«Die da­ma­li­gen Bau­wer­ke sind eben schwä­cher»

Interview mit Richard Kocherhans, Astra

Unter Abwägung der Risiken sieht das Astra nach dem Baggerunfall auf der A1 für baugleiche Überführungen keinen Handlungsbedarf.

Publikationsdatum
11-04-2014
Revision
18-10-2015
Thomas Ekwall
MSc. EPFL Bau-Ing., MAS ETHZ Arch., Korrespondent TEC21

Die vom Unfall beschädigte Überführung ist zumindest für den Langsamverkehr wieder offen. Wie geht es nun weiter ?
Richard Kocherhans (R.K.): Für die Gemeinde ist die Überführung wichtig, weil sie ein Schulweg ist. Aus statischer Sicht hätten wir auch den Pkw-Verkehr zulassen können, aber das Risiko wäre zu gross gewesen, dass doch ein Lkw darüberfährt. Etwa ab November soll die Überführung abgerissen und ersetzt werden.

Warum haben Sie im Nachhinein den statischen Zustand der Brücke vor der Sicherung unter­suchen lassen?
R. K.: Die Untersuchungen befassen sich schon vor allem mit dem heutigen Zustand. Dennoch wollten wir verstehen, wie die Brücke beschädigt wurde, um Lehren daraus zu ziehen.

Die Tragfähigkeit war ausgeschöpft. Wie erklären Sie sich, dass die Brücke noch steht?
R. K.: Vermutlich hat der 10cm starke Betonüberzug der Fahrbahn bei der Verteilung der Lasten zwischen den Längs­trägern mitgewirkt. Die Brücke war aber ziemlich lädiert, was eine exakte Modellbildung erschwert. Fakt ist zum Glück, dass zwar ein Lastwagen darüberfuhr, die Brücke aber stehenblieb.

Laut der statischen Nachrechnung hätte ein «Teileinsturz» erfolgen können. Was ist damit gemeint?
R. K.: Vielleicht hätten nicht alle Längsträger ver­sagt. Weil die Brücke aber stützenlos über die Autobahn spannt, wären trotzdem beide Fahrrichtungen von einem Einsturz betroffen gewesen. Das hätte fatale Folgen gehabt.

Ziehen Sie Konsequenzen aus diesem Unfall hinsichtlich der Projektierung, der Erhaltung und der Signalisierung von Brücken 
R. K.: Nein. Nach den heutigen Richtlinien, die seit 2005 in Kraft sind, müssen Überführungen ohnehin für seitlichen Anprall bemessen werden. Gesetze legen zudem fest, wie hoch die Fahrzeuge sein dürfen: Transporte mit mehr als 4.0m Höhe benötigen eine Sonderbewilligung. Standardmässig werden Überführungen heute mit 4.60m geplant, die Sicherheitsmarge ist demnach genügend.

Anprallunfälle an Überführungen passieren oft. Brücken aus den 1960er-Jahren wie jene auf der A1 sind jedoch nicht darauf ausgelegt. Haben wir es hier mit einem akzeptierten Risiko zu tun?
R. K.: Nein. Die Frage ist eher, mit welchem Risiko wir es hier zu tun haben. In diesem konkreten Fall: Wenn die Brücke gemäss heutiger Norm dimensioniert wäre, sprich solider, wäre der Bagger heruntergefallen, und die Folgen hätten schlimmer sein können. Wir kennen den Zustand unserer Brücken, die damaligen Bauwerke sind eben schwächer als die heutigen. Am Erhaltungsmanagement müssen wir aber grundsätzlich nichts ändern.

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