Damit die Hülle wirklich dicht ist
Selbst bei gut gedämmten Gebäuden gibt es Wärmelecks. Wie hoch die Verluste über Funktionsöffnungen sind, hat nun eine Studie der Hochschule Luzern quantifiziert. Und auch Gegenmassnahmen sind in Arbeit.
Je konsequenter die Hülle eines Gebäudes abgedichtet wird, desto geringer sind die Wärmeverluste. Doch absolut dicht lässt sich die Gebäudehülle nicht bauen. Neben den Türen durchdringen sie verschiedene Durchlässe: für Entlüftungsanlagen und Sanitärleitungen, innen liegende Dachentwässerungen, Liftschächte sowie Rohre für Luftzufuhr und Abgase von Verbrennungsanlagen.
Auch wenn diese Funktionsöffnungen meist nur einen kleinen Querschnitt haben, entweicht durch sie aufgewärmte Luft und damit wertvolle Heizenergie. Diese Energieverluste wurden lange ignoriert oder als unerheblich eingestuft. Doch der Wunsch nach verbesserter Energieeffizienz hat die Funktionsöffnungen ins Bewusstsein gerückt.
Forscher vom Zentrum für Integrale Gebäudetechnik (ZIG) der Hochschule Luzern für Technik und Architektur haben die Energieverluste nun in einer vom Bundesamt für Energie (BFE) unterstützten Studie untersucht und quantifiziert. Demnach beträgt der Wärmeverlust bis zu 5% des gesamten Heizenergiebedarfs eines Einfamilienhauses.
Dieser Wert gilt für ein gut isoliertes Minergie-P-Einfamilienhaus mit Schwedenofen, Küchenabluftanlage und Entlüftungsleitung für Sanitäranlagen. In Wirklichkeit dürften die Verluste aber noch höher liegen, denn die Studie hat Wärmeverluste durch Infiltration (Luftaustausch aufgrund von Druckunterschieden zwischen Innenräumen und Umgebung) nicht berücksichtigt. «Wenn der Wind weht und durch den entstehenden Sog warme Raumluft über den Kamin ins Freie strömt, können erhebliche Zusatzverluste an Energie entstehen», sagt Studienautor Serge Mattli.
Mittels eines Standardwerts werden diese Verluste schon heute für den Energiebedarfsnachweis berechnet. Wie zutreffend dieser Wert ist, lässt sich jedoch ohne detaillierte Untersuchung nicht beziffern. Eine wichtige Erkenntnis der Untersuchung: Die Energieverluste bei Funktionsöffnungen, über die beim WC-Spülen die Luft nachströmt, fallen besonders hoch aus: rund zehnmal höher als bei Funktionsöffnungen, die der Ventilation dienen. Das liegt daran, dass aus der Kanalisation relativ kalte Luft im Gebäude nach oben steigt und dort den geheizten Räumen über die Rohroberfläche Wärme entzieht.
Aus ihren Ergebnissen leiten die Wissenschaftler zwei Handlungsempfehlungen ab: «Um die Wärmeverluste zu minimieren, ist es ratsam, die Funktionsöffnungen nicht zu gross zu dimensionieren und die Rohre mit einer Dämmung zu versehen.» Werden die Rohre beispielsweise 25mm gedämmt, halbieren sich die Wärmeverluste.
Die Studie hat eine umfassende Datensammlung hervorgebracht, mit der Planer die Energieverluste durch Funktionsöffnungen abschätzen können, ohne selbst aufwendige Berechnungen durchzuführen. Die so erhobenen Wärmeverluste von Funktionsöffnungen können auch im Energiebedarfsnachweis nach Norm SIA 380/1:2009 berücksichtigt werden.
Ventile reduzieren Verluste
Der Luzerner Architekt Giorgio Morandini will solchen Energieverlusten einen Riegel vorschieben. Er möchte vor allem bei den Bestandsbauten ansetzen und hat gemeinsam mit der Hochschule Luzern Ventile mit elastischen, magnetischen Membranklappen entwickelt, die Wärmeverluste künftig stark vermindern sollen.
Die Ventile sollen bei drei wichtigen Arten von Funktionsöffnungen zum Einsatz kommen: beim Dunstrohr am oberen Ende des Sanitärfallstrangs, beim Ventilationsabluftrohr sowie beim innen liegenden Dachwasserablauf. Wie viel Energie die Ventile tatsächlich einsparen, soll 2014 ein Feldversuch unter Federführung der Hochschule Luzern zeigen.