Die nächs­ten 100 Jah­re

14. Architekturbiennale Venedig

Der «Salon Suisse» öffnete am 7. Juni 2014 seine Türen. Die Veranstaltungsreihe begleitet zum vierten Mal die Schweizer Präsenz an der Architekturbiennale in Venedig. Als Salonniers wirken dieses Jahr Hiromi Hosoya und Markus Schaefer, im Zentrum der Diskussionen steht die Stadt.

Publikationsdatum
10-06-2014
Revision
30-10-2015

«The next 100 Years. Scenarios for an Alpine City State» – unter diesem ambitionierten Titel erweitern Hiromi Hosoya und Markus Schaefer das retrospektive Motto «Absorbing Modernity» der Biennale von Rem Koolhaas und lenken den Blick in die Zukunft. Wohin sollen sich die Schweizer Städte entwickeln? In welchem Zusammenhang stehen sie zu Topografie und Mentalität? Wie werden sich die gesellschaftlichen Veränderungen auf die Städte auswirken 

In drei Diskussionsrunden («Design – The Nature of Cities», «Build – The Reality of Cities» und «Use – The Culture of Cities») untersuchen die Salonniers ab September diese Fragen mit hochkarätig besetzten, interdisziplinären Teams. Am Ende werden die Gespräche in eine Publikation münden. Die Redaktionssitzungen für diese Publikation werden ebenfalls öffentlich in Venedig durchgeführt. 

Wie Pecha Kutcha ohne Bilder 

Der «Salon Suisse» findet im Palazzo Trevisan statt, wo das Schweizer Konsulat beheimatet ist und die Pro Helvetia ihren Sitz hat. An der Eröffnungszeremonie spannten 17 zweiminütige Kurzreferate einen weiten Bogen, in dem Denker, Macherinnen und Forschende ein Statement zu den nächsten hundert Jahren in der Schweiz umrissen.

Die Zeit war knapp bemessen, das Thema schier grenzenlos: Die Referate konnten denn auch nur an der Oberfläche kratzen. Einigen der Referenten gelang es aber trotz der kurzen Zeit, bereits einen kleinen Stachel zu hinterlassen: der Kritiker und Autor André Bideau mit einem kurzweiligen Exkurs über ein «Post-democratic Switzerland», das aufgrund komplett veränderter Umstände in der EU unter Zugzwang gerät. Oder der Forscher Christian Salewski von der ETH, der ebenfalls die EU als Grundlage für seine Erörterungen anführte – jedoch als «Hinterland» der Schweiz. Einen betont nüchternen Ansatz wählte Mathias Heinz von pool Architekten, indem er die berühmte Inschrift auf dem Apollotempel von Delphi «Erkenne Dich selbst» als Leitmotiv verwendete. In den Diskussionen des Salons soll die Schweiz keinen Utopien nachrennen, sondern die gegenwärtigen städtischen Strukturen durchleuchten – und sie akzeptieren. 

Der Prototyp der Stadt 

Dass diese Diskussionreihe in Venedig stattfindet, ist ein Glücksfall. Wie kaum eine andere Stadt bietet die «Serenissima» städtisches Leben in Reinkultur und eine lange Geschichte der urbanen Tradition. Die ganze Vielfalt ihrer Erscheinungsformen hat Italo Calvino in seinem Buch «Die unsichtbaren Städte» von 1972 besungen, wo er Venedig in 55 kurzen Texten aus unterschiedlichsten Perspektiven beschreibt – immer neu und doch unverkennbar die Stadt am obersten Ende der Adria, die von den Fluten verschluckt zu werden droht.

Und wo auch heute noch wundersame Dinge geschehen: Just in dem Moment, als Alain Berset zu seiner Grussbotschaft zum Salon ansetzte, glitt auf dem Kanal vor dem Konsulat ein Kreuzfahrtschiff vorbei. Leicht verdutzt kommentierte der Magistrat, er habe für einen Moment das Gefühl gehabt, es schiebe sich ein Haus vor die Fenster des Konsulats. Mögen diese magischen Momente den Salon auch weiterhin begleiten. 

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