Aus Fran­co Cli­vi­os Ho­sen­ta­sche

«No Name Design» im Gewerbemuseum Winterthur

In einer ellenlangen Vitrine im Gewerbemuseum Winterthur liegen rund 900 Schätze aus der Sammlung von Franco Clivio: Werkzeuge, Behälter, Vielkönner, Brillen, Messinstrumente. Franco Clivio hat diese Trouvaillen gefunden, gesucht, zusammengetragen. Er sagt von sich, er sammle, seit er Hosentaschen habe.

Publikationsdatum
21-05-2013
Revision
02-02-2017

Der 1942 in Mailand geborene Gestalter Franco Clivio hat in Ulm studiert und arbeitet in Zürich. Als Produktgestalter und Dozent wirft er sein Auge weniger auf die allbekannten Designikonen, die in Hochglanzmagazinen brillante Auftritte erhalten. Er blickt vielmehr auf die  Fundstücke des Alltags, deren Gestalter anonym bleiben, Dinge die durch Funktionalität, kluge Materialwahl und formale Gestaltung zuerst nicht sonderlich auffallen, sondern vor allem gut funktionieren. «Schön ist nicht gut, schön und gut ist es erst, wenn’s richtig ist» sagt Franco Clivio dazu.

Die Qualität des Alltäglichen

Als Sucher und Finder in Brockenhäusern, Flohmärkten, Trödelläden und auch im Warenhaus oder beim Eisenhändler spürt er im Banalen und Alltäglichen die hohe Qualität auf, sucht nach dem Ungewöhnlichen im Gewöhnlichen. Die praktischen, gut in der Hand liegenden und präzise schneidenden Fiskars-Scheren aus Finnland wurden seit ihrem Erscheinen 1968 x-fach kopiert. Doch mit einem orangefarbenen Griff ist es nicht getan, wenn solche Kopien miserabel gebaut sind und teilweise sogar nicht einmal richtig schneiden.

Clivio dokumentiert jedoch nicht allein solche Plagiate, sondern zeigt mit seinen Fundstücken auch Entwicklungen. So etwa anhand einer umfassenden Sammlung von Arbeits- und Schutzbrillen für Schweisser, Uhrmacher, Steinhauer oder Sportschützen. Und allein die zahlreichen aus dem Universalmaterial Draht gefertigten Gegenstände – von der Mausefalle über die Büroklammern bis hin zum Schneebesen in der Küche – als Helfer im Alltag werden in Clivios Sammlung als vorbildlich geadelt.

Zweckvolle Schönheit

Die Ausstellung «No Name Design» ist eine Art Liebeserklärung an die kleinen Dinge des Alltags, die überall präsent sind und doch selten wirklich beachtet werden. Franco Clivios Sammlung und Ausstellung ist eine Hommage an das Alltägliche und gleichzeitig ein Eldorado für alle, die in diesen Fundstücken die hohe Gebrauchsqualität und die funktionale Formgebung schätzen. Diese Dinge wollen weder blenden noch verführen, sondern ganz einfach ihrem Zweck dienen. Franco Clivio hat den Blick dafür, sie nicht nur zu finden und zu sammeln, sondern sie zudem in der Ausstellungsvitrine in einen Dialog untereinander zu setzen. Der Sinn seines Ausspruchs «Finden ist sehen und denken» wird in dieser sehenswerten, lehrreichen und dazu amüsanten Ausstellung in Winterthur klar. 

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