«So lässt sich ei­ne trans­pa­ren­te Lie­fer- und Pro­duk­ti­ons­ket­te ab­bil­den»

Wie der neue Herkunftsnachweis für Holz über alle Produktionsstufen vom Baumstamm im Wald, über das Sägewerk und den Elementbauer bis hin zum Holzwerkstoff funktioniert, wurde an zwei Pilotprojekten ausgetestet. Im Gespräch erklärt Pascal Inauen von Urstamm, wie der Nachweis abläuft, und welche Vorteile er mit sich bringt.

Publikationsdatum
31-05-2023


Welche Idee liegt dem Angebot eines Herkunftsnachweises von Holz zugrunde?

Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten möchten wissen, woher ihre gekauften Produkte stammen und wie sie verarbeitet worden sind. Das gilt nicht nur für Kaffee oder Kleidung, sondern auch für das Holz eines Gebäudes. Ausserdem rücken neben der Energieeffizienz auch Aspekte zur Verwendung von nachhaltigen Baumaterialien, zur Messung der verursachten grauen Energie im Bauprozess oder zu «Re-Use» im Zug der Kreislaufwirtschaft zunehmend in den Fokus. Der Holzbau spielt dabei eine Schlüsselrolle, und deshalb hat Urstamm ein Instrument zur Datenerfassung lanciert.


Welche Vorteile bringt das?

Dank moderner Technologie ermöglicht der digitale Herkunftsnachweis von Datumsholz die Transparenz vom Wald – die Bauherrschaft kann den genauen Standort ihres Baums auf einer Karte einsehen – bis zum fertigen Holzbau. Mit Hilfe einer App wird das Holz unmittelbar nach dem Schlag mit GPS-Koordinaten, Zeit, Datum und Foto erfasst und nummeriert. Es kann in den nachfolgenden Verarbeitungsschritten vom Säge- und Hobelwerk über den Holzbauer etc. weiterverfolgt werden. So lässt sich eine transparente Liefer- und Produktionskette abbilden.


Was ist der Unterschied zum Label «Schweizer Holz»?

Dieses garantiert, dass es sich um Schweizer Holz handelt. Der Verbraucher weiss jedoch nicht, wo genau es herkommt und wie es verarbeitet wurde. Wir zeigen dagegen Herkunft und Verarbeitung auf. Das ist ein Mehrwert für die Besitzer, denn um den langfristigen Wiederverkaufswert eines Gebäudes zu sichern, sind neben der Architektur, dem Ausbaustandard oder der Energieeffizienz immer mehr Differenzierungsmerkmale erforderlich.


Inwiefern profitieren Unternehmer oder Handwerker vom Datumsholz?

Auch für sie ist die Transparenz wichtig durch die Digitalisierung des gesamten Produktionsprozesses. Damit verbunden sind regionale Netzwerke und Wertschöpfungen. Für die Unternehmen ergeben sich Vorteile wie die Wertsteigerung des Holzes, die Sichtbarkeit in der Lieferkette, der Kontakt zu den Endkonsumenten, oder Alleinstellungsmerkmale für die Vermarktung, die Förderung der Regionalität sowie die Dokumentation des CO2-Fussabdrucks.


Wie aufwendig ist es für den Unternehmer, die Daten des Holzes zu erfassen?

Die Pilotprojekte haben gezeigt, dass das Schlussergebnis des Herkunftsnachweises den Aufwand aufwiegt, und sich die Beteiligten gerne dafür engagieren. Zudem ist zu erwähnen, dass wir zur Digitalisierung der Wald- und Holzwirtschaft beitragen und einzelne Prozesse effizienter gestalten können. Zur Anwendung der Applikation bietet Urstamm eine benutzerfreundliche Einführungsschulung an. Jedes Unternehmen der Holzkette ist im Stande, die Daten zu erfassen – auch jene, die bisher wenig Berührungspunkte mit der Digitalisierung hatten.


Wem gehören die Daten?

Die Unternehmen, die die Daten erfassen, sind verantwortlich für deren Richtigkeit und besitzen sie. Urstamm macht sie innerhalb der Holzkette und für die Bauherrschaft zugänglich, der wir die Daten in Form des Herkunftsnachweises liefern. Sie hat dann unbeschränkten Zugang dazu, und kann auf einer digitalen Karte die Standorte der Bäume und die weiteren Verarbeitungsschritte des verbauten Holzes sowie die entsprechenden Bilder einsehen.


Was geschieht, wenn beispielsweise eine Bauherrschaft oder ein Besitzer das Bauholz nach einigen Jahren behandelt, streicht oder imprägniert, ohne das zu melden?

Im Zuge der Kreislaufwirtschaft ist das Ziel, dass die Materialien und so auch die Daten weiterverwendet werden. Wir arbeiten daran, dass die Folgezeit eines Baus ebenfalls abgebildet werden kann.


Ist das Konzept auch bei Brettsperrholz, OSB-Platten oder bei rezykliertem Holz, das aus unterschiedlichen Regionen stammt, anwendbar?

Auf jeden Fall. Das bedingt, dass die Hersteller in den vorgelagerten Produktionsstufen entsprechende Daten erheben. So lassen sich selbstverständlich auch Brettsperrholz und andere Holzerzeugnisse abbilden.


Sind die Daten, die Urstamm erfasst, auch mit anderen Plattformen kompatibel, die Daten zu anderen Materialien erfassen?

Dies muss sicherlich im Detail angeschaut werden. Grundsätzlich ist in der heutigen Zeit die Kompatibilität mittels Schnittstellen problemlos möglich. Es ist in unserem Interesse, mit anderen Plattformen zusammenzuarbeiten, um gemeinsam Mehrwerte zu schaffen.

Pascal Inauen ist Mitgründer und Geschäftsführer der Urstamm AG. Nach seiner Zeit als Product Manager und Unternehmensberater gründete der studierte HSG-Betriebswirt aus Appenzell im August 2021 mit weiteren Vertretern aus der Holzbranche die Urstamm AG. Urstamm ermöglicht den digitalen Herkunftsnachweis von Schweizer Holz. Zu den ersten Kunden zählen Forstbetriebe, Sägewerke, Hobelwerke, Holzbauunternehmen, Schreinereien oder Architekturbüros.

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