Gleichs­tel­lung für Ve­lo­wege

Debatte

Stärkung des Veloverkehrs durch eine Ergänzung der Bundesverfassung: ein Schritt in die richtige Richtung, der aber noch nicht weit genug greift.

Date de publication
30-08-2018
Revision
30-08-2018

Einen gesamtschweizerisch einheitlichen Ausbaustandard für Velowege gibt es bislang nicht. Planung, Bau und Betrieb sind Aufgabe der Strassen­eigentümer, das heisst in der Regel der Kantone und Gemeinden. Angesichts der wachsenden Beliebtheit des Velos und des Verlagerungspotenzials fördern viele Schweizer Städte seit einigen Jahren verstärkt den Veloverkehr. Im Allgemeinen geht es dabei um infrastrukturelle Verbesserungen auf Velowegen und bei Par­kierungs­anlagen.

Am 23. September 2018 wird nun über eine Verfassungsergänzung abgestimmt (Artikel 88). Sie sieht vor, das Velofahren in der Bundesverfassung zu verankern und rechtlich gleich zu behandeln wie das Wandern und das Zufussgehen. Stimmt das Volk mit Ja, kann der Bund künftig Qualitäts­krite­rien für das Velonetz for­mu­lieren sowie den Kantonen, Städten und Gemeinden Instrumente und Werkzeuge anbieten, um die Velo­-Infrastruktur einheitlich zu planen, zu bauen und zu unterhalten.

«Beim Ausbau der Veloinfrastruktur findet deshalb ein Paradigmenwechsel hin zu einer verstärkten Abtrennung des Veloverkehrs von den übrigen Verkehrsteilnehmern statt, wie dies erfolgreiche Velo­länder und -städte im Ausland seit Längerem umsetzen. Bei der er­forderlichen Grundlagenfor­schung zur Adaption erprobter Massnahmen auf das schweize­rische Recht und bei der Realisierung hochqualitativer Velonetze ist eine verstärkte Unterstützung durch den Bund sinnvoll und willkommen», sagt Christof Bähler, Experte für Fuss- und Veloverkehr der Stadt Bern.

Der Bundes­beschluss, über den abgestimmt wird, ist ein Gegenentwurf zur Velo-Ini­tative von 2015. Diese sah vor, in der Verfassung eine Förderpflicht für den Bund zu verankern. Diese zwingende Vorgabe ging Bundesrat und Parlament aber zu weit. Da seine Kernanliegen im «Bundesbeschluss Velo» enthal­ten sind, zog das ­Komitee im März 2018 die Velo-­Initiative zurück.


Kommentar: Ja zum Bundes­beschluss

Von Pete Mijnssen,
Herausgeber und Chefredaktor
von «Velojournal»
und Mitinitiant der Velo-Initative.

Man kennt den Witz: Ein amerikanischer, ein deutscher und ein Schweizer Junge diskutieren darüber, woher die Babys kommen. Der Amerikaner erklärt: «In Amerika produ­zieren Roboter Babys in grossen Fabriken.» Der Deutsche sagt: «In Deutschland bringt der Storch die Babys.» Zuletzt meint der Schweizer: «Bei uns ist das von Kanton zu Kanton verschieden.» Gleiches gilt zuweilen auch für die Veloförderung. Sie ist von Kanton zu Kanton, von Gemeinde zu Gemeinde, oft sogar von Quartier zu Quartier verschieden. Wer auf unseren Strassen mit dem Velo unterwegs ist, findet sich oft in einem Flickwerk von Velowegen, -streifen, abrupten und zu­weilen gefährlichen Übergängen wieder. In den Städten liegen velo­plane­rische Höhe- und Tiefpunkte meist nah zusammen.

Will die Schweiz ihre wirt­schaftliche Prosperität bei­behal­ten, muss sie ihre Verkehrsprobleme in den Griff bekommen. Eines der am besten ausgebauten öV-Netze der Welt reicht dafür nicht aus. Dieses platzt bereits jetzt in den Ballungsgebieten aus allen Nähten. Der Velo- und Fussverkehr leistet heute einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Klimapolitik. Mit einer Annahme des Bundes­beschlusses Velo (Gegenvorschlag zur Velo-Initiative) würde dem Velo­verkehr endlich zu gleich langen Spiessen gegenüber den anderen Verkehrsträgern verholfen. Das wäre eine schweizerische Pioniertat.

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