation wählte die Jury dreizehn Planergemeinschaften inklusive zweier Nachwuchsteams aus, gebildet aus Architekten, Landschaftsarchitekten, HLKSE-Inge­nieuren und Spitalplanern. Die eingereichten Projekte könnten nicht unterschiedlicher sein: vom techno­iden Krankenhausbau bis zum surrealistischen anthroposophischen Architekturansatz war alles dabei. Zwei Projekte liess die Jury in einer optionalen Bereinigungsstufe überarbeiten.

Architektur und Psychologie

Das zur Weiterbearbeitung empfohlene Projekt «Schmetterling» vom Team der ARGE Metron Architekten, Brugg, und kopvol, Rotterdam, überzeugte die Jury mit seinem architekturpsychologischen Ansatz und den für den Betrieb vorbildlich organisierten Grundrissen. Das dreigeschossige Gebäude gliedert sich in drei überlagernde Baukörper mit Innenhöfen. Die Grossform vereint alle Funktionen unter einem Dach und teilt den Park in zwei Zonen. Die gut strukturierte Park- und Gartenlandschaft verspricht einen hohen therapeutischen Nutzen, gleichzeitig können hier Heilpflanzen für die hauseigenen Pharmazeutika angebaut werden.

Ein Versatz in der Fassade markiert zusammen mit grossflächigen Verglasungen den Eingangsbereich. Auf dem Eingangsniveau passt sich der Baukörper der Topografie an und erlaubt eine unkomplizierte Zufahrt für Taxi- und Patiententransporte. Ein zweigeschossiger Luftraum in der Cafeteria orientiert sich zum Park, die skulpturale Treppe verbindet die Eingangshalle mit den Behandlungsräumen. Offene Sichtachsen und ein klares Erschliessungskonzept erleichtern die Orien­tierung innen und aussen.

Im ersten und zweiten Obergeschoss befinden sich Therapieräume, die Tagesklinik und die ambulante Onkologie. Im obersten Geschoss liegt die stationäre Abteilung mit 36 Einzelzimmern, die bei Bedarf zu Doppelzimmern umfunktioniert werden können. Ein sogenanntes Floating schafft fliessende Übergänge zwischen den Stationen und Abteilungen und ermöglicht es, Stationen miteinander zu verbinden.

Basierend auf der anthroposophischen Lehre machte sich das Team grundlegende Gedanken über die psychologische Wirkung der Architektur in den Patientenzimmern. Dies kommt vor allem in der Deckengestaltung zum Ausdruck: Die Decke fällt vom Eingang bis zum Fenster hin ab. Je tiefer der Patient ins Innere des Zimmers vordringt, desto stärker das Gefühl von Geborgenheit. Auf dem Balkon ermöglicht die wieder %%gallerylink:43039:ansteigende Decke%% hingegen eine optimale Aussicht.

In der Bereinigungsphase optimierten und reduzierten die Architekten die Flächen – und die vor­aussichtlichen Kosten – deutlich. Gleichzeitig verbesserte sich so die Belichtung im Bereich Diagnostik. Der Wechsel von der ursprünglichen feingliedrigen Holzelement- zur massiven Betonelementfassade in Phase 2 bildete allerdings einen ­Kritikpunkt, der gemäss Jurybericht in der Planungsphase noch einmal überarbeitet werden muss.

Pavillons im Park

Im zweitrangierten Projekt «Arcardia» vom Team um MAK architects – einem der beiden Nachwuchsbüros  – sind Pflege- und Therapiebereiche auf drei unterschiedlich grosse Baukörper aufgeteilt. Sie bilden eine Pavillonarchitektur, die in der Mitte einen Gemeinschaftshof fasst. Diese Struktur unterstützt die Campusidee und integriert sich gut in die bestehende kleinteilige Bebauung und in die Parklandschaft.

Nachteilig ist die Funktionsaufteilung in drei Gebäude jedoch für den Klinikbetrieb. So sind die Baukörper nur unterirdisch beziehungsweise über den zentralen Platz verbunden. Damit ergeben sich teilweise lange Wege zwischen den ­Bereichen. Prägnant treten die auf allen Geschossen umlaufenden, ondulierenden Terrassenbänder in ­Erscheinung – sinnvoll und über­zeugend für die Therapie- und ­Pflegeabteilungen, im Verwaltungs­ge­bäude allerdings nur bedingt notwendig. Obwohl der Gesamt­eindruck der fein gegliederten Fassaden die Jury anspricht, vermisst sie die Strahlkraft der ­Gebäude.

In der ersten Entwurfsphase erschloss eine zentrale Wendeltreppe das Therapie- und Pflegegebäude. Die Jury stufte sie für den Alltag von Patienten, Personal und Besucher jedoch als unpraktisch ein. In der Bereinigungsphase ersetzen die Architekten sie durch eine zweiläufige Treppe und belichteten die inneren Zonen durch Atrien. Fassadennischen bilden Aufenthaltsorte, die sich windmühlenartig über den Grundriss verteilen. Zusammengehörende Abteilungen werden über mehrere Geschosse verknüpft.

Die Jury vermisste auch im bereinigten Projekt die Verbes­serung der Kommunikation über die Geschosse hinweg. Die unerwünschten Kreuzungspunkte zwischen Besucher, Patient und Per­sonal blieben auch nach der Überarbeitung ungelöst – Vorteil für den «Schmetterling».

Weitere Pläne und Bilder finden Sie in der Rubrik Wettbewerbe.

Auszeichnungen
 

1. Rang, 1. Preis: «Schmetterling»
Metron Architektur, Zürich; kopvol – architecture & psychology, Rotterdam; David & von Arx Landschaftsarchitektur, Solothurn; Meierhans + Partner, Schwerzenbach; WMM Ingenieure, Münchenstein; Hefti.Hess.Martignoni, Aarau; Ruth Maria Obrist, Baden; Gemperle Kussmann, Basel


2. Rang, 2. Preis: «Arcadia»
MAK architecture Zürich; Neuland Architektur Landschaft, Zürich; Todt Gmür + Partner, Schlieren; blumergaignat, St. Gallen; Hochbaumanagement RS2, Zürich


3. Rang, 3. Preis: «Mysa-Ita»
ARGE Aeschlimann Hasler Partner Architekten, Zürich / Stump Schibli Architekten, Basel; Mettler ­Landschaftsarchitektur, Gossau; RMB Engineering, Zürich; Institut für Beratungen im Gesundheitswesen (IBG), Aarau; HKP Bauingenieure, Zürich; Büro für Bauökonomie, Luzern; Jürg Stäuble, Basel; Künzler Baubiologie Lehmbau, Winterthur; Beratende Ingenieure Scherler, Baden; BDS Security Design, Bern


4. Rang, 4. Preis: «Wolkendurchleuchter»
Flubacher Nyfeler Partner Architekten, Basel; Zwahlen + Zwahlen Landschaftsarchitekten, Cham; Kalt + Halbeisen Ingenieurbüro, Zürich; AGP Geissler, Wallisellen; Schnetzer Puskas Ingenieure, Basel; Kathrin Spring, Basel

FachJury
 

Daniel Kündig, Architekt, Zürich (Vorsitz)
 

Silvia Gmür, Architektin, Basel
 

Evelyn Enzmann, Architektin, Zürich
 

Marco Frigerio, Architekt, Liestal; Robin Winogrond, Landschaftsarchitektin, Zürich
 

Dieter Breer, Energieingenieur, Winterthur
 

Jan Krarup, Architekt, Basel (Ersatz)

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