Wald­ba­den ein­mal an­ders

Auf einem bewaldeten Hügel bei Luzern liegt inmitten einer Lichtung das 1967 erbaute Waldschwimmbad Zimmeregg. Brechbuehler Walser Architekten werteten das in die Jahre gekommene Ensemble subtil auf – ohne in laute Schwimmbadästhetik zu verfallen.

Data di pubblicazione
21-08-2024

Shinrin-yoku, Waldbaden, ist der japanische Begriff für gesundheitsfördernde Aufenthalte im Wald. Wald- und wasserbaden hingegen lässt sich seit diesem Frühsommer wieder im Waldbad Zimmeregg bei Luzern. Idyllisch auf dem Zimmeregghügel zwischen Littau und Luzern gelegen, erfuhr die 1967 erbaute Freizeit­sportanlage in den letzten fünf Jahren ein Upgrade vom reinen Freibad zu einem Ausflugsort inklusive Grillstellen, Kinderspielplatz, Wasserrutschen und Restaurant – quasi Waldbaden 2.0. 

Dem Team um Brechbuehler Walser Architekten mit Mettler Landschaftsarchitektur gelang damit nicht nur der Erhalt eines beliebten Schwimmbads in idyllischer Landschaft, sondern ein stimmiges Ensemble, dass den Ort ganzjährig zum lohnenden Ausflugsziel aufwertet, auch ohne Badewetter.

Eine Waldhütte für den Neubeginn

Anlass für den Umbau und die In­standsetzung der Anlage war einmal mehr das Alter: Nach über 50 Jahren in Gebrauch liessen Technik und Infrastruktur zu wünschen übrig. Belastungen durch PCB in den Anstrichen der Becken verliehen der Dringlichkeit der anstehenden Sanierung zusätzlichen Schub. Mittels Planerwahlverfahren suchten die Stadt Luzern sowie die Betreiberin Hallenbad Luzern AG 2019 nach Ideen für die Neugestaltung. «Waldhütte», der Entwurf von Brechbuehler Walser Architekten mit Mettler Landschaftsarchitekten, überzeugte schliesslich die Verantwortlichen. 

Kern des Entwurfs ist die Neuordnung des Ensembles inklusive neuer Adresse. Statt wie bis anhin eher versteckt an der Südseite des Geländes gelegen, ist der Eingangsbereich neu schon von Weitem sichtbar. Keine Selbstverständlichkeit, führt doch der – für Autos gesperrte – Hauptzugang von Norden einen steilen Hügel hinauf bis vor die Tore des Bads. 

Dort begrüsst  neben den expressiven Flaggen des Kunst-und-Bau-Projekts ein qua­dratischer Neubau aus Holz die ­Gäste. Unter dem flachen, tatsächlich etwas japanisch anmutenden Zeltdach gruppieren sich Kasse, Garderoben und Restaurant sowie Bereiche für das Personal und im betonierten Untergeschoss Räume für Technik und Gerätschaften. Ein grosses Holztor ist Signaletik und Erschliessung zugleich: Ist das Bad geöffnet, ragt das Tor als überdimensioniertes Namensschild in den Eingangsbereich. 

Im Innern ist die Holzkonstruktion logisch aufgebaut: Nördlich der zentralen Erschliessung liegen Büros und Garderoben, südlich das bei Bedarf auch von aussen zugängliche Restaurant mit Innen- und Aussensitzplätzen. So kann dieses auch aus­serhalb der Badezeiten bei kühlerem Wetter betrieben werden. 

Ergänzt wird der Hauptbau von einem Satelliten im zentralen Teil des Areals. Die analog zum Hauptbau gestaltete Waldbar soll den Betrieb im Restaurant zu Spitzenzeiten entlasten. Darüber hinaus bietet sie durch ihre erhöhte Lage einen schönen Ausblick über die Badeanlage. Die hügelige Topografie ist neben der Lage im Wald eine der Hauptqualitäten des Bads: Durch den Höhenunterschied von rund 10 m zwischen tiefstem Punkt beim Schwimmerbecken und höchstem Punkt am südlichen Waldrand bietet die Anlage vielfältige Möglichkeiten des Aufenthalts

Zahlreiche Beteiligte, viele Abhängigkeiten

Dass diese Ausgangslage den Umbau aber auch verkomplizierte, verraten Barbara Brechbuehler und Patrick Walser im Gespräch: «Ein Freibad ist eine komplexe Bauaufgabe, die etliche Gewerke umfasst – von der Bädertechnik über bodenkundliche Baubegleitung bis zu Spielplatz­planung. Zum Schluss kam sogar ein Vertreter des deutschen TÜV, um die Sicherheit der Rutschen zu testen.»

Tatsächlich sieht man dem Bad heute kaum an, welche Arbeiten durchgeführt wurden. Patrick Walser: «Rund ein Jahr lang wurde nur in der Erde gearbeitet, bis die ganze Technik neu verlegt war.» Das einstige 50-m-Becken wurde aus ökologischen und betrieblichen Gründen auf 25 m verkürzt; ein neuer 5-m-­Turm ergänzt die Sprunganlage mit 3- und 1-m-Sprüngen. Futuristisch wirkt die «Jump Slide»: Wie ein Elefantenrüssel schwebt die kurze, steile Rutschbahn 2 m über der Wasseroberfläche. Tatsächlich gehört sie  seit 2017 zum Bestand und ­konnte weiter genutzt werden. 

Alle Becken erhielten ein Inlay aus Chrom­stahl, die Beckenumgänge mit den Überlaufrinnen sind betoniert, und auch die Startblöcke bestehen aus geflügeltem, sandgestrahltem Beton. Was subtil-elegant wirkt, ist im Hinblick auf den Bauablauf alles andere als banal: Nachdem die bestehenden Beckenränder in Beton erhöht wurden, mussten zunächst die Bädertechnikleitungen ums Becken verlegt und ins Becken geführt sowie alle Chromstahlunterkonstruktionen vorbereitet werden, bevor man die Beckenränder betonieren und schliesslich das Chromstahl-Inlay montieren und verschweissen konnte. 

Geheizt wird das Wasser übrigens nicht. Die Körperwärme der Badenden und die reflektierende Chromstahloberfläche der Becken sollen für angenehme Temperaturen sorgen. Gerechnet wird mit einer Auslastung von maximal 3000 Badenden pro Tag.

Die Breitwellenrutsche von 2015 blieb erhalten und wechselte den Standort: Neu führt sie am östlichen Rand der Anlage ins Nichtschwimmerbecken. Elegant umschwungen wird sie dabei von der neuen 80-m-Wasserrutsche, die das Angebot ebenso ergänzt wie der neue Planschbeckenbereich und ein ausgedehnter Abenteuerspielplatz mit viel Sand- und Matsch­fläche für die Kleinsten. Ist das Bad geöffnet, ist letzterer nur für die Badegäste zugänglich, ausserhalb der Öffnungszeiten auch für die Allgemeinheit. 

Was sich lohnt

Eine Saison lang blieb das Freibad während der Umbauten geschlossen, aufgrund der Kosten von rund 14.75 Mio. Franken stand auch immer mal wieder die Schliessung im Raum. Doch die Bevölkerung kämpfte für ihr Waldschwimm­bad – mit Erfolg. Denn auch wenn der Betrieb eines öffentlichen Bads für die Gemeinden in finanzieller Hinsicht immer eine Herausforderung ist, können all­fällige Defizite durch die Aufwertung der Anlage gemildert wer­den. Der gesellschaftliche Mehr­wert des Waldbadens ist ohnehin un­bezahlbar. 

Umbau und Instandsetzung Waldbad Zimmeregg, Luzern

Bauherrschaft
Stadt Luzern Immobilien


Betreiberin
Hallenbad Luzern AG


Architektur, Generalplanung
Brechbuehler Walser Architekten, Zürich


Bauleitung, Kosten
Waber Architekturrealisation, Luzern 


Landschaftsarchitektur        
Mettler Landschaftsarchitektur, Berlin


Bauingenieurwesen        
Blesshess, Luzern

 

Elektroplanung        
Scherler, Luzern
 

Bädertechnik, HLS        
Josef Ottiger + Partner, Rothenburg
 

Bauphysik
TEC2, Luzern
 

Signaletik
Gottschalk + Ash, Zürich
 

Kunst und Bau
Johanna Gschwend, Moritz Hossli, Luzern

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