Uni Liech­ten­stein prä­sen­tiert For­schungs­pro­jekt «Fluid­glass»

Die Verlagerung der Gebäudetechnik in die Gebäudehülle ist ein aktueller Trend. Aus diesem Grund lud die Uni Liechtenstein Anfang Oktober zur Präsentation des europäischen Forschungsprojekt «Fluidglass» ein. Das Ziel des Projekts: flüssigkeitsdurchströmte Glasfassadenelemente zur aktiven Energietransmissionskontrolle.

Publikationsdatum
22-10-2013
Revision
30-10-2015

Systeme wie Closed Cavity Fassaden und dezentrale Gebäudetechnikelemente als Fassadenbausteine funktionieren bereits in modernen Fassaden. Heizen, Kühlen und Beschatten unter Beibehaltung von Wärmedämmung und Transparenz innerhalb eines kompakten Glaselementes mit einer Gesamtdicke von angestrebten 66 Millimetern ist dagegen aktuell unerreichbar. Zukünftig möglich machen soll dies eine wasserdurchströmte Glasscheibe.

Doch wer sich vorstellt, es handle sich hier um eine einfache Doppelverglasung, die via zwei Wasseranschlüsse an einen Wasserkreislauf im Gebäude angeschlossen wird, liegt nicht ganz richtig. Es sind mindestens vier, aktuell geplant gar fünf möglichst dünne Glasscheiben nötig, um die notwendigen Zwischenräume herzustellen, die für die aktive Bewirtschaftung und Steuerung der bauphysikalischen Eigenschaften notwendig sind. Die angestrebten zwei wasserführenden Schichten werden denn auch nur wenige Millimeter stark ausfallen und individuell mit Mikropartikeln versetzt. Diese wirken ähnlich wie das sich verdunkelnde Glas bei einer selbsttönenden Sonnenbrille – damit soll der Gesamtenergiedurchlassgrad, kurz g-Wert, dynamisch steuerbar werden und Bereiche von 0.03 bis 0.60 abdecken können. Gleichzeitig soll überschüssige Wärme über Wärmetauscher abgeführt werden. Umgekehrt kann in der kalten Jahreszeit vortemperiertes Wasser zugeführt werden, und die Glasscheiben fungieren so als quasi unsichtbare Wärmestrahler nach innen.

Initiative

Der Kopf hinter dem angestrebten Produkt ist Dietrich Schwarz, Professor am Institut für Architektur und Raumentwicklung an der Universität Liechtenstein. Schwarz verfügt mit den Bauelementen aus der Reihe «GLASSX» bereits über langjährige Erfahrung in der Forschung und Entwicklung von innovativen Produkten für die Gebäudehülle.

Die Idee zur Entwicklung einer Glasscheibe, die aktiv bewirtschaftet werden kann, ohne auf die Vorzüge der Transparenz zu verzichten, ist denn auch nicht neu. Schwarz und sein grosses Netzwerk an Spezialisten aus Forschung und Industrie haben diese Vision bereits bis zur Herstellung und Analyse von Prüfkörpern vorangetrieben. Der aktuelle Schritt zum europäischen Forschungsprojekt erweitert das Budget um eine Fördersumme von 3.8 Mio. Euro und ermöglicht dadurch die weitere Entwicklung. Viel Geld, das in Anbetracht des grossen Produktpotenzials – sozusagen der Verlagerung der Gebäudetechnik in die Glasscheibe – jedoch benötigt wird, denn der Weg zur kompromisslosen Umsetzung wird nicht einfach.

«Fluidglass» wird auf andere Hightech-Produkte zurückgreifen müssen, um in Summe zu einem Erfolg zu werden. Der Einbau an sich ist relativ einfach – Fensterrahmen für Glaselemente dieser Stärke gibt es schon, und das Anschliessen der dünnen Wasserschläuche ist technisch kein Problem. Insbesondere die Wärmedämmung könnte durch Adaption von Vakuumglas von dessen tiefen U-Werten bei gleichzeitiger Schlankheit profitieren. Unterdruck wird denn auch in den wasserführenden Schichten eine entscheidende Rolle spielen, damit das Gewicht der Wassersäule die dünnen Glasscheiben und deren Randverbund nicht aufdrückt.

Europäische Förderung

Unter insgesamt 14 Bewerbern erhielt das Forschungsprojekt den Zuschlag für die Unterstützung durch das 7. Forschungsrahmenprogramm der EU. Die Bedeutung des Projekts spiegelt sich in der hervorragenden Bewertung durch die Europäische Kommission wider. Sie evaluierte das Glasfassadensystem anhand der drei Kategorien «Wissenschaftliche und/oder technologische Exzellenz», «Qualität und Effizienz im Bereich Umsetzung und Führung» und «Potenzielle Auswirkungen von Entwicklung, Verbreitung und Nutzung der Projektresultate». Man darf auf die Forschungsarbeiten und die weiteren Entwicklungen gespannt sein.

Magazine

Verwandte Beiträge