«Ich möch­te mich für un­se­re Wett­be­werbs­kul­tur ein­set­zen»

Wahlen 2023

Im Herbst finden die eidgenössischen Wahlen statt. Wer soll die Herausforderungen anpacken, die im Bereich Raumentwicklung, Klima und Energie auf uns zukommen? Wir haben politisch engagierte Baufachleute aller Parteien zu ihren Zielen befragt. Heute: Lukas Gruntz, SP, Basel.

Publikationsdatum
29-08-2023

STECKBRIEF


Lukas Gruntz, geb. 1989, ist Architekt MA FHNW. Er arbeitet als Architekt und ist Mitinhaber von Atelier Atlas Architektur GmbH, Basel. Er kandidiert nicht für den Nationalrat.

 

Parteizugehörigkeit: Sozialdemokratische Partei der Schweiz SP
Frühere politische Ämter: keine
Aktuelles politisches Amt: Bürgergemeinderat Basel, Kommission für Denkmalsubventionen BS, Schulkommission Gymnasium Kirschgarten in Basel


Welches Ereignis hat Sie dazu motiviert, sich politisch zu engagieren?

Ein Schlüsselerlebnis war für mich 2003 die Wahl von Christoph Blocher in den Bundesrat, ausgerechnet anstelle der jungen, aufstrebenden Ruth Metzler. Das hat mich damals erschüttert. Ich weiss noch, wie wir die Bundesratswahlen in der Aula des Gymnasiums anschauten. Für mich war es unvorstellbar, dass ein Populist Teil unserer auf Kollegialität aufbauenden Landesregierung sein könnte. Spätestens bei seiner Abwahl vier Jahre später hat sich gezeigt, dass das nicht funktionieren konnte.


Weshalb in dieser Partei?

Die sozialen Fragen und die Frage der ökonomischen Gerechtigkeit haben mich stets am meisten bewegt. Ich sehe, dass sich die Marktwirtschaft in vielen Bereichen nicht genügend in den Dienst der Menschen stellt. Mit 17 Jahren bin ich der JUSO beigetreten – und habe dort viel über die politischen Mechanismen gelernt. Wir hatten damals tolle Persönlichkeiten in unserer Sektion der Jungpartei – beispielsweise Sarah Wyss, die inzwischen Nationalrätin ist. Der Wechsel in die SP folgte dann erst einige Jahre später. Ich wurde Vorstand im Quartierverein. Die Partei ist in Basel breit abgestützt und vereint verschiedene Haltungen, Themen und Positionen. Das gefällt mir. Eine Partei ohne interne Debatte, ohne echten Widerspruch, fände ich schrecklich.


Hängt Ihre politische Motivation mit Ihrem Hintergrund bzw. Ihrer Tätigkeit in der Planungs- und Baubranche zusammen?

Bei mir war es umgekehrt: Meine Berufswahl hing eher mit meinem politischen Engagement zusammen. Als Architekt steht man an der Schnittstelle von vielen Themen – ohne über die absolute Expertise zu verfügen. Man muss Fragen gewichten und sieht sich tagtäglich mit Zielkonflikten konfrontiert. Unsere Arbeit ist in vielerlei Hinsicht politisch. Das hat mich darin bestärkt, Architekt zu werden – und letztlich nicht eine naturwissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen.

→ Wählen Sie! Die Interviewreihe von TEC21 gibt politisch engagierten Baufachleuten unterschiedlicher Parteien das Wort. Alle Interviews finden Sie hier.


Welche Ziele wollen Sie in Ihrem aktuellen politischen Amt erreichen?

Ich möchte dazu beitragen, dass die Bedeutung des baukulturellen Schaffens möglichst breit in unserer Gesellschaft auf Anerkennung stösst. Dabei ist insbesondere der Austausch mit Laien wichtig. Ich möchte mich für unsere Wettbewerbskultur einsetzen. Und dafür, dass die baukulturelle Qualität immer den Vorrang vor dem ökonomischen Profit hat.


Verfolgen Sie auch politische Ziele, die spezifisch mit dem Planungs- und Bauwesen zu tun haben?

Ja, mich beschäftigt die immer grössere Dichte an Gesetzen und Normen sehr. Auch wenn viele im Einzelnen gut gemeint sind, überfordern und -formen sie unsere Baukultur zunehmend. Das finde ich bedenklich. Ich setze mich für eine Vereinfachung des Bewilligungswesens ein. Hier in Basel haben wir aktuell keine einfache Situation im Bauinspektorat. Es scheint mir wichtig, dass wir die Bewilligungsbehörden mit genügend Ressourcen ausstatten – gleichzeitig eine Kultur des Ermöglichens und Mitdenkens einfordern. Mit der von mir gegründeten Onlineplattform www.architekturbasel.ch versuchen wir, entsprechende Debatten anzuregen.


Braucht es mehr Planungs- und Baufachleute, die sich politisch engagieren?

Unbedingt. Es wäre grossartig, wenn mehr Baufachleute in der Politik vertreten wären. Gerade in unserer direkten Demokratie mit ihrer föderalistischen Struktur kann man – zumindest auf kommunaler Ebene – viel bewirken. Dabei braucht es unsere Expertise, damit keine Gesetze verfasst werden, die an der Realität der Planung und Baustelle vorbeigehen. Da sind wir alle gefordert, uns stärker einzubringen.

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