Auf zum Start –– Nach­wuchs in der Ar­chi­tek­tur

Editorial aus TEC21 15–16/2014

Publikationsdatum
10-04-2014
Revision
10-11-2015

Viele junge Architektinnen und Architekten träumen vom eigenen Büro. Nur für wenige wird dieser Wunsch Wirklichkeit. Drei Monate nach dem Master geben bis zu 10% der ETHZ-Absolventinnen und Absolventen an, bereits eine eigene Firma zu besitzen; weitere rund 30% möchten später ein eigenes Büro gründen.1 Fünf Jahre später ist es nur gerade 4 bis 8% tatsächlich gelungen, sich als Selbstständige zu halten.2 Wie haben sie es geschafft 

In TEC21 15-16/2014 lassen wir jene Glückspilze beiseite, denen ein reiches Elternhaus oder gute Beziehungen den ersten Auftrag – und vielleicht auch die späteren – beschert haben. Wir konzentrieren uns auch nicht auf jene, die sich in einem arrivierten Büro emporgearbeitet und sich über die Jahre ein eigenes Renommee geschaffen haben. Wir präsentieren drei kürzlich fertiggestellte Bauten, die junge Büros nach einem Wettbewerbserfolg errichtet haben – drei Erstlingswerke, dank denen sich die jungen Entwerfenden selbstständig machen und eine eigene Firma gründen konnten.

Diese Art und Weise, in die Selbstständigkeit zu starten, ist eine wertvolle Besonderheit der Schweizer Architekturszene. Offene Wettbewerbe oder solche mit Präqualifikation – sofern der Nachwuchs zugelassen ist – verschaffen jungen Architektinnen und Architekten in der Schweiz eine Chance, von der ihre Schicksalsgenossen im internationalen Umfeld nur träumen können. 

Der Ursprung in einem Wettbewerb, die hohe Qualität und der Termin der Fertigstellung waren die Kriterien, nach denen wir die drei vorgestellten Bauten ausgewählt haben. Ausser diesen Punkten haben die Projekte wenig gemeinsam. Auch die Zusammenstellung der Teams könnte unterschiedlicher nicht sein: eine Einzelkämpferin, ein Duo und eine Arbeitsgemeinschaft. Umso auffälliger sind die Ähnlichkeiten zwischen den Arbeitsweisen der jungen Büros: Alle drei haben die Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern gesucht. Damit entkräfteten sie die durchaus legitimen Bedenken der Bauherrschaft, einem unerfahrenen Büro ein grosses Projekt anzuvertrauen, und sicherten sich die Erfahrung, die ihnen fehlte. Das gegenseitige Vertrauen musste zwar hart erarbeitet werden, doch die Auseinandersetzung zwang alle Beteiligten, ihre Vorstellungen zu formulieren und die des Gegenübers zu reflektieren. Die jungen Leute waren also nicht nur mutig und engagiert, sondern auch sehr klug – jeder auf seine Weise. 

Anmerkungen

  1. ETH Zürich, Beschäftigungsstatistik 1995–2010.
  2. Bundesamt für Statistik, Statistik der Schweiz, Selbstständige Erwerbstätigkeit bei Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Neuchâtel, 2013, S. 13. 
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