Skep­tische Ener­gie­kan­tone

Kommentar zur eidgenössischen Volksabstimmung vom 21. Mai 2017

Die Energiestrategie 2050 wurde angenommen. Allerdings werden Versorger, Produzenten, Konsumenten, Wirtschaftskreise und Umweltorganisationen weiter um einen Konsens für die nachhaltige Energiewende ringen. Der Klärungsbedarf für viele Detailfragen bleibt gross.

Date de publication
22-05-2017
Revision
22-05-2017

Im Aargau stehen vier der fünf Atomkraftwerke, die nun das Auslaufmodell der inländischen Energieversorgung darstellen. Im Gegenzug beherbergt das Glarnerland das jüngste Symbol der nationalen Energiestrategie 2050: Hoch über dem Linthal ist vor kurzem das zweitgrösste Pumpspeicherwerk der Alpen eröffnet worden. Trotzdem sind sich beide Kantone einig, dass die Energiewende nichts Gutes bringen wird. Gemeinsam mit Schwyz und Obwalden haben sie als einzige Stände ein Nein in die Urne gelegt. Schweizweit haben allerdings fast 60% der Stimmbevölkerung das neue Energiegesetz begrüsst und das Referendum der SVP abgelehnt. Das Votum des Schweizer Souveräns fiel deutlicher aus als im Voraus angenommen.

Vorleistungen werden weitergeführt

Wie von Bund und Kantonen vorgespurt, will die Stimmbevölkerung die Energiepolitik aktiv gestalten und nicht darauf warten, was sonst geschehen wird. Am Greifbarsten ist der Grundsatzbeschluss beim geordneten Ausstieg aus der Kernenergie; parallel dazu wird nun der Ausbau von Wasserkraft, Solar- und Windenergie sowie anderer erneuerbarer Energien vorangetrieben. Abgerundet wird dieses Förderpaket durch Anreize für Sparmassnahmen sowie den Einsatz effizienter Technologien. Viele Vorarbeiten und -leistungen, die als Basis für die Energiestrategie 2050 bereits initiiert worden sind, können insofern weiter laufen: Zum einen hat der Bund schon vor drei Jahren eine Offensive zur Energieforschung lanciert, die in den folgenden Jahren Früchte tragen wird. Und zum anderen gilt es offensichtliche Differenzen zu bereinigen, damit die gesetzgeberische Umsetzung der Energiewende offiziell beginnen kann.

Vor allem bei der Windenenergie und der Solarstromförderung fehlen rechtliche Grundlagen, damit die sich häufenden Rechtsfälle gegen neue Energieanlagen inskünftig verhindert werden können.

Antrag auf grundsätzliche Überprüfung

Allerdings ist der Bund seinerseits vorgeprescht und hat die Vernehmlassungsrunde für die einzelnen Gesetzesverordnungen bereits vor dem Abstimmungstermin durchgeführt. Damit sollen etwa die bestehenden Widersprüche zwischen der dezentralen Energieinfrastruktur und landschaftlichen Eingriffen aufgehoben werden. Ebenso gibt es konkrete Pläne, wie die Erträge aus der CO2-Abgabe für die Aus- und Weiterbildung von Fachleuten verwendet werden sollen. Und auch die Vergütungsansätze für die Netzeinspeisung von Ökostrom sind noch im Detail festzusetzen.

Von den Kantonen sind bereits unterschiedliche Anträge dazu eingegangen. Allein das Vorgehen hat aber bei einigen zum Kopfschütteln geführt. Der Zürcher Regierungsrat geht noch einen Schritt weiter und fordert die verantwortlichen Bundesämter sogar auf, «die vorgesehenen Verordnungen nochmals intensiv zu hinterfragen.» Befürchtet wird ein allzu komplexes Regelwerk. «Deshalb sind Vereinfachungen wo möglich und sinnvoll zu prüfen», hat der Kanton Zürich nur zwei Wochen vor der Abstimmung verlangt.

Ein Versprechen für folgende Generationen

Die Abstimmung vom letzten Sonntag hat zwar einen Grundsatzbeschluss hervor gebracht, wie die nationale Energiepolitik anzupacken ist. Doch die Skepsis vor der Umsetzung des Vorhabens bleibt. Eine vergleichbare Situation herrscht in der Raumplanung: Am 3. März 2013 wurde die Revision des Raumplanungsgesetzes gutgeheissen; dies war der Startsschuss für die Siedlungsentwicklung nach Innen, die nun von den Behörden auf kantonaler und kommunaler Ebene zwingend anzustreben ist.

Der 21. Mai 2017 darf nun analog als der Tag gelten, an dem der energiepolitische Konsens greifbar geworden ist. Von nun an steckt darin das Versprechen auf eine umweltfreundliche und sichere Energieversorgung. Dieses ist ab jetzt zugunsten der folgenden Generationen einzulösen.  

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