An­ge­nehm un­auf­ge­regt

Projektwettbewerb Mehrzweckhalle Vals

SAM Architekten gewinnen den ­Wettbewerb für die Mehrzweckhalle in Vals. Der sorgfältige Entwurf ist Ort und Aufgabe wohltuend angemessen.

Publikationsdatum
06-01-2017
Revision
07-01-2017

Sie war vielleicht das Zünglein an der Waage: Als die Gemeinde Vals am 9. März 2012 über den Verkauf der Therme von Peter Zumthor abstimmte, erhielt Investor Remo Stoffel den Zuschlag. Im Vorfeld hatte er versprochen, sich finanziell am Bau einer neuen Mehrzweckhalle zu beteiligen. Seitdem kommt Vals nicht zur Ruhe. Gigantomanische Planungen für die «Femme de Vals» – mit 381 m der höchste Hotelturm in Europa –, einen urbanen Park und die Erweiterung der bereits zwei Jahre nach ihrer Fertigstellung 1996 unter kantonalen Denkmalschutz gestellten Therme beschädigen sukzessive den Ruf der Gemeinde als Hort hochstehender Architektur und Vorzeigeort nachhaltiger Planung im Alpenraum.

Gekaufter Entscheid oder nicht, vier Jahre nach der umstrittenen Abstimmung schrieb die Gemeinde einen Projektwettbewerb für die versprochene Mehrzweckhalle aus. Sie soll sich räumlich und ­funktional an die bestehende Schulanlage aus den 1960er-Jahren angliedern und neben einer multifunktionalen (Turn-)Halle mit Raum für bis zu 700 Personen auch eine Arztpraxis beherbergen. Nach der Präqualifikation luden die Veran­stalter acht Teams zur Konkurrenz ein. In ihrer Seriosität unterscheiden sich die eingereichten Projekte angenehm von allen Nebengeräuschen der aktuellen Valser Planung. Der sehr selbstverständliche Entwurf «Follow-me» von SAM Architek­ten aus Zürich gewinnt den Wettbewerb.

Einmal längs, einmal quer

Die bestehende Schulanlage liegt parallel zum Valser Rhein, leicht nach hinten versetzt an der Post­strasse. «Follow-me» positioniert hier ein langgestrecktes dreigeschossiges Volumen, das die Gesundheitsnutzungen (Arztpraxis, Physiotherapie, Fitness) aufnimmt und gleichzeitig mit dem Foyer einen angemessenen öffentlichen Zugang zur zentral gelegenen Halle bietet. Auf deren Dach befindet sich ein ­Aussensportplatz. In ihrer Materialität – Beton – hebt sich die Erweiterung vom Bestand ab, das Satteldach in Naturstein­deckung und die Lochfassade betonen aber die Verwandschaft zwischen Alt und Neu – insgesamt ein ausgewogener, logischer und angemesser Entwurf.

Einen ähnlich unprätentiösen, aber anders gelagerten Ansatz wählten die drittplatzierten Degelo Architekten aus Basel mit «Fritz & Fränzi». Sie positionierten als Ein­zige die Turnhalle quer zum Hang, was eine einfache Erschliessung ermöglicht und das Volumen der Erweiterung staffelt. Die Lösung aber, das Erdgeschoss mit einer parallel zur Poststrasse verlaufenden Arkade zu inszenieren, erschien der Jury an diesem Ort letztendlich denn doch zu städtisch.

Es ist immer noch da

Dass das Phantom eines – wenn auch deutlich niedrigeren – Turms weiterhin durchs Dorf spukt, belegten das zweitrangierte, aber wegen funktionaler Mängel ausgeschiedene Projekt «Mènage-à-trois» von Felgendreher Olfs Köchling Architekten aus Berlin und der nicht rangierte Entwurf «Peneloppe» von Pascal Flammer aus Zürich. «Ménage-à-­trois» gelang mit der präzisen Setzung eines Turms zwar ein eindrückliches Ensemble, das aber mit dem Abbruch und Verzicht auf Ersatz der alten Turnhalle erkauft wurde – ein zu hoher Preis. Bei «Peneloppes» gläsernem achtgeschossigem Bau bemängelte die Jury hingegen den fehlenden Bezug zum Dorfkern im Hinblick auf Dimension und Materialität. Somit bleibt die (geplante) «Femme de Vals» vorerst wohl der einzige Turm im Tal.

Auszeichnungen
 

1. Rang, 1. Preis: «Follow me», SAM Architekten und Planer, Zürich; Conzett Bronzini Partner, Chur

2. Rang, Ankauf: «Ménage-à-trois», Felgendreher Olfs Köchling Architekten, Berlin; Fürst Laffranchi Bauingenieure, Aarwangen

3. Rang, 2. Preis: «Fritz & Fränzi», Degelo Architekten, Basel; Dr. Schwartz Consulting, Zug

 

Weitere Teilnehmer


«Hudson», Iso Huonder Architekten, Zürich / Chur; Walter Bieler, Bonaduz
«Biengi», Cavegn Architekten, Schaan; Clemens Arpagaus, Vella
«schlicht», Baserga Mozetti Architekten, Muralto; Pedrazzini Guidotti Ingenieure, Lugano
«Innets dr Schuol», Vincenz Weishaupt Architekten, Ilanz; Cavigelli Ingenieure, Ilanz
«Peneloppe», Pascal Flammer Architekt, Zürich
 

Jury
 

- Stefan Bitterli, Architekt, Meilen
- Hubert Bischoff, Architekt, Wolfhalden
- Martin Engeler, Architekt, St. Gallen
- Karin Jörger, Architektin, Vals
- Peter Suter, Architekt, Chur

Weitere Informationen zur Mehrzweckhalle in Vals finden Sie unter der Rubrik Wettbewerbe

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