Lern­sa­lons im Kor­ri­dor

knüselleibundgut Architektur hat die grosszügigen Gänge der Schule auf dem Basler Bruderholz von Hermann Baur mit einfachen, teils flexiblen Einbauten aufgewertet und ihnen eine neue Funktion eingeschrieben.

Publikationsdatum
23-01-2023

Die erste Pavillonschule der Schweiz liegt auf dem Basler Bruderholz. Sie ist selbst nach 85 Jahren noch eine ausgesprochen schöne Anlage in Bezug auf die Raumanordnung, die architektonischen Details, die Materialisierung und die Aussenräume. Je ein «Vorgarten» ist einem Klassenzimmer zugeordnet, sodass der Unterricht bei gutem Wetter auch draussen stattfinden kann.

1938 konnte Hermann Baur (1894–1980) für den dreizeiligen und einstöckigen Bau quer am Hang von optimalen Voraussetzungen profitieren: Als erstes brachte das Basler Erziehungs- und Baudepartement Verständnis für das Experiment Pavillonschule auf. Die heute unter Denkmalschutz stehende Anlage ist licht und in ihrer Feinheit elegant. Nichts wirkt überdimensioniert oder gibt vor, mehr zu sein als es ist: Weiss verputzte Wände, leicht vorspringende Flachdächer, Holztüren mit Keramikzargen und überaus grosszügige Gänge vor den Klassenzimmern. Diese machen es nun möglich, Gruppenarbeitsplätze oder Lernsalons einzubauen. Im damaligen Unterrichtskonzept gab es sie nicht, bei zeitgenössischen Schulhäusern sind sie Standard.

Die Abteilung Raum und Anlagen des Erziehungsdepartementes Basel-Stadt schrieb dafür einen Wettbewerb aus. Im Vorfeld konnten die Schülerinnen und Schüler ihre Wünsche anhand von Skizzen und Modellen einbringen. Diese wurden später den Wettbewerbsteilnehmern ausgehändigt. Die «Welle zum Liegen» war so ein Element, oder auch ein aus Sicherheitsgründen nicht realisiertes begehbares Möbel mit Ausblick – dies wünschten sich die Kinder, weil die Fenster in den Gängen relativ hoch gelegen sind und darum keinen direkten Blick ins Freie erlauben.

Ans Alter angepasst

Dem Zürcher Büro knüselleibundgut Architektur, das den Wettbewerb gewann, war der denkmalgeschützte Bau und die Grosszügigkeit der Räume wichtig. Die Möbel, die nicht höher sind als die Türzargen, lassen Raum und Rhythmus der Deckenstruktur durch den Gang fliessen. Am Eingang liegen entlang der ersten beiden Zimmer für Werken und textiles Gestalten die Garderoben. Dann folgen für die beiden Schulzimmer als «Lernsalons» angeordnet die Gruppenmöbel.

Es gibt zwei unterschiedliche Typen dieser Möbel – in den ersten beiden Trakten der Anlage sind sie für Erst- bis Drittklässler dimensioniert. Sitz- und Liegewellen und auch die Wandtafel sind etwas niedriger angeordnet. Der andere Typus, im dritten bis fünften Trakt, ist für die höheren Semester mit den grösseren Kindern. In beiden Fällen kann der Tisch in den Arbeitsmöbeln auf Bankhöhe heruntergekurbelt werden. Mit Kissen entsteht so eine Fläche zum Liegen.

Esche nach originalem Vorbild

Diese Kissen erforderten etwas Nachdenken über den Brandschutz: Erst nach der Änderung des Fluchtwegs über die ebenerdigen Türen der Klassenzimmer konnten die Holzelemente wo gewünscht mit Textilien versehen und auch massives Holz verwendet werden.

Hermann Baur verwendete Esche für die Elemente am Bau und auch für die von ihm entworfenen, leichten Möbel. Alles weist heute die typische, leicht gelbliche Lackpatina der Hölzer aus der Entstehungszeit der Schule auf. «Wir haben uns bewusst für Esche entschieden, auch wenn man mit Eiche einen Effekt erreicht hätte, der näher an die alten Originaloberflächen gekommen wäre», so Christina Leibundgut.

Die soliden, funktionalen und durchdachten Möbel werden sicher noch einmal so lange halten, wie das Schulhaus schon auf dem Bruderholz steht.

Gruppenräume, Schule Bruderholz, Basel


Bauherrschaft
Erziehungsdepartement, Abteilung Raum und Anlagen, Stadt Basel


Architektur und Bauleitung
knüselleibundgut Architekur, Basel, Zürich


Schreinerarbeiten
Triplex, Liestal


Polsterarbeiten
Artemyr, Basel


Metallbauarbeiten
Fünfschilling, Basel


Ausführung Leuchten
Liechtspiu, Bern

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