Die unmögliche Tatsache
Ein Gastkommentar zu den aktuellen Entwicklungen auf dem Basler Roche-Areal. Oder: So geht «Denkmalschutz light».
Die Architekten Herzog & de Meuron errichten in Basel drei Hochhaustürme für die Firma Roche. Von den Plänen betroffen sind das Betriebsgebäude (Bau 27) von Otto Rudolf Salvisberg neben dem Solitude-Park am Rhein und das emblematische Hochhaus (Bau 52) von Roland Rohn, beides Bauten, die zu den Spitzenwerken der Schweizer Architektur zählen.
Ende 2019 beantragte der Denkmalrat dem Regierungsrat, neben dem Verwaltungsgebäude diese unbestrittenen Baudenkmäler unter Schutz zu stellen. TEC21 berichtete in der Nummer 11/2020 von der Auseinandersetzung um die Bauten und, angesichts der Macht von Bauherrschaft und Architekten auf die lokale Politik, von der Ohnmacht der Denkmalpflege, sie zu schützen.
Eine vor Kurzem erschienene Medienmitteilung1 zeigt die Basler Verhältnisse klar auf. Für drei Bauten von Salvisberg, deren Erhaltung für Roche problemlos ist, sollen Schutzverträge, eine Art «Denkmalschutz light», abgeschlossen werden. Es handelt sich neben dem in seiner Weiterexistenz nie bestrittenen Verwaltungsgebäude (Bau 21) um ein Produktionsgebäude (Bau 29) von Otto Rudolf Salvisberg sowie das Personalhaus (Bau 67) von Roland Rohn.
Alle drei sind wichtige Bauten, die beiden letzteren haben indessen keinesfalls die Ausstrahlung und Bedeutung der nun zum Abbruch freigegebenen Baudenkmäler: das Betriebsgebäude, das nach seiner Erweiterung durch Roland Rohn als Schlüsselwerk prominent am Rheinufer steht, und das Hochhaus, das mit seiner sehr frühen Curtain-wall-Fassade als Massstabsvermittler einzigartig ist.
Für diese beiden Bauten, so erfährt man, sei die «Schutzfähigkeit» nicht gegeben. Der Begriff ist nirgends definiert und schwammig. Tatsache ist, dass in den letzten Jahren viele Gebäude, die mit den nun abzubrechenden Baudenkmälern vergleichbar sind, erhalten geblieben und heutigen Nutzungen zugeführt worden sind. Dazu braucht es die Fachfähigkeit aller Disziplinen: Architektin und Bauingenieur, Bauphysiker und Denkmalpflegerin. Auch wenn die Argumentation der «Schutzfähigkeit» problematisch, wenn nicht gar falsch ist: Sie kommt den Intentionen der Eigentümerin perfekt entgegen. Der Dichter Christian Morgenstern hatte Recht: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Von fünf inventarisierten Baudenkmälern sollen drei erhalten bleiben, zwei der wichtigsten abgebrochen werden. Der Denkmalrat hat ihrer Inventarentlassung zugestimmt. Ein Kompromiss? Nein, ein wohlkalkuliertes Powerplay. Der Basler Heimatschutz hat inzwischen bei der Basler Regierung einen Verwaltungsrekurs gegen den Verzicht auf Denkmalschutz für das Betriebsgebäude und das Hochhaus eingereicht.2
Anmerkung
1 Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt: Medienmitteilung vom 26. März 2021
2 «Basler Heimatschutz pocht auf Schutz von Roche-Bauten», Baublatt, 4. Mai 2021
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