Bau­en aus­ser­halb der Bau­zo­nen als Zank­ap­fel

Der Bund will den Kantonen mehr Freiheiten bei Ausnahmebewilligungen gewähren. Landschafts- und Planerverbände wehren sich gegen das «unausgegorene» Ansinnen.

Publikationsdatum
21-08-2017
Revision
21-08-2017

Der Termin wurde in der Ferienzeit anberäumt, wichtige Meinungsträger waren bereits abwesend. Und die meisten Voten wurden vorsichtshalber provisorisch oder als «persönliche Meinungsäusserung» vorgetragen. Das Forum Landschaft hatte Mitte Juli in höchster Eile ein Treffen organisiert, um ein sehr umstrittenes Anliegen zu diskutieren.

Tatsächlich wollen Bund und Kantone das nationale Raumplanungsgesetz abändern und das Bauen ausserhalb der Bauzonen flexibler regeln. Die vom Forum Landschaft eingeladenen Raumplaner, Architekten und Landschaftsschützer lehnen das Vorhaben aber einhellig ab. Ergebnis des gemeinsamen Gesprächs war denn auch, die Stellungnahme zur Gesetzesrevision untereinander zu koordinieren. Bereits Ende August läuft die Frist der Vernehmlassung ab. Und schon im Herbst möchte der Bundesrat dem Parlament eine Vorlage zum Beschluss präsentieren.

Die Opponenten waren sich schnell einig: Das «unausgegorene Vorhaben» soll verhindert werden. Sämtliche Vertreter der anwesenden Fach- und Berufsverbände, darunter die Raumplaner (FSU), der SIA, die Vereinigung für Landesplanung (VLP) und Naturschutzorganisationen, befürchten, dass die Kantone zu viel Ermessen erhalten würden und Neubauten in Nichtbaugebieten nach eigenem Gutdünken bewilligen könnten. Die gültigen Regeln für eine Ausnahmebewilligung dürften nicht aufgeweicht werden. Eine solche darf bislang erteilt werden, wenn das Bauvorhaben als standortgerecht beurteilt werden kann. Vor allem landwirtschaftliche Bauten fallen in diese Kategorie. Die neuesten Analysen der Raumplanungsämter bestätigen denn auch, dass das Siedlungsareal ausserhalb der rechtlich eingezonten Flächen trotz gesetzlicher Restriktionen weiter wächst.

Markus Huber von Pro Natura warnt deshalb, die geplante Bewilligungsänderung könne die gegenwärtige Situation nicht verbessern. Vielmehr würde das Bauen ausserhalb von Bauzonen zu einer Regel, sodass sich die Zersiedelung der offenen Landschaft fortsetze, so lautete auch der Tenor unter den Forumsteilnehmenden. Und selbst im Erläuterungsbericht des Bundes zur Gesetzesrevision, so ein Hinweis, werde mit einer Zunahme der Bautätigkeiten ausserhalb von Bauzonen gerechnet.

Kompensationen brauchen verbindliche Kriterien

Stein des Anstosses an der Gesetzesrevision ist der sogenannte «Kompensationsansatz»: Die Kantone dürfen demnach neu eine Ausnahmebewilligung davon abhängig machen, dass andernorts ein Objekt abgebrochen wird respektive die Kulturlandschaft qualitativ aufgewertet werden muss. «Die Idee ist nicht abwegig, aber die Beurteilungskriterien sind höchst unklar», gab FSU-Geschäftsführerin Esther Casanova zu bedenken. Die Verbindlichkeit sei daher «nicht gegeben», ergänzten mehrere Votanten.

Auf gewisse Sympathien bei der neuen Bewilligungsregel stösst dagegen der regionale Ansatz. VLP-Geschäftsführer Lukas Bühlmann erkennt darin die Möglichkeit, bestehende Schwächen zu beheben. «Die Kantone sollen die Entwicklung ihrer siedlungsspezifischen Besonderheiten wie Streusiedlungen individueller steuern können.» Zudem lasse sich so besser auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft reagieren. Allerdings waren sich Bühlmann und andere Forumsteilnehmende einig, der neue Bewilligungsansatz sei zuerst als Testversion anzuwenden und nicht übereilt als gesetzliche Vorschrift festzusetzen.

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