Tisch­ler­kunst aus Dä­ne­mark

Hans Jørgensen Wegner (1914–2007) war ein dänischer Architekt und Möbelentwerfer, in erster Linie jedoch ein kreativer und handwerklich perfekter Tischler. Er entwarf zwar auch Bestecke, Tapeten und Leuchten, doch seine Stühle und Sessel sind es, die ihn bekannt machten. Im Vitra Schaudepot in Weil am Rhein ist bis zum 3. Juni sein Schaffen unter dem Titel «Designing Danish Modern» ausgestellt – eine Lektion in hochstehender Tischlerkunst.

Publikationsdatum
07-03-2018
Revision
07-03-2018

Hans J. Wegner erlernte zunächst den Beruf des Schreiners und bildete sich 1936 bis 1938 an der Kopenhagener Kunstgewerbeschule als Möbelmacher, Tischler und Designer weiter. Er gehörte zu einer Generation von Designern, darunter auch Arne Jacobsen, Børge Mogensen, Finn Juhl und Poul Kjaerholm, die das skandinavische Design in der Nachkriegszeit weltweit bekannt machten. Wegner schuf während seiner Laufbahn über 1000 Objekte, von denen etwa 150 noch heute hergestellt werden. Als einer der produktivsten Möbelmacher seiner Generation trug er massgeblich zur Entstehung jenes Stils bei, der bis heute als «skandinavisches Möbeldesign» geschätzt wird.

Perfektes Handwerk für moderne Entwürfe

Wegner war im Metier Tischlerei ein ausgemachter Perfektionist. Er beherrschte die Techniken der Holzbearbeitung bis ins Detail und liess sein handwerkliches Können und Verständnis unmittelbar in die Entwürfe einfliessen. Seine Arbeiten sind vom sorgfältigen Umgang mit dem Material Holz und von der Begeisterung für die kleinsten Möbeldetails gekennzeichnet. Der Ressourcenknappheit der Nachkriegszeit begegnete er mit möglichst materialeffizienten Entwürfen, streng nach dem Prinzip «nicht mehr als absolut nötig».

Wegner strebte jedoch nicht nach reiner Askese oder extremer Nüchternheit, sondern setzte als Vertreter der organischen Moderne auf expressive Formen. Er liess sich von modernen Möbelklassikern oder historischen Möbeltypen fremder Kulturen inspirieren und interpretierte diese in seiner eigenen Handschrift neu.

Vom «Runden Stuhl» zum «Flaggleinenstuhl»

Der «Runde Stuhl» (1950) begründete Wegners internationalen Durchbruch. Die amerikanische Zeitschrift Interiors nannte ihn schlicht und einfach «The Chair» – und so wird dieser Designklassiker auch heute noch genannt. Das weltbekannte Werk geht auf einen chinesischen Stuhl aus dem 18. Jahrhundert zurück. Aus Wegners Begeisterung für die klare, organische Form entstanden mehrere «Chinastühle» (1944–1950), darunter auch der bekannte «Y-Stuhl» (1949). Ein Schlüsselwerk ist der «Pfauenstuhl» (1947) nach dem Vorbild des englischen «Windsor-Stuhls» aus dem 19. Jahrhundert, der durch Wegners Neuinterpretation eine poetische, skulpturale Form erhielt. Ebenfalls zu sehen ist der Faltstuhl «JH512» (1949), der direkten Bezug auf Mies van der Rohes berühmten «Barcelona Chair» nimmt und durch seine Faltfunktion ursprünglich für kleinere Wohnräume gedacht war. Neben diesen eher klassisch anmutenden Entwürfen schuf der dänische Designer auch überraschende und radikale Möbel, etwa den wie vom Schiffsbau inspirierten «Flaggleinenstuhl» (1950) und den leuchtend roten dreibeinigen «Schalenstuhl» (1963), der wie eine skandinavische Version der Schichtholzmöbel von Charles und Ray Eames wirkt.

Die Ausstellung «Hans J. Wegner: Designing Danish Modern» zeigt eine Auswahl seiner wichtigsten Entwürfe und beleuchtet die Hintergründe ihrer Entstehung sowie ihre Zeitgeschichte. Ergänzt wird die Schau durch vielfältiges Bild- und Filmmaterial, das Wegners Entwurfsprozess sowie seine Gestaltungsprinzipien veranschaulicht. Zudem sind Werke seiner Zeitgenossen sowie einige der historischen Objekte, die den Designer anregten und ihm teilweise als Inspiration für seine schöpferische Arbeit dienten, im Vitra Schaudepot zu sehen.

Hans J. Wegner: Designing Danish Modern
 

Vitra Schaudepot, Weil am Rhein (D)
Bis 3. Juni 2018 | täglich 10–18 Uhr
www.design-museum.de

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