Abwasserreinigung mit Nebeneffekt
Die Elimination der Mikroverunreinigungen wird für einige Kläranlagen zur Pflicht. Wasserforscher warnen jedoch, dass die Ozonungsstufe bisweilen krebserregendes Bromat erzeugen kann.
Abwässer aus Deponien, Chemiewerken und Kehrichtverbrennungsanlagen sind teilweise stark mit Bromid belastet. Werden diese in Kläranlagen mit Ozongas gereinigt, kann potenziell krebserregendes Bromat entstehen und in Seen und Flüsse gelangen, warnen Wissenschaftler vom ETH-Wasserforschungsinstitut Eawag. Dieses Risiko tritt insbesondere dort auf, wo Mikroverunreinigungen (MV) eliminiert werden sollen.
Ein beträchtlicher Teil der 750 Abwasserreinigungsanlagen (ARAs) in der Schweiz sind in den nächsten Jahren jedoch mit der 4. Reinigungsstufe auszurüsten, wofür sich grundsätzlich Ozonungs- oder Aktivkohleverfahren eignen (vgl. TEC21 16/2016). In zwei Dutzend ARAs sind solche Eliminationsvarianten in Betrieb oder zumindest getestet worden. Mehrheitlich wird Pulveraktivkohle verwendet. Die aktuellsten Aufrüstungsvorhaben finden in der Stadt Zürich und im Luzerner Wynental statt; in beiden ARAs kommt die Ozonvariante zum Zug. Problematisch kann die Bromatbildung vor allem für kleinere Gewässer werden, so die Eawag-Forscher. Teilweise liege die Belastung so hoch, dass eine direkte Nutzung als Trinkwasserressource erschwert werde.
Nur geringer Anstieg
Laut Simulationen der Eawag wird die Konzentration in grossen Flüssen auch nach der Ausstattung der ARAs mit Ozonung nur wenig ansteigen. Für den Rhein bei Basel berechneten die Forscher eine Zunahme um 0.35 μg/l, für die Rhone bei Genf um 0.27 μg/l. Normalerweise liegt die Bromatkonzentration in Schweizer Gewässern unter der Nachweisgrenze von 0.25 μg/l; der offizielle Trinkwassergrenzwert liegt bei 10 μg/l.
Bei Abwasserbehandlungsanlagen, die an kleinere Gewässer angeschlossen sind und in deren Einzugsgebiet sich Chemiebetriebe und Kehrichtverbrennungsanlagen befinden, gelte es jedoch, die Bromatbildung sorgfältig abzuklären. Sollte sich die Ozonung als zu grosse Belastungsquelle herausstellen, könne man stattdessen auf eine MV-Reinigung mit Aktivkohle setzen, so die Gewässerforscher. Der Einsatz von Aktivkohle ist aber teurer und verbraucht mehr Energie.
Ultrafeine Aktivkohle?
Forschende an der EPF Lausanne sind daher an der Entwicklung günstigerer Aktivkohleverfahren. So wurde im Labor inzwischen gezeigt, dass ultrafeines Aktivkohlepulver die Mikroverunreinigungen besser bindet als gebräuchliches Granulat. Die extrem fein gemahlene Variante entfernt die Spurenstoffe fünfmal schneller. Noch steht jedoch der Nachweis aus, dass das Pulver auch im Massstab einer ARA besser funktioniert. Die Forschenden planen hierzu eine Pilotstudie.
Anmerkung:
Quelle: «Bromid im Abwasser», Bromatbildung bei der Ozonung, Einschätzung der zukünftigen Situation; Aqua & Gas 10/2016.