Hot Dry Rock
Sachcomic Tiefengeothermie
Geothermie, erklärt in Wort und Bild: Ein neuer Sachcomic nimmt sich einer komplizierten Technologie an.
«Ka-Boom», «Quietsch» oder «Schepper»: Die Comicsprache ist äusserst originell und auch ohne Grammatikregeln schnell verständlich. Dank lautmalerischer Knappheit gelingt es den Superhelden, Leserinnen und Leser im Vorschulalter zu gewinnen. Aber auch Comicsparten für Erwachsene hüten sich vor umständlicher Sprache, um das Gezeichnete nicht zu zerreden. Etwas schwieriger ist es da schon, Wort und Bild bei einem Sachcomic zu mischen. Tatsächlich ist die illustrierte Erzählform, die Graphic Novel, im deutschsprachigen Raum eine aufstrebende Gattung für abstrakte oder gesellschaftspolitisch heikle Themen. Bisher erschienene Bücher greifen Themen wie Aids-Aufklärung, Finanzkrise oder Klimawandel bisweilen recht locker und leichtfüssig auf. Oft steckt aber mehr als nur didaktische Absicht dahinter, wie der hohe Anteil gesponserter Publikationen zeigt.
In der Schweizer Comicszene fristet die Rubrik Sachcomic ein Nischendasein. Andreas Gefe und Christophe Badoux, zwei Exponenten des heimischen Schaffens, füllen diese Lücke nun mit einem knapp 30-seitigen Paperback zur Energiewende: Jonas, Marco und Katja, die jugendlichen Protagonisten im Comic «Hot Dry Rock», stossen bei einer Scooter-Tour auf eine angebliche UFO-Station mit wilden, bärtigen «Roughnecks» als Crew. Die Geschichte bleibt dennoch auf dem Boden; die Entdeckungsreise führt zumindest gedanklich mehrere tausend Meter in die Tiefe. Mitten im Wald steht ein hoher Bohrturm, gebaut, um heisses Wasser im Untergrund zu suchen. Würden ertragreiche Energiequellen gefunden, liesse sich daraus Strom und Wärme gewinnen und einfacher auf Erdöl und Atomkraft verzichten. Doch der Weg in die ökologische Energiezukunft ist (wie im realen Alltag) kompliziert: Die norwegischen Bohrarbeiter nehmen sich daher ausgiebig Zeit, Katja und ihren Kollegen geologisches Fachwissen über Multirisszonen, horizontales Bohren und die hydraulische Stimulation zu erklären.
Leicht verständlich, aber wenig kritisch
Die Stärke des Sachcomics ist die genaue Beschreibung, wie Tiefengeothermie funktioniert. In Auftrag gegeben hat ihn die Gesellschaft Geo-Energie Suisse, ein Verbund von Schweizer Energieversorgungsunternehmen. Die nüchterne Erzählweise und die realitätsnahe lllustration der beiden Verfasser bieten unvoreingenommenen und leicht verständlichen Zugang zu einer hoffnungsvollen Technologie.
Eine Schwäche ist, dass die knappe Erzählung wenig fantasieanregend wirkt. Zudem weicht der Sachcomic kritischen Fragen aus: Hat bei Erkundungsbohrungen in Basel und St. Gallen nicht die Erde gebebt? Warum sammeln Nachbarn jeweils Unterschriften gegen neue Bohranlagen? Die neugierigen Teenies wollen zwar mehr über mögliche Erdbeben wissen; doch der Ingenieur, der die Erkundung beaufsichtigt, beschwichtigt gutväterlich, es seien keine schädlichen Folgen zu erwarten.
«Ka-Boom», «Quietsch» oder «Schepper»: Ein Comic über Tiefengeothermie muss weder laut sein noch schlimmstmögliche Szenarien verbreiten. Ein animierteres Storyboard und mehr Witz hätten der einprägsamen und seriösen Geschichte jedoch gut getan.
Der Comic kann gratis bestellt werden unter: www.geo-energie.ch