«Wir müs­sen den Spa­gat zwi­schen pri­va­ten und be­ruf­li­chen Auf­ga­ben meis­tern»

Planer und Auftraggeber müssen im Gespräch bleiben – trotz oder gerade wegen der Einschränkungen während des Shutdowns. Stefan Oswald, verantwortlich bei Jauslin Stebler für den Strassenbau in Zürich und der Zentralschweiz, berichtet über die herausfordernde Situation im Büro und auf der Baustelle.

Publikationsdatum
06-04-2020

Espazium: Herr Oswald, wo sind Sie gerade?

Stefan Oswald: Ich bin im Büro in Zürich Altstetten. Nachmittags arbeite ich teilweise im Homeoffice. Den öffentlichen Verkehr nutze ich derzeit nicht. Mit externen Projektbeteiligten treffe ich mich im Moment vor allem virtuell, trotzdem gibt es auch weiterhin interne und externe persönliche Gespräche und Besprechungen.


Sind Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor Ort?

Wir sind wechselweise im Büro. Einige arbeiten nur am Vormittag oder an einzelnen Tagen, andere sind ein bis zwei Tage abwesend und dann wieder im Büro. Es gibt aber auch Kollegen, die mehrheitlich im Homeoffice sind. Wir haben versucht, für jeden die Lösung zu finden, mit der es gelingt, den Spagat zu schaffen zwischen privaten und beruflichen Aufgaben.


Können Sie an Ihren Projekten weiterarbeiten?

Eines der grossen Projekte bei uns ist die Instandsetzung der Stadtautobahn St. Gallen. Dort laufen draussen erst die Vorarbeiten. Die Bauherrschaft und das Projektteam warten hier noch auf die Plangenehmigungsverfügung. Wir hoffen natürlich, dass die Corona-Krise überstanden ist, wenn wir die Baufreigabe erhalten.
Das andere Grossprojekt ist die Limmattalbahn zwischen Zürich Altstetten und Spreitenbach-Killwangen. Dort laufen die Bauarbeiten gemäss Programm weiter.


Worauf wird in dieser Zeit auf der Baustelle besonderer Wert gelegt?

Die Unternehmungen müssen darauf achten, dass die BAG-Massnahmen gemäss Vorgaben des Bundes eingehalten werden. Dazu gehören gestaffelte Pausen oder zusätzliche Gruppentransporte, um die Abstände einzuhalten. Für die Arbeiter ist das alles nicht einfach. Oft müssen eingespielte Abläufe neu überdacht werden. Wir als Oberbauleitung stehen in engem Austausch mit den Unternehmungen.


Lassen sich diese Vorgaben wirklich kontrollieren?

Nein, es ist grundsätzlich Aufgabe des Auftragnehmers resp. der beauftragen Planerbüros und Unternehmungen, die BAG-Massnahmen umzusetzen. Für den Auftraggeber sind die Einhaltung der Anforderungen und die damit verbundene umfangreiche Dokumentation aber natürlich sehr wichtig, und wir beobachten die Situation laufend. Zudem gibt es auch allgemeine Kontrollen wie zum Beispiel durch die Polizei.


Hat für Sie die Corona-Krise auch positive Aspekte?

Im städtischen Infrastruktur- und Tiefbau und ganz konkret im Fall Limmattalbahn gibt es auch Vorteile. Die Geschäfte sind geschlossen, und der Verkehr hat massiv abgenommen. Eine Strassenteil- oder -vollsperrung ist also möglich, ohne dass für jemanden ein Nachteil entsteht. Wir versuchen diese Zeit zu nutzen, um möglichst viel zu bauen.


Sind alle Bauherren der Meinung, dass Weiterbauen die beste Lösung ist?

Nein, wir hatten auch einen Bauherren, der den Beginn seiner Baustellen verschieben wollte. Im Gespräch konnten wir ihn überzeugen, dass wir bauen möchten und können. Wir arbeiten aber natürlich so, dass wir die Baustellen innert 24 Stunden abräumen können und daraus kein Sicherheitsproblem entsteht, sollte sich die Situation ändern. Das haben wir der Bauherrschaft zugesichert.


Zusammenfassend wirken Sie eher zuversichtlich?

Für unseren Standort hier in Zürich Altstetten trifft das auf jeden Fall zu, solange wir noch bauen und planen dürfen. Wir haben noch genügend Projekte, an denen wir arbeiten können, und konnten uns schon gut organisieren. Wichtig erscheint mir, dass auch unsere Auftraggeber an diesem «Karren» mitziehen. Unsere Geschäftsleitung denkt aber natürlich intensiv darüber nach, was zu tun wäre, wenn diese Ausnahmesituation länger dauern sollte.
 

Zur Person
Stefan Oswald, Bauingenieur, ist Leiter Strassenbau Zürich / Zentralschweiz bei Jauslin Stebler AG.


Jauslin Stebler ist ein Ingenieur- und Beratungsunternehmen in der Nordwestschweiz mit Standorten in Muttenz, Basel, Zürich, Liestal, Rheinfelden, Goldau, Breitenbach und St. Gallen. Jauslin Stebler beschäftigt rund 200 Mitarbeitende in den Bereichen Ver-/Entsorgung, Geomatik, Akustik, Bauphysik, Verkehrsinfrastruktur, Ingenieur- und Tunnelbau, General- und Tragwerksplanung.

Baukultur in Zeiten von Covid-19

Die Krise, die wir derzeit erleben, trifft alle Planerinnen und Planer. Wie bewältigen sie die wirtschaftlichen und juristischen Schwierigkeiten, die die Pandemie mit sich bringt? Was sind die Auswirkungen auf die Schweizer Baukultur? Antworten von Baufachleuten, Links und Informationen versammeln wir im E-Dossier «Covid-19» – als Austauschplattform und als Hilfe in unsicheren Zeiten.

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