Warmes Wasser für alle: Bagni popolari ausgezeichnet
Der im Bäderquartier Baden aktive Verein «Bagni Popolari» hat Mitte November den «sia aargau-Preis 2022» erhalten. Der Verein setzt sich dafür ein, dass das Badener Thermalwasser wie im Mittelalter in offenen Brunnen der gesamten Bevölkerung unentgeltlich zur Verfügung steht.
Die namensgebende Badekultur der Stadt Baden geht bis auf die Römer zurück, sie bauten als erste grosse Heilthermenanlagen. Daraus entwickelte sich im Mittelalter einer der bedeutendsten Badeorte in Mitteleuropa. Bis 1840 standen auf dem Kurplatz Bäder unter freiem Himmel der einfachen Bevölkerung zur Verfügung, während dem sich die Oberschicht in den privaten Bäderhotels vergnügte. Schon in der Belle Epoque, der letzten Blütephase des Bäderquartiers, verschwanden die frei zugänglichen Bäder – zumindest vorläufig.
Spätestens ab der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts setzte der Niedergang des Bäderquartiers ein, während dem die Industrie einen rasanten Aufschwung erlebte. Im Selbstverständnis der Bevölkerung wandelte sich die Bäder- zur Industriestadt. Um die Jahrtausendwende mehrten sich dann die Bestrebungen für eine Wiederbelebung des Bäderquartiers, die in der Realisierung der Therme von Mario Botta mündeten, die 2021 eröffnet werden konnte.
Eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern kritisierte diesen Planungsprozess und monierte die fehlende unentgeltliche Zugänglichkeit des Thermalwassers für die Öffentlichkeit. Doch sie beliess es nicht bei der Kritik, sondern realisierte provisorische und mobile Pop-up-Bäder mit Thermalwasser für alle, an immer wieder wechselnden Orten im Bäderquartier, ab 2017 als Verein Bagni Popolari.
Diese Aktionen stiessen trotz oder gerade wegen ihrer unterschwelligen Subversivität auf eine grosse Resonanz bei der Bevölkerung, die den Wert und die Qualität frei zugänglicher Bäder unmittelbar begriff. Daraus entstand der Wunsch, die Provisorien in eine definitive Form zu überführen. Mit politischem Gespür und Verhandlungsgeschick gelang es Bagni Popolari, das Badener Thermalwasser der Öffentlichkeit dauerhaft frei zugänglich zu machen.
Dabei wurden die Geschichte der lokalen Bäderkultur aufgearbeitet, die technischen und hygienischen Anforderungen präzise erforscht und letztlich auch baulich überzeugende Lösungen mit den Heissen Brunnen beidseits der Limmat realisiert – bezeichnenderweise direkt neben beziehungsweise gegenüber dem kommerziellen neuen grossen Bruder, der Fortyseven Wellness-Therme von Mario Botta.
Seit dem 6. November 2021 sind die öffentlichen Brunnen eröffnet. Die Becken sind – je nach Witterung – zwischen 37 und 43 Grad Celsius warm. Gespeist werden sie mit dem unverdünntem, naturbelassenem Thermalquellwasser der Schwanenquelle (in Ennetbaden) bzw. der Heissen Stein/Limmat- und St. Verenaquelle (Baden).
Dank der massgeblichen Mithilfe von Bagni Popolari ist der Stadt Baden die Rückverwandlung von der Industriestadt zurück zur Bäderstadt gelungen. Dieses Engagement würdigt die Sektion Aargau des SIA mit dem sia aargau-Preis 2022.
Weitere Informationen zum Verein: bagnopopolare.ch
Der sia aargau-Preis ist ideeller Natur. er würdigt in periodischen Abständen herausragende Leistungen in den Bereichen Bau, Technik und Umwelt und will zudem deren gesellschaftliche Bedeutung in der Öffentlichkeit breiter bekannt machen.
Die Laudatio zum Nachhören gibt es hier.